AudiologieHörsturz-Therapie: Studie hinterfragt bisherigen Standard

Eine Therapie mit hochdosierten Glukokortikoiden bringt keine Vorteile gegenüber der Standardbehandlung bei einem Hörsturz. Sie sei aber mit mehr Nebenwirkungen verbunden.

Frau hält Hand hinter Ohr und stellt ein Lauschen dar
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Weltweit sind 360 Millionen Menschen von einer Innenohrschwerhörigkeit betroffen. Eine häufige Ursache ist ein Hörsturz.

Eine aktuelle randomisierte Studie wirft neue Fragen zur gängigen Behandlung von Hörstürzen auf. Die Forscher* fanden heraus, dass eine hochdosierte Therapie mit entzündungshemmenden Glukokortikoiden bei einem plötzlichen Hörverlust nicht effektiver ist als die herkömmliche Standardtherapie. Die Untersuchung, an der über 300 Patient*innen teilnahmen, ergab zudem, dass diese Behandlung mit mehr Nebenwirkungen einherging.

In der Studie untersuchten Stefan Plotke und sein Team von der Universitätsmedizin Halle systematisch die Auswirkungen einer hochdosierten Glukokortikoid-Therapie bei einem Hörsturz. Insgesamt wurden 325 Patient*innen aus dem gesamten Bundesgebiet in drei Gruppen aufgeteilt: eine erhielt die herkömmliche Standardtherapie, die anderen beiden wurden mit höheren Dosierungen behandelt. Nach 30 Tagen wurde der Therapieerfolg anhand der Gehörverbesserung und auftretenden Beschwerden bewertet.

Die Ergebnisse zeigen:

  • Die höhere Dosis Glukokortikoide erzielte keine besseren Heilungsergebnisse.
  • Sie ging aber mit einem Anstieg von Nebenwirkungen wie erhöhten Blutzuckerwerten und Bluthochdruck einher.

Selbst bei Patient*innen, die die Standardtherapie erhielten, zeigten 60 Prozent nach 30 Tagen keine vollständige Besserung. Plotke betont, dass trotz der seit 50 Jahren weltweit angewandten Standardtherapie bisher kein wissenschaftlicher Beweis für deren Wirksamkeit existiert.

Wie effektiv ist die Standardtherapie?

Die Studie werfe auch die Frage auf, ob die bisherige Standardtherapie effektiv ist. Prof. Stephan Lang von der Deutschen HNO-Gesellschaft erklärt, dass es dringend mehr belastbare Daten brauche für eine wirksame von Hörsturzpatient*innen. Dies werde Thema bei der kommenden Jahrestagung der Fachgesellschaft sein.

Hintergrund

Weltweit erleiden schätzungsweise mehrere hunderttausend Menschen jährlich einem Hörsturz, einem plötzlichen Hörverlust ohne erkennbare Ursache. Oft ist nur ein Ohr beeinträchtigt, aber Ausmaß des Hörverlusts und Begleiterscheinungen wie Tinnitus und Schwindel können sich stark unterscheiden. Damit das Medikament in Tablettenform oder als Infusion in ausreichenden Mengen an den gewünschten Wirkort im Innenohr gelangt, wird es standardmäßig bereits in relativ hohen Dosierungen verabreicht. Alternativ können die Wirkstoffe auch hinter das Trommelfell gespritzt werden.

Quelle: Universitätsmedizin Halle