DigitalisierungJugendliche und digitale Medien: Worauf Sie achten sollten

Nutzt Ihr Kind ein Smartphone, spielt Computerspiele oder chattet in sozialen Netzwerken? Sowohl Eltern als auch Jugendlichen fällt es häufig schwer, das richtige Maß zu finden. Hier finden Sie Tipps zur Nutzungshygiene.

Kind malt auf dem Tablet
Quelle: K. Oborny/Thieme

Sowohl Eltern als auch Kindern und Jugendlichen fällt es oft schwer, das richtige Maß in der Nutzung digitaler Medien zu finden.

von Keren Grafen

Digitale Medien sind für Kinder und Jugendliche neben Familie, Schule und Freunden ein bedeutender Sozialisationsfaktor geworden. Sowohl Eltern als auch Jugendlichen fällt es häufig schwer, das richtige Maß in der Nutzung zu finden.

Digitale Medien exzessiv zu nutzen, kann zu aggressivem Sozialverhalten, sozialem Rückzug, Aufmerksamkeitsdefiziten oder verzögerter Sprachentwicklung führen. Es gibt immer häufiger Berichte über familiäre Konflikte und Gewalt aufgrund von digitalem Medienkonsum. Neurowissenschaftler fanden außerdem heraus, dass die übermäßige Nutzung digitaler Medien in die Gehirnreifung eingreift. Bis heute gibt es keine einheitlichen Richtwerte für einen altersgerechten Gebrauch von digitalen Medien bei Kindern und Jugendlichen. Es ist daher wichtig, sie bei einem bewussten und risikoabschätzenden Umgang mit digitalen Medien zu unterstützen und eine Medienabhängigkeit zu verhindern. Dabei geht es nicht nur um den zeitlichen Umfang, sondern auch um Strahlenschutz und um den Schutz privater und persönlicher Daten.

Das Belohnungsdefizit-Syndrom

Das menschliche Gehirn ist erst mit etwa 18–20 Jahren ausgereift. Bis dahin beeinflusst die Umwelt die strukturelle und funktionale Entwicklung stark. Das wird durch die Reifung der sogenannten mesolimbokortikalen Bahn beeinflusst, die wiederum eine wichtige Rolle bei der Aktivierung des Belohnungssystems spielt. Wird dieses System aktiviert, entsteht durch einen körpereigenen chemischen Cocktail ein starkes Glücksgefühl. Dabei wird das Gehirn so stark stimuliert, dass sich Jugendliche im digitalen Vollrausch befinden.

Zur Sucht kommt es, wenn das Verhalten, das das System aktiviert, permanent wiederholt werden muss. Durch diese Überbeanspruchung kann dann das Belohnungssystem erkranken, was als Belohnungsdefizit-Syndrom bezeichnet wird. Dieses Syndrom kann mild bis sehr schwer ausgeprägt sein. Es kann dabei zu Konzentrations-und Gedächtnisstörungen, Ängsten, Panikattacken und zur Depression kommen.

Tipp

Generell gilt, dass Kinder und Jugendliche eine starke Verwurzelung in der Realität brauchen, bevor sie in virtuelle Welten vordringen. Das gilt besonders für das familiäre Zusammenleben: zum Beispiel durch gemeinsame Mahlzeiten, Austausch in der Familie oder indem das Kind Verantwortung für Aufgaben übernimmt. Das Gehirn entwickelt sich besser ohne Tablet und Smartphone.

Strahlenschutz

Unsere Kinder und Jugendlichen sind die erste Generation, die einer lebenslangen Dauerbestrahlung, zum Beispiel durch WLAN-Netze, ausgesetzt ist. Die Forschungslage zu den Auswirkungen der gepulsten und polarisierten Mikrowellenstrahlung im Bereich 2,45 GHz (üblich für WLAN) ist eindeutig: Es liegen zahlreiche Arbeiten vor, die nachweisen, dass die Strahlenbelastung zu Konzentrationsstörungen, Kopfschmerzen, Erschöpfung, ADHS, Schlafstörungen, Spermienschädigungen bis hin zu DNA-Strangbrüchen und damit zu Krebs führen kann.

Tipps

  • Handy und WLAN nachts ausschalten.
  • Handy nicht in der Nähe der Reproduktionsorgane (Hoden, Eierstöcke) tragen.

Datenschutz

Jeder Google-Klick, jeder Facebook-Eintrag, jede WhatsApp-Nachricht wird von dutzenden Firmen gespeichert. Sie erstellen aus diesen Informationen ein exaktes digitales Profil – einen sogenannten digitalen Zwilling. Daraus werden personenspezifische Informationen und Werbebotschaften entwickelt. Mit der Nutzung der digitalen Endgeräte in Schulen – sowohl privat als auch im Unterricht – wird die Datenüberwachung auch auf die Erziehungs- und Schulzeit ausgedehnt, was in Bezug auf den Daten- und Jugendschutz kritisch zu sehen ist.

Tipps

  • Sparsam mit persönlichen Daten umgehen und nur angeben, was unbedingt nötig ist.
  • Sicherheitseinstellungen, Virenschutz und Firewall aktivieren, Standortdienste ausschalten.
  • Unpersönliche E-Mail-Adresse nutzen.
  • Datenspuren vermeiden und verwischen, zum Beispiel durch die Browser-Option „Cookies nach Beenden der Sitzung löschen“.

Dr. rer. nat. Keren Grafen ist Neurobiologin und Heilpraktikerin. Biologiestudium, Forschungsstudium und Promotion an der Universität Bielefeld, Lehrstuhl für Neuroanatomie und Lehrstuhl für kognitive Neurowissenschaften. Seit 2013 arbeitet sie selbstständig in eigener Praxis. Wissenschaftliche Themenfelder: Einfluss frühkindlicher Erfahrungen auf die Hirnreifung, Auswirkungen von Drogen und Stress auf emotional und kognitiv verarbeitende Hirnstrukturen. Sie ist Dozentin für Neurologie und Sinnesphysiologie sowie Autorin zahlreicher wissenschaftlicher Publikationen.