HeilpflanzenSafran – das pflanzliche Gold ist vielseitig nutzbar

Der echte Safran zeigte sich in Studien bei Depression, Angststörungen, kognitiven Störungen, erektiler Dysfunktion, Diabetes und Makuladegeneration vielversprechend.

Getrockneter Safran mit Blüte.
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Safran ist das kostbarste Gewürz der Welt.

von Sigrun Chrubasik-Hausmann

Der echte Safran, Crocus sativus, ist eine Krokusart aus der Familie der Schwertliliengewächse, beheimatet in Südeuropa und Südwestasien [5]. Safran wird ausschließlich per Hand geerntet, für ein Gramm werden die Stempelfäden von mindestens 120 Blüten benötigt. Deshalb ist Safran das kostbarste Gewürz der Welt und wird oftmals gefälscht oder gestreckt [5].

Inhalt

Botanischer Steckbrief

Inhaltsstoffe

Volkstümliche Anwendung

Wirkungsmechanismus

Pharmakologische Wirkungen [6]

Evidenz der Wirksamkeit

Unerwünschte Wirkungen

Interaktionen

Kontraindikationen

Toxizität

Fazit

Botanischer Steckbrief

Bis 30 cm hohe Knollenpflanze. Innerhalb der Blüte befindet sich ein hellgelber Stempel, der sich am oberen Ende der Blüte in meist drei bis sechs, etwa 5 cm lange, rote Fäden aufteilt. Diese feinen Stempelfäden, auch Stigmen genannt, werden nach der Ernte und Trocknung als Edelgewürz genutzt. Jede Pflanze treibt ein bis 2 Blüten [5].

Inhaltsstoffe

Safran enthält ein ätherisches Öl mit der aromatischen Hauptkomponente Safronal, dem Bitterstoff Picrocrocin sowie Crocinen (gelbrote Farbstoffe aus der Klasse der Carotinoide), außerdem Mineralstoffe und Spurenelemente. Gute Safranqualitäten enthalten mindestens 20 % Crocine, 6 % Picrocrocin und 0,3 % Aromastoffe wie Safronal [5], [13].

Volkstümliche Anwendung

Schon in der Antike wurde Safran zu Kultzwecken, zum Färben kostbarer Kleidungsstücke und als Heilmittel bei Magen-Darm-Störungen, Regelbeschwerden und Verstimmungszuständen verwendet, in der traditionellen Medizin Europas auch als Aphrodisiakum und bei Atemwegsinfektionen [5], [13].

Wirkungsmechanismus

Am multimodalen Profil des Safran-Wirkstoffs sind in vitro (i) eine antagonistische Wirkung am Serotonin-Typ 2-Rezeptor [14], (ii) eine Hemmung der Monoaminoxidase [9], (iii) eine Blockade der exzitatorischen, glutaminergen NMDA-Rezeptoren [4] und (iv) eine Stimulation der inhibitorischen GABAA-Rezeptoren [7] beteiligt. Darüber hinaus wird die Ausschüttung des Stresshormons Cortisol gehemmt und jene des Brain-Derived Neurotrophic Factors stimuliert [21]. Da das Prodrug Crocin die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren kann, muss es zuvor im Darm zu Crocetin metabolisiert werden.

Pharmakologische Wirkungen [6]

  • Antidepressiv und angstlösend

  • Antidementiv

  • Antikonvulsiv

  • Antioxidativ, antientzündlich, organprotektiv

  • Krebshemmend

  • Blutdruck-, blutzucker-, blutfettsenkend

  • Steigerung der Netzhautdurchblutung, Verbesserung der Netzhautfunktion

  • Antiarthritisch

Evidenz der Wirksamkeit

Klinische Studien wurden mit unterschiedlichen Zubereitungen aus Safran durchgeführt. Die Ergebnisse der jeweiligen Studie können nicht ohne Weiteres auf andere Zubereitungen übertragen werden. Bis heute liegen nur hinweisgebende (exploratorische) Studien vor, die ungeachtet der Safran-Zubereitung in systematischen Reviews zusammengefasst wurden. Die Wirkgröße muss daher für jede Indikation und Zubereitung in mindestens 2 Studien mit beweisendem (konfirmatorischem) Studiendesign evaluiert werden und klinisch relevant sein. In Dosisfindungsstudien muss zuvor die optimale Tagesdosis ermittelt werden. Vielversprechend erscheint der Einsatz bei folgenden Indikationen:

Bei Depressionen

In 4 systematischen Reviews, die bis zu 23 Studien mit 1237 Patienten einschlossen, wurde die Wirksamkeit von Safran bei Patienten mit leichten bis mittelschweren Depressionen ermittelt. Beim Poolen der Daten war die Behandlung mit Safran der Placebo-Behandlung überlegen und der Behandlung mit den synthetischen Antidepressiva Fluoxetin, Imipramin und Citalopram nicht unterlegen [8], [12], [22]. Die Wirkung von 50 mg Sertralin, 20 mg bzw. 40 mg Fluoxetin und 20 mg Citalopram wurde durch den Zusatz von Safran verstärkt [16]. In den meisten Studien wurde über einen Zeitraum von bis zu 12 Wochen eine Tagesdosis von 30 mg Safran als getrocknete oder pulverisierte Safranfäden oder Blütenblätter untersucht, in je einer Studie 14 mg bzw. 100 mg pro Tag. In einer weiteren Studie wurde 30 mg wässriger Safranextrakt eingesetzt, in einer Studie fehlte die Angabe zur Safran-Zubereitung bei einer Tagesdosis von 450 mg [16].

Bei Angststörungen

Aus einem systematischen Review von 8 Studien mit 1173 Patienten geht hervor, dass Safran bei Angststörungen dem Plazebo überlegen und Lorazepam und Paroxetin nicht unterlegen war [16]. Doch zeigte eine aktuelle Meta-Analyse von 21 Studien, dass Safran nur am Beck-Depressions- und Angst-Inventar, Beck-Angst-Inventar und am „Pittsburgh Sleep Quality Index“ eine signifikante Wirksamkeit aufwies, nicht aber bei Verwendung der Messinstrumente Hamilton-Depressions- bzw. Hamilton-Angst-Inventar und der CRP-Konzentration im Serum. Allerdings ist die Aussagekraft dieses Ergebnisses durch methodische Mängel der Studien limitiert [10], weshalb weitere Studien erforderlich sind, um dies abzuklären.

Bei Alzheimer-Demenz und geringen kognitiven Störungen

Eine Meta-Analyse von 5 Studien mit 325 Patienten zeigte, dass gemessen an den validierten Messinstrumenten „Alzheimer’s Disease Assessment Scale Cognitive Subscale“ und „Assessment of Functional Status“ 30 mg Safran/Tag dem Placebo überlegen und Donepezil oder Memantin nicht unterlegen waren [3].

Bei erektiler Dysfunktion

Nach einer quantitativen Analyse von 3 Studien besserte Safran die erektile Dysfunktion, die Orgasmusfunktion, die Zufriedenheit insgesamt, die Zufriedenheit mit dem Geschlechtsverkehr und den Wunsch nach Sex [15]. Ein Wirksamkeitstrend wurde in 2 Studien mit 30 mg Safranextrakt festgestellt, in einer Studie wurde ein 1 %iges Safran-Gel verwendet. Eine aktuelle Meta-Analyse bezog 5 Studien ein, insgesamt 173 Personen: Außer den beiden Studien mit Safranextrakt wurden eine Studie ohne Kontrollgruppe, in der mit 200 mg Safran behandelt wurde, und eine Studie an Männern und Frauen einbezogen. Gemessen am „Hulbert Index of Sexual Desire“ fand sich in dieser Studie nach 8-wöchiger Einnahme von 30 mg wässrigem Safranextrakt bzw. 30 mg Crocin oder Placebo pro Tag kein Unterschied zwischen den Gruppen. Eine weitere Studie schloss Frauen mit Fluoxetin-induzierter sexueller Dysfunktion ein: Nach 4-wöchiger Behandlung mit 30 mg Safran war ein Wirksamkeitstrend am „Female Sexual Function Score“ erkennbar [20].

Auf Kreislauf- und Stoffwechselparameter

Beim Poolen von 14 Studien, die Safran-Tagesdosen bis zu 1 g untersuchten, sank das Gesamt-Cholesterin im Zeitraum bis zu 12 Wochen um 6 mg/dL (N = 619), die Triglyceride verringerten sich um 5 mg/dL (N = 640). Das Körpergewicht und das LDL-Cholesterin blieben unbeeinflusst. Das HDL-Cholesterin stieg an [18]. Bei der Analyse von 9 Studien mit 595 Patienten nahm der Bauchumfang im Zeitraum von 8–12 Wochen um 2,2 cm ab, der Nüchtern-Blutzucker um 7 mg/dL (bei Einnahme des Safrans > 12 Wochen um 10 mg/dL). Das HbA1c blieb unbeeinflusst [19]. Die Meta-Analyse von Asbaghi [1] kam zu einem ähnlichen Ergebnis. Laut einer Meta-Analyse von 10 Studien mit 622 Patienten nahm der diastolische Blutdruck um 1,2 mmHg ab. Der systolische Blutdruck blieb unbeeinflusst [17].

Bei geringer bis mäßiger Makuladegeneration

Ein Poolen der Daten aus 6 Pilotstudien mit 277 Patienten war wegen unterschiedlicher Safran-Tagesdosen, Studienzeiträume und verwendeter Messinstrumente nicht möglich [11]. In den meisten Studien wurde nicht zwischen trockener und feuchter Makuladegeneration unterschieden, sondern beide unter AMD (Age-related Macular Degeneration) zusammengefasst. Dies sollte bei zukünftigen Studien berücksichtigt werden.

Bei anderen Erkrankungen wie entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatoider Arthritis, Krebserkrankungen des Darms, des Magens, der Lunge, der Brust und der Haut ist die Wirksamkeit nicht ausreichend untersucht [2], ebenso nicht bei Herzerkrankungen, chronischer Erschöpfung, prämenstruellem Syndrom sowie als Appetithemmer bei Übergewicht.

Unerwünschte Wirkungen

Bei den in den Studien eingesetzten Dosen der Safran-Zubereitungen sind keine spezifischen unerwünschten Ereignisse aufgetreten. Eine allergische Reaktion ist sehr selten. Bei der Einnahme einer abortiv wirksamen Dosis von 10 g können Erbrechen, Uterusblutungen, blutige Durchfälle, Hämaturie, Blutungen der Nasen-, Lippen- und Lidhaut, Schwindelanfälle und Benommenheit auftreten. Es kommt zu Gelbfärbungen von Skleren, Haut und Schleimhaut, sodass ein Ikterus vorgetäuscht werden kann [5].

Interaktionen

Keine beschrieben. Die Wirkung synthetischer Antidepressiva wird verstärkt.

Kontraindikationen

Bekannte Allergie gegen Safran, Schwangerschaft, Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren.

Toxizität

Bis 1,5 g Safran pro Tag oral sind unbedenklich, 5 g/kg toxisch und 20 g/kg letal. Nach Einnahme von 1 g Safran über längere Zeit wurde eine Gelbfärbung der Haut beschrieben [5]. Crocin war bei Ratten und Mäusen nicht toxisch und nicht mutagen [6].

Fazit

Aufgrund der Datenlage scheint der Einsatz von Safran bzw. Safranextrakt bei Depressionen, Angst- und Hirnfunktionsstörungen plausibel und vielversprechend, bei erektiler Dysfunktion, Diabetes und Makuladegeneration vielversprechend. Studien mit einem konfirmatorischen Studiendesign müssen jetzt die Wirkgrößen definieren.

Prof. Dr. Sigrun Chrubasik-Hausmann
Fachärztin für Allgemeinmedizin mit den Zusatzbezeichnungen "Naturheilverfahren" und "Spezielle Schmerz-Therapie"

Interessenkonflikt: Die Autorin hat von der Firma Alpinamed (Schweiz) ein Honorar für die Beratung zu Safran erhalten.

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