HeilpflanzenporträtEuphrasia officinalis L.: antioxidativ, entzündungshemmend und antimikrobiell

Augentrost hat sich bewährt zur lokalen Anwendung bei gereizten Augen. Nachgewiesen sind antioxidative, entzündungshemmende und antimikrobielle Wirkungen.

Augentrost, Euphrasia officinalis
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Augentrost hat sich bewährt zur lokalen Anwendung bei Augenreizungen.

Botanischer Steckbrief

Euphrasia-officinalis-Arten finden sich vor allem auf Weiden an mäßig feuchten bis trockenen Standorten. Die einjährigen, bis 40 cm hohen Kräuter sind Halbschmarotzer, die mithilfe von Saugwurzeln den Wirtswurzeln Wasser und Nährsalze entziehen. Im Gegensatz zu anderen Halbschmarotzern können sie auch ohne Wirt vegetieren. Die Samen benötigen zum Keimen aber einen Wirt.

Inhaltsstoffe

Euphrasia officinalis enthält Iridoidglucoside (z. B. Aucubin), Phenolcarbonsäuren, polyphenolische Esterglykoside, Flavone, kondensierte und hydrolysierbare Gerbstoffe, Lignane, Mannit, Alkaloide, Sterole.

Wirkungen

In der Volksheilkunde wurden Zubereitungen aus dem Kraut äußerlich bei Augenkrankheiten angewendet. Aufgrund der Gerbstoffe ist es wahrscheinlich, dass Zubereitungen aus dem Augentrost adstringierend und reizlindernd wirken.

Nachgewiesen sind antioxidative, entzündungshemmende und antimikrobielle Wirkungen.

Wirksamkeit

Zur Wirksamkeit liegt eine prospektive, offene, einarmige, multizentrische und multinationale (Schweiz und Deutschland) Kohortenstudie vor. Patienten mit entzündlicher und katarrhalischer Konjunktivitis erhielten auf Anraten des Arztes zunächst über eine Woche (bzw. bei Fortbestehen der Symptomatik bis max. 2 Wochen) täglich bis zu 5 Einzeldosen entsprechend einem Tropfen eines Komplexes aus Euphrasia-Gesamtextrakt D 2 plus ätherisches Rosenöl D 7 in den Bindehautsack des betroffenen Auges. Die Wirksamkeit wurde für beide Augen getrennt anhand der Parameter „Rötung“, „Schwellung“, „Sekretion“, „Brennen“ und „Fremdkörpergefühl“ beurteilt, die Verträglichkeit anhand von „Rötung“ und „Brennen“ der Konjunktiven und „verschleiertem Sehen“.

Bei 53 von 65 eingeschlossenen Patienten waren die Beschwerden durch die Behandlung vollständig abgeklungen, bei 17 Patienten gebessert. Nur bei einem Patienten verschlechterten sich die Beschwerden in der zweiten Woche der Behandlung. Unerwünschte Wirkungen wurden nicht dokumentiert. Ärzte und Patienten beurteilten die Wirksamkeit und Verträglichkeit bei mehr als 85 % der Patienten als „gut“ bis „sehr gut“.

Es liegen keine Studien zur innerlichen Anwendung von Zubereitungen aus Euphrasia officinalis bei Magenerkrankungen und bei Verdauungsbeschwerden vor.

Indikationen für die äußerliche Anwendung

  • leichte Entzündung der Bindehaut (auch bei Katarrh der Atemwege)
  • Augenreizungen
  • Fremdkörpergefühl
  • trockene Augen
  • Schwellungen des Augenlids

Dosierung

Niedrig potenzierte Zubereitungen aus Augentrost oder Tinkturen werden von verschiedenen Anbietern in 10 ml-Tropf-Flaschen und in Form von Monodosen angeboten. Im Allgemeinen werden zwei- bis dreimal täglich 1–2 Tropfen in den Bindehautsack des Auges eingeträufelt.

Der Vorteil der Monodosen (0,4 ml) liegt darin, dass sie länger aufbewahrt werden können, während das geöffnete Fläschchen nicht länger als 4 Wochen genutzt werden kann. Neben Mono- sind auch Kombinationspräparate (z. B. mit Kamillenextrakt oder Hyaluronsäure) im Handel.

In der Volksmedizin wurden Waschungen mit einer 2 %igen Abkochung, Umschläge bei Hordeolum („Gerstenkorn“) mit 5 Esslöffel Euphrasia-Kraut pro 0,25 l kochendem Wasser (10 Min. ziehen lassen und den Brei in Mull so heiß wie möglich anwenden) oder 2–4 g Droge als Aufguss, dreimal tgl. innerlich und / oder äußerlich angewendet. Die Anwendung selbst hergestellter unsteriler, nicht partikelfreier Zubereitungen wird nicht empfohlen.

Unerwünschte Wirkungen / Interaktionen

Leichte Reizungen der Konjunktiven und selten Überempfindlichkeitsreaktionen.

Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten sind nicht bekannt.

Kontraindikationen

Überempfindlichkeit gegen Inhaltsstoffe im Augentrost.

Toxizität

Nur Extrakte, die mit sehr lipophilen Extraktionsmitteln hergestellt wurden, wirkten in vitro toxisch auf Hornhautzellen.

Fazit

Die Monographie der Kommission E aus dem Jahr 1992 konnte Zubereitungen aus Euphrasia officinalis aufgrund unzureichender Dokumentation der Wirkungen und der Wirksamkeit damals nicht empfehlen. Heute kann die in der Volksmedizin und der Studie beobachtete Wirksamkeit bei Augenbeschwerden nicht negiert werden.

Weitere Untersuchungen sollten die vielversprechenden Ergebnisse aus den Studien erhärten und die Wirkgröße bei den einzelnen Indikationen definieren.

Literatur

[1] Bigagli E, Cinci L, D'Ambrosio M et al. Pharmacological activities of an eye drop containing Matricaria chamomilla and Euphrasia officinalis extracts in UVB-induced oxidative stress and inflammation of human corneal cells. J Photochem Photobiol B 2017; 173: 618-625

[2] Blaschek W, Hilgenfeldt U, Holzgrabe U et al. HagerROM, 2016. Hagers Enzyklopädie der Arzneistoffe und Drogen. Berlin Heidelberg; Springer: 2016

[3] Blazics B, Alberti A, Kéry A. Antioxidant activity of different phenolic fractions separated from Euphrasia Hayne. Acta Pharm Hung 2009; 79: 11-16

[4] Blumenthal M. The Complete German Commission E Monographs: Therapeutic Guide to Herbal Medicines. The American Botanical Council; Boston, Massachusetts: 1998

[5] Novy P, Davidova H, Serrano-Rojero CS. et al. Composition and antimicrobial activity of Euphrasia rostkoviana Hayne essential oil. Evid Based Complement Alternat Med 2015; 2015: 734-101

[6] Paduch R, Woźniak A, Niedziela P. et al. Assessment of eyebright (euphrasia officinalis L.) extract activity in relation to human corneal cells using in vitro tests. Balkan Med J 2014; 31: 29-36

[7] Stoss M, Michels C, Peter E. et al. Prospective cohort trial of Euphrasia single-dose eye drops in conjunctivitis. J Altern Complement Med 2000; 6: 499-508

 

Der Artikel ist erschienen in der zkm 3/2018.

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Prof. Dr. med. Sigrun Chrubasik-Hausmann ist Fachärztin für Allgemeinmedizin; Zusatzbezeichnungen: Naturheilverfahren, Spezielle Schmerztherapie; Koordinatorin des Arbeitsbereichs Phytotherapie im Institut für Rechtsmedizin der Universität Freiburg.