SchlafstörungenKneipp-Medizin bei Schlafstörungen

Die Kneipp-Therapie ist ein anerkanntes Verfahren bei Schlafstörungen. Jedes der 5 Kneipp-Elemente kann einen eigenständigen Beitrag zur Schlafförderung leisten.

Frau praktiziert Wassertreten
K. Oborny/Thieme; Posed by a model.

Abendliches Wassertreten ist eine wirksame Hilfe bei Einschlafstörungen und wird als „Beruhigungspille des Kneippianers“ bezeichnet.

von Angela Schuh

Inhalt

Die 5 Säulen der Kneipp-Therapie für guten Schlaf

Ordnungstherapie

Hydrotherapie

Bewegungstherapie

Ernährungstherapie

Phytotherapie

Schlaffördernde praktische Anwendungen der Hydrotherapie

Best-Practice-Beispiel bei lebensstilbedingten Schlafstörungen

Literatur

Epidemiologische Studien zeigen, dass Schlafstörungen heute zu den häufig vorkommenden Beschwerden und Symptomen gehören, die mit einer Vielzahl von körperlichen und psychischen Gesundheitsstörungen verbunden sind. Insgesamt erfüllen ca. 34 Mio. Deutsche die Kriterien der Insomnie [1], wobei psychische und organische Ursachen ausgeschlossen sein müssen. So leidet beispielsweise jeder 10. Beschäftigte an schweren Schlafstörungen mit sich anschließender Tagesmüdigkeit und eingeschränkter Leistungsfähigkeit.

Die 5 Säulen der Kneipp-Therapie für guten Schlaf

Kneipp-Therapie ist ein ganzheitliches naturheilkundliches Therapiekonzept, das auf den 5 Elementen („Säulen“) Wasseranwendungen, Bewegung, gesunde Ernährung, Heilkräuter und Lebensordnung (innere Ordnung, Balance) basiert [8]. Darüber hinaus gibt es viele Indikationen, bei denen die Kneipp-Therapie empfohlen werden kann, wie ein aktueller systematischer Review belegt [7].

Vom 1821 geborenen Pfarrer Kneipp ist überliefert, dass er sagte: „Erst als ich Ordnung in die Seele der Menschen brachte, besserten sich auch die körperlichen Gebrechen.“ Diese Erkenntnis steht vollkommen im Einklang mit einer Vielzahl heutiger naturheilkundlicher Präventionsverfahren.

Ordnungstherapie

Die Ordnungstherapie ist die wichtigste der 5 Säulen für die Prävention und Behandlung von durch den Lebensstil hervorgerufenen Schlafstörungen und beschäftigt sich auf wissenschaftlicher Basis mit den heute so aktuellen Problemen der Überforderung von allen Seiten. Sie bietet eine ausgezeichnete Möglichkeit, Korrekturen des Lebensstils anzustoßen, und sollte ggf. unter Hinzuziehung eines Psychologen (als Psychoedukation) durchgeführt werden. Dies umfasst Lebensberatung und Hilfe zur Problemlösung.

Basis sind jedoch die Erkenntnisse der Chronobiologie über den Einfluss der „inneren Uhr“ und eine Rhythmisierung der Lebensvorgänge. Darunter wird in der Kneipp-Therapie das (Wieder-)Einbringen einer zeitlichen Ordnung in den Tagesverlauf verstanden, durch eine sinnvolle Strukturierung und Gestaltung inkl. der Regulierung des Schlaf-Wach-Rhythmus, die entsprechende Schlafvorbereitung und damit einen regelmäßigen, ausreichenden und qualitativ guten Schlaf [4].

Außerdem gehört das Erlernen von Entspannungs- und Body-Mind-Verfahren wie Meditation oder Achtsamkeitübungen dazu.

Aber auch alle anderen Säulen der Kneipp’schen Gesundheitslehre helfen mit, nicht organische Ein- oder Durchschlafstörungen zu behandeln bzw. einen guten, ungestörten Schlaf wiederzuerlangen.

Hydrotherapie

Die Hydrotherapie ist dabei ein hocheffizientes Verfahren und zielt primär auf einen abendlichen Wärmeentzug ab, denn um gut ein- und durchschlafen zu können, ist es elementar, dass die Körpertemperatur abends und nachts bis zu ihrem Tiefpunkt gegen 3 Uhr um ein paar Zehntelgrad absinken kann. Dazu werden Anwendungen mit kaltem Wasser vorgenommen.

Der dahinterstehende Mechanismus läuft wie folgt ab: Kaltes Wasser kommt auf die Haut, deshalb spricht sofort das sympathische Nervensystem an und leitet eine Vasokonstriktion ein. Der Blutfluss durch die Haut wird dadurch verringert. Wenn der Kaltreiz wieder abgesetzt wird, erfolgt die reaktive Hyperämie. Die nun stattfindende Durchblutung und Erwärmung der Haut ist sogar stärker als vor dem Kaltreiz. Da das Blut die Wärme aus dem Körperinneren verstärkt in die Haut führt, sinkt die Körperkerntemperatur ab. Dieser Vorgang schafft somit den notwendigen Effekt und die Voraussetzung, um einschlafen zu können [4].

Die Kaltreize wirken unterschiedlich, je länger oder je intensiver sie eingesetzt werden. Auch der Bereich des Körpers, an dem die Wasseranwendung erfolgt, spielt eine nicht zu unterschätzende Rolle, wobei sich die meisten Kälterezeptoren im Mund-Nasen-Rachen-Dreieck, am Bauch, an den Fingerspitzen und Zehen befinden und diese Bereiche deshalb besonders empfindlich bzw. reaktionsstark sind.

Die Wirkungen der thermischen Reize unterscheiden sich zusätzlich in Abhängigkeit von der Tageszeit. Die „innere Uhr“ steuert, wann der Körper am besten auf eine Maßnahme reagiert. Morgens wirken Kaltreize am stärksten, weil sich dann der Körper in der Aufheizphase befindet – deshalb ist bei Ein- und Durchschlafstörungen der Wärmeentzug durch milde Kaltanwendungen hoch wirksam: Zur Schlafvorbereitung ist es sinnvoll, dem Körper Wärme zu entziehen.

Obwohl dies meist mit der Kneipp-Therapie assoziiert wird, arbeitet die Hydrotherapie nicht nur mit kaltem Wasser, sondern mit einem breiten Spektrum an thermischen Reizen, also Kalt-, Warm-, Heiß- und Wechselreizen.

Milde Wärme, u. a. in Form von warmem, aber nicht heißem (!) Wasser beim Duschen oder Baden, ist körperlich entspannend, was sich wiederum positiv auf die Psyche und damit den Schlaf auswirkt.

Überwärmende Maßnahmen wie heiße Vollbäder oder Sauna sollten am Abend nicht durchgeführt werden, da sie die Temperatur des Körpers erhöhen und dadurch das Einschlafen verzögern oder verhindern.

Bewegungstherapie

Die 3. Säule, die Bewegungstherapie, steht schon für sich allein als präventives Element der Kneipp-Therapie. Sanfte Ausdauerbewegung wie zügiges Gehen in der freien Natur, Wandern, Radfahren und Schwimmen entspannt und leitet im Körper viele beruhigende Prozesse ein. Es ist eindeutig nachgewiesen, dass körperliche Aktivität zum richtigen Zeitpunkt schlaffördernd wirkt. Sie sollte spätestens nachmittags durchgeführt werden, da abendlicher Sport abhängig von der Intensität den Körper aufheizt und damit die für guten Schlaf nötige Entwärmung über mehrere Stunden hinweg verhindert.

Ernährungstherapie

Die 4. Säule der Kneipp-Therapie ist die Ernährungstherapie, wobei sie i.d.R. aus Vollwerternährung mit vegetabiler Frischkost besteht.

Bei Schlafstörungen sollten schwer verdauliche und fette Mahlzeiten sowie Vollkornprodukte, Salat, Obst und Rohkost aller Art abends vermieden werden [10]. Ein frühes Abendessen ist für den guten Schlaf besonders günstig, da dann bis zur Schlafenszeit die Aufbereitung der Speisen im Magen schon erfolgt ist. Im Hinblick auf guten Schlaf ist auch die Regelmäßigkeit der Nahrungsaufnahme wichtig, ebenso wie die kulturelle Handlung des Essens und die kultivierte Einnahme, d.h. das Essensmilieu mit entsprechenden Tischgesprächen und der Freude am Essen.

Phytotherapie

Insbesondere bei hartnäckigeren Schlafstörungen wird im Rahmen der Kneipp-Therapie zusätzlich die Phytotherapie mit ihren verschiedenen pflanzlichen Mitteln wie Baldrian, Melisse, Lavendel oder Hopfen in Form von Tees oder Dragees eingesetzt.

Schlaffördernde praktische Anwendungen der Hydrotherapie

Entwärmende Maßnahmen mittels Kneipp’scher Hydrotherapie können eine große Hilfe darstellen und vor allem ganz einfach zu Hause durchgeführt werden. Damit man abends gut einschlafen kann, muss die Kerntemperatur absinken.

Grundregeln der Kneipp-Therapie

Für die richtige Anwendung der Hydrotherapie müssen allerdings die Grundregeln der Kneipp-Therapie Beachtung finden: Kälteanwendungen dürfen nur bei vorgewärmtem Körper durchgeführt werden, und je kälter das Wasser ist, desto kürzer sollte die Anwendung sein. Es wird empfohlen, sich danach nicht abzutrocknen, sondern das Wasser nur abzustreifen. Damit wirkt die Verdunstungskälte nach, die der Haut noch mehr Wärme entzieht und die Hautdurchblutung verstärkt.

Nach der Anwendung ist die Wiedererwärmung wichtig, die durch das Anziehen von warmen Socken und ein wenig Bewegung erzielt wird. Anschließend legt man sich ins Bett. Etwa 3–5 Minuten nach der Kälteanwendung sollte man wieder erwärmt sein. Es dürfen nie mehrere Anwendungen hintereinander gemacht werden, sondern dazwischen sollte ein Abstand von mindestens 1–2 Stunden liegen, um die Reaktionen abklingen zu lassen [2].

Praktische Anwendungen

Waschungen sind dabei die schwächsten Reize und als „Einstieg“ geeignet. Werden sie vor dem Schlafengehen vorgenommen, wirken sie einschlaffördernd. Bei kalten feuchten Beinwaschungen fängt man im Sinne der Kneipp-Therapie mit dem rechten Bein an, beginnt herzentfernt und arbeitet sich allmählich in Herzrichtung vor: Fußrücken, Beinvorderseite, Fußrücken innen, Fußsohle, Beinrückseite. Dann wird dasselbe Vorgehen am linken Bein vorgenommen [9].

Auch nasskalte Socken fördern das Einschlafen. Dazu benutzt man Baumwollstrümpfe und zieht darüber trockene Wollstrümpfe. Die Anwendungsdauer geht bis zur Erwärmung der Socken. Der Effekt ist wie bei den anderen hydrotherapeutischen Kneipp-Anwendungen der Wärmeentzug.

Abendliches Wassertreten ist ebenfalls eine wirksame Hilfe bei Einschlafstörungen und wird als „Beruhigungspille des Kneippianers“ bezeichnet. Voraussetzung sind warme Füße. Die Badewanne oder ein großer Eimer wird kniehoch mit kaltem Wasser gefüllt. Man bewegt sich darin im Storchenschritt. Wenn nach ca. 1–2 Minuten ein Kältegefühl eintritt, wirkt die Anwendung und man sorgt für Wiedererwärmung (s. o.).

Auch kalte Kniegüsse fördern die psychovegetative Entspannung und damit den Schlaf. Bei warm-kalten Wechsel- und Schenkelgüssen führt man zunächst einen ca. 38 °C warmen Wasserstrahl (am besten mit Gussrohr) vom rechten Fuß außen bis über das Gesäß zum Beckenkamm. Dort lässt man das Wasser etwas laufen, dann führt man den Strahl an der rechten Beininnenseite abwärts. Dasselbe wird links wiederholt. Anschließend beginnt man wieder am rechten Fuß außen und führt den Wasserstrahl auf der Beinvorderseite bis zur Leiste, verweilt dort etwas und führt dann den Strahl an der Beininnenseite wieder abwärts. Dasselbe auf der linken Seite. Anschließend werden die Beine in derselben Reihenfolge, allerdings nun sehr zügig und nur wenige Sekunden lang (5–8 Sekunden), mit kaltem Wasser abgegossen. Als Abschluss werden beide Fußsohlen kalt abgegossen. Wenn man sich dann wie nach allen Kaltanwendungen warme Socken anzieht, etwas bewegt und anschließend ins Bett legt, hilft diese Anwendung ebenfalls beim Einschlafen [11].

Kalte Wickel wirken entspannend und sind abends schlaffördernd, da sie bei kurzer Einwirkzeit bis zur Erwärmung der Tücher einen schonenden Wärmeentzug hervorrufen [9]. Für das regelrechte Vorgehen beim Auflegen von Wickeln wird auf die einschlägige Kneipp-Literatur verwiesen.

In Form von Halb-, Dreiviertel- oder Vollbädern wirken absteigende Bäder bei abendlicher Anwendung schlaffördernd. Man beginnt dabei mit einer indifferenten Wassertemperatur von 35–36 °C und lässt sie gleichmäßig innerhalb von 15 Minuten auf ca. 32 °C oder tiefer absinken. Wichtig ist, dass die Abkühlung ganz langsam vor sich geht, denn ein plötzliches Absinkenlassen würde eine Kältegegenregulation mit einer Vasokonstriktion hervorrufen und den gegenteiligen Effekt erzielen.

Kalte Halbbäder, bei denen man gleich mit kaltem Wasser beginnt, werden in der Kneipp-Therapie ebenfalls als Einschlaf- und Durchschlafhilfe empfohlen [11]: Dabei wird die Badewanne mit ca. 18 °C kaltem Wasser halbhoch gefüllt. Man benetzt zunächst die Herzgegend mit kaltem Wasser und setzt sich dann erst in die Wanne. Der Aufenthalt im kalten Wasser sollte nur 10–15 Sekunden dauern. Es ist darauf zu achten, dabei ruhig weiterzuatmen. Nach der kurzen Verweildauer steigt man gleich wieder aus der Wanne, streift das Wasser ab, zieht Socken an, geht ein wenig herum und dann ins Bett. Diese Anwendung wird auch für nachts vom Bett aus, wenn man nicht durchschlafen kann, zur Beruhigung und Entspannung empfohlen.

Best-Practice-Beispiel bei lebensstilbedingten Schlafstörungen: gesunder Schlaf durch innere Ordnung

Wenn die lebensstilbedingten Schlafstörungen jedoch schon ausgeprägt sind, kann auch eine Kneipp-Kur empfohlen werden. Als Kurmaßnahme wird die Kneipp-Kur in Deutschland i.d.R. über einen Zeitraum von 3 Wochen in einem zertifizierten Kneipp-Kurort durchgeführt. Durch eine auf lebensstilbedingte Schlafstörungen ausgerichtete 3-wöchige Kneipp-Kur (s. u.), bestehend aus den 5 Elementen der Kneipp’schen Gesundheitslehre, konnten signifikante Verbesserungen in der Schlafqualität und in anderen schlafrelevanten Zielgrößen erreicht werden [5].

In Deutschland gibt es derzeit mehr als 53 staatlich anerkannte Kneipp-Heilbäder und -Kurorte (Deutscher Heilbäderverband 2018). Dort werden Kneipp-Kuren durchgeführt, entweder als stationäre Vorsorge-Sanatoriumskuren nach § 23.4 oder als ambulante Vorsorgemaßnahme nach § 23.2 SGB V. Diese medizinischen Kuren können, wenn sie vom Hausarzt angeregt werden, von der Krankenkasse bei Personen jeden Alters, unabhängig von einer Berufstätigkeit, übernommen werden. Die ambulante Vorsorgeleistung nach § 23.2, die aus der ehemaligen Badekur hervorgegangen ist, ist seit 2022 wieder eine Pflichtleistung der Krankenkassen.

Von der Ludwig-Maximilians-Universität München wurde in Zusammenarbeit mit dem Kneipp-Kurort Füssen eine Kneipp-Kur für lebensstilbedingte Schlafstörungen (https://www.fuessen.de/gesundheit/besser-schlafen.html) entwickelt und überprüft („Gesunder Schlaf durch innere Ordnung“) [4]. Die begleitende Studie untersuchte dabei die kurz- und mittelfristigen Effekte des 3-wöchigen Präventionsprogramms im Vergleich zu einer Kontrollgruppe zu Hause, bei Menschen mit nicht organischen, lebensstilbedingten Schlafstörungen [6]. Das Programm verknüpft sog. psychoedukative Inhalte in Form von Seminaren „Innere Ordnung“ und „Gesunder Schlaf“, die die Kneipp’sche Ordnungstherapie abbilden, mit klassischen Elementen der Hydrotherapie. Außerdem wird das Erlernen von Entspannungsverfahren wie Yoga und Meditation/Achtsamkeit eingebaut. Dazu kommen aktivitätsfördernde Bewegungsinhalte. Ergänzt wird das Programm durch Vermittlung schlaffördernder Fakten aus der Ernährungs- und Phytotherapie sowie zum Thema Diagnostik und Therapie von Schlafstörungen. Eines der Ziele des Präventionsprogramms „Gesunder Schlaf durch innere Ordnung“ besteht deshalb darin, neben Information und Motivation mit den Teilnehmern gemeinsam zu erarbeiten, welche Verhaltens- und Lebensstiländerungen für die Verbesserung ihres Schlafes nützlich und notwendig sind und wie diese im Alltag konkret umgesetzt werden können.

Ein Beispiel hierfür ist die Kneipp-Eigentherapie (s. o.), die im Rahmen des Programms vermittelt und erprobt wird, um sie zu Hause weiterzuführen. Man lernt auch, dass es sowohl Schlafumgebungen als auch Verhaltensweisen gibt, die schädlich für gesundes Schlafen sind. Insofern kann man diese Kur auch als eine Art „Kick-off-Maßnahme“ sehen, die den Anstoß für Veränderungen gibt. Die Kneipp-Kur basiert außerdem auf chronobiologischen Erkenntnissen, das heißt, die einzelnen Elemente werden zu jener Tageszeit durchgeführt, bei der die größten bzw. besten Effekte zu erwarten sind.

Durch diese Präventionsmaßnahme haben sich die Schlafstörungen bei 75 % der 88 Studienteilnehmer gegenüber der Kontrolle deutlich verbessert; direkt nach der 3-wöchigen Kur, aber vor allem auch monatelang anhaltend. Die chronische Schlafstörung war langfristig verringert und es zeigten sich klinisch relevante und statistisch signifikante Verbesserungen hinsichtlich der Schlafqualität und Einschlafdauer, die noch über einen Zeitraum bis zu 6 Monaten nach der Kur anhielten. Ein längerer Zeitraum wurde nicht untersucht. Ebenfalls wurden langfristige Verbesserungen bei Wohlbefinden, depressiven Stimmungen und chronischem Stress nachgewiesen. Die Teilnehmer zeigten auch Verhaltensänderungen und konnten danach deutlich besser und signifikant unterschiedlich zur Kontrollgruppe mit Stress umgehen. Jeder 2. Teilnehmer berichtete 6 Monate nach Programmende, dass noch immer ein spürbarer Effekt nachwirkt.

Die Studienergebnisse zeigen, dass das ganzheitliche naturheilkundliche Therapiekonzept der Kneipp-Kur mit ihren 5 Säulen sehr gute und wirkungsvolle Möglichkeiten bei nicht organischen, lebensstilbedingten Schlafstörungen bietet. Die 3-wöchige Kneipp-Kur kann demnach ein effektives Instrument sein, um bei Menschen mit lebensstilbedingten Schlafstörungen über einen Zeitraum von mindestens 6 Monaten die Schlafqualität zu verbessern, das Wohlbefinden und die Lebensqualität zu steigern, depressive Stimmungen zu verringern sowie zu einer Verbesserung des Gesundheitsverhaltens, vor allem im Bereich Stressmanagement, und des allgemeinen Gesundheitszustands beizutragen. Gerade für Personen mit lebensstilbedingten Schlafstörungen ist es zudem sehr wichtig, mehrere Wochen aus ihrem Umfeld (d.h. der Dauerschleife) herauszukommen und in aller Ruhe – losgelöst von allen häuslichen und beruflichen Einflüssen – ihre Belastungen zu erkennen und dann die Problemlösung anzugehen [4].

Interessenkonflikt: Die Autorin gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Literatur

[1] DAK. Erwerbstätigenbefragung 2016 – DAK Gesundheitsreport 2017. Im Internet: Zugriff am 20. Januar 2023 unter: https://www.dak.de/dak/download/praesentation-iges-1885296.pdf

[2] Gutenbrunner C, Glaesener J. Rehabilitation, Physikalische Medizin und Naturheilverfahren. Heidelberg: Springer; 2007

[3] Immich G, Frisch D, Oberhauser C. et al. Effekte einer ambulanten Kneipp-Kur als multimodale Lebensstilintervention für die primäre Insomnie: Eine randomisierte kontrollierte Studie. Phys Med Rehab Kuror 2022; DOI: 10.1055/a-1954-5007

[4] Schuh A. Gesunder Schlaf und die „innere Uhr“ – Lebensstilbedingte Schlafstörungen und was man dagegen tun kann. Heidelberg: Springer; 2022

[5] Schuh A, Stier-Jarmer M, Frisch D. Projektabschlussbericht. „Gesunder Schlaf durch innere Ordnung“ – Entwicklung, Implementierung und Evaluierung eines 3-wöchigen Programms zur Sekundärprävention bei lebensstilbedingten Schlafstörungen, durchgeführt in den Kneipp-Kurorten Füssen/Bad Faulenbach/Hopfen am See. 2018 efördert durch das Bayrische Staatsministerium für Gesundheit und Pflege. Bearbeitungsnummer: 04–00080–201-EA_BayGA_Füssen_Tourismus und Marketing. Deutsches Register für klinische Studien: DRKS00011673; 2018

[6] Stier-Jarmer M, Frisch D, Schuh A. „Gesunder Schlaf durch innere Ordnung“ – Entwicklung, Implementierung und Evaluierung eines 3-wöchigen Programms zur Sekundärprävention bei nicht organisch bedingten Schlafstörungen, durchgeführt im Kneipp-Kurort Füssen. Gesundheitswesen 2018; 80 (08/09) 796

[7] Stier-Jarmer M, Throner V, Kirschneck M. et al. Effekte der Kneipp-Therapie: Ein systematischer Review der aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisse (2000–2019). Compl Med Res 2021; 28: 146-159

[8] Uehleke B, Hentschel HD. Das große Kneipp-Gesundheitsbuch. Stuttgart: Trias; 2014

[9] Walther J. Hydrotherapie. In: Hildebrand G. Hrsg. Physikalische Medizin, Band 1: Physiologische Grundlagen, Thermo- und Hydrotherapie, Balneologie und medizinische Klimatologie. Stuttgart: Hippokrates; 1990: 104-156

[10] Wilke D, Wilke J. Das Schlaf-gut-Kochbuch – Die Food-Formel für einen besseren Schlaf. München: Riva; 2014

[11] Wurm-Fenkl I. Kneippen für die Gesundheit. Von Wimpfen H, Büchele W, Hrsg.. Niederhausen: Falken; 1996

Dr. rer. biol. hum. Dr. med. habil. Dipl. Meteorologin Angela Schuh ist Akad. Direktorin a. D. und apl. Professorin für Medizinische Klimatologie der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Ihre Fachgebiete sind die Medizinische Klimatologie, Kurortmedizin und Prävention. Dazu gehört die Entwicklung von Kurkonzepten unter Anwendung der ortsgebundenen Heilmittel. Ein Schwerpunktthema ist dabei die Sekundärprävention von stressbedingten Symptomen und deren Folgen sowie die Prävention bzw. Behandlung von lebensstilbedingten Schlafstörungen. Außerdem ist Frau Schuh mit dem gesamten Themenkreis der Klimatherapie, Thalassotherapie und der Waldtherapie im Rahmen von Vorsorge- und Rehabilitationsmaßnahmen befasst.

Die wissenschaftliche Arbeit stellt sich in sieben Fach-, Sach- und Lehrbüchern sowie über 250 Publikationen dar. Aktuelles Buch: „Gesunder Schlaf und die innere Uhr – lebensstilbedingte Schlafstörungen und was man dagegen tun kann. Heidelberg: Springer; 2022