ErnährungNew Nordic Diet: Frische, Regionalität und gesundheitsförderndes Potenzial

Die New Nordic Diet kombiniert frische, regionale, biologisch angebaute und unverarbeitete pflanzliche Lebensmittel, ergänzt um Milchprodukte, Fisch, Meeresfrüchte und mageres Fleisch. Sie soll gut schmecken, die Gesundheit fördern und einfach umsetzbar sein.

Korb, Obst, regional, Apfel, Birne, Zwetschge
tarasgarkusha/stock.adobe.com

Regional angebaute Produkte bilden einen integralen Bestandteil der New Nordic Diet.

von Vanessa Karstens und Anja Bosy-Westphal

Inhalt

Ernährungskonzept der New Nordic Diet

Zusammensetzung

Auswirkungen auf die Gesundheit

Akzeptanz

Kernaussagen

Literatur

Ernährungskonzept der New Nordic Diet

Die Wurzeln der New Nordic Diet als modernes Ernährungskonzept der traditionellen Nordischen Ernährung liegen im dänischen OPUS-Projekt (Optimal well-being, development, and health for Danish children through a healthy New Nordic Diet) Mitte der 2000er-Jahre. Durch die Kombination aus Frische, Regionalität und unverarbeiteten Lebensmitteln verfolgten nordische Ernährungswissenschaftler, Köche und Gastronomen das Ziel, eine Ernährungsweise zu entwickeln, die gesundheitsfördernd und wohlschmeckend ist. Zudem sollte sie für jedermann einfach umsetzbar sein und dem derzeit vermehrten Auftreten von Übergewicht entgegenwirken [1].

Zusammensetzung

Klassische nordische Lebensmittel, die den Speiseplan nach den Leitlinien der New Nordic Diet füllen, sind [2]:

  • zahlreiche Vollkornprodukte (insbesondere Roggen, Hafer und Gerste),
  • regional angebautes Obst und Gemüse wie Kohl, verschiedene Wurzelgemüsesorten, Leguminosen, Äpfel und Birnen,
  • Nüsse,
  • frischer Fisch und Meeresfrüchte,
  • fettarme Milchprodukte,
  • mageres Fleisch, Wildfleisch,
  • wild wachsende Beeren, Pilze und Kräuter.

Bei der Wahl kohlenhydrathaltiger Lebensmittel empfiehlt die New Nordic Diet, ein spezielles Augenmerk auf das Einhalten eines niedrigen glykämischen Index zu richten [2][3]. Generell dient der glykämische Index als Maßstab für die blutzuckersteigernde Wirkung eines Lebensmittels. Auf diese Weise vermeidet die New Nordic Diet einen übermäßigen Anstieg des postprandialen Blutzuckerspiegels und beugt der Entstehung von Typ-2-Diabetes vor [3]. Zu der Gruppe an niedrig glykämischen Lebensmitteln zählen insbesondere Vollkorngetreide sowie Obst und Gemüse, die den Körper zusätzlich mit gesundheitsfördernden Ballaststoffen, Vitaminen, Mineralien und sekundären Pflanzenstoffen versorgen.

In Bezug auf das angestrebte Kohlenhydrat-Eiweiß-Verhältnis wird auch dem Nahrungseiweiß als Makronährstoff eine besondere Bedeutung zugeschrieben. An dieser Stelle stützt sich die Zufuhrempfehlung auf Erkenntnisse der bislang weltweit größten Interventionsstudie DIOGenes (Diet, Obesity & Genes). Diese Studie konnte zeigen, dass eine eiweißreiche Ernährung in Kombination mit einer niedrig glykämischen Kost das Körpergewicht nachhaltig senken kann. Begründet wird dieser gesundheitsfördernde Aspekt hauptsächlich durch eine starke Sättigungswirkung, ausgelöst durch die hohe Aufnahme an Eiweiß und Ballaststoffen [3][4].

Laut den Empfehlungen der New Nordic Diet wird der vergleichsweise hohe Eiweißbedarf vorwiegend über den Verzehr fettarmer Milchprodukte sowie eiweißreicher Leguminosen und Nüsse gedeckt. Demgegenüber sind Eier, mageres Rind-, Geflügel- und Schweinefleisch oder gar Wildfleisch auf eine tägliche Portion begrenzt. Insgesamt empfiehlt die New Nordic Diet den Konsum tierischer Produkte, speziell den Fleischkonsum, zu reduzieren und pflanzliche Eiweißquellen zu bevorzugen. Überdies sollte bei tierischen Produkten auf einen niedrigen Fettgehalt geachtet werden.

Im Allgemeinen zeichnet sich die New Nordic Diet durch ein gesundes Fettsäuremuster mit überwiegendem Anteil an ungesättigten Fettsäuren aus [1][2][3]. Ein typisch nordischer Frühstücksklassiker, der auch in Deutschland seit wenigen Jahren im Zuge des Fitnesstrends zunehmend populärer wurde und Anklang fand, ist der traditionelle isländische Skyr, ein Joghurt, der stark eiweißreich und äußerst fettarm ist [3].

Aus ernährungsphysiologischer Sicht ist die New Nordic Diet eine ballaststoff- und eiweißreiche Kost. Als annäherndes Leitmotiv für die ideale Nährstoffzusammensetzung dient ein Kohlenhydrat-Eiweiß-Verhältnis von 2:1 [3].

Auswirkungen auf die Gesundheit

Individuen, die über ein gesundes Körpergewicht verfügen, bietet die New Nordic Diet den Vorteil, dieses langfristig und nachhaltig zu erhalten [3]. Im Rahmen einer dänischen Interventionsstudie wurde festgestellt, dass das nordische Ernährungsmuster gegenüber der derzeit üblichen dänischen Ernährungsweise auch die Körperfettmasse sowie den Taillen- und Hüftumfang reduziert [5].

In Abhängigkeit von der Gewichtsreduktion vermindert die New Nordic Diet indirekt das Risiko einer Entstehung weiterer Zivilisationskrankheiten wie Typ-2-Diabetes oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen. So stellten schwedische Ernährungswissenschaftler eine deutliche Verbesserung kardiovaskulärer Risikofaktoren bei nordisch ernährten Patienten mit milder Hypercholesterinämie fest, die zugleich durchschnittlich 3 kg ihres Körpergewichts verloren [6].

Durch den niedrigen glykämischen Index, den hohen Ballaststoffgehalt sowie das gesunde Fettsäuremuster ist die Prävention ernährungsmitbedingter Erkrankungen auch unabhängig von einer Gewichtsreduktion durch die New Nordic Diet zu erwarten. Angesichts des relativ jungen Alters der New Nordic Diet bedarf es jedoch derzeit noch weiterer Studien, um wissenschaftliche Evidenz für klar formulierte Aussagen zur präventiven und gesundheitsfördernden Wirkung zu erhalten.

Das Ernährungskonzept der New Nordic Diet ist ideal geeignet für Personen, die ein erhöhtes Körpergewicht aufweisen und eine Gewichtsreduktion anstreben.

Akzeptanz

Studie unter Anwendern

Jenseits aller gesundheitsfördernden Aspekte stellt sich die Frage, inwieweit die New Nordic Diet als anwenderfreundlich bezeichnet werden kann. Denn ohne eine gute Compliance durch leichte Umsetzbarkeit und Genuss lässt sich eine langfristige Ernährungsumstellung nicht erreichen.

Auch in diesem Punkt waren sich die Ernährungswissenschaftler und Gastronomen einig und beschlossen, mögliche Anwender vor allem über die nordische Identität, typisch-nordische Geschmackskomponenten, das gastronomische Potenzial und die leichte Umsetzbarkeit im Alltag zu überzeugen [1]. Wie die NORDIET-Studie zeigte, gelang ihnen diese Herausforderung. Über einen Zeitraum von insgesamt 78 Wochen reagierten die Probanden mit großer Zufriedenheit und hoher Compliance auf die New Nordic Diet [5][7].

Einzig der finanzielle Aspekt der kostspieligeren, regionalen und biologisch produzierten Lebensmittel sowie der erhöhte Zeitaufwand bei der Zubereitung der Mahlzeiten stellte sich als leichte, jedoch überwindbare Hürde heraus.

Akzeptanz in Deutschland?

Doch wie würden die Deutschen dem Ernährungsmuster der New Nordic Diet gegenüberstehen?

Vergleichen wir die New Nordic Diet mit den durchschnittlichen deutschen Ernährungsgewohnheiten, würde sie vermutlich besonders im Norden Deutschlands aufgrund der ähnlichen Lebensmittelauswahl an Kohl-, Wurzelgemüse- und Fischgerichten großen Anklang finden. Allerdings unterscheidet sich die New Nordic Diet deutlich in der höheren Gesamtenergiezufuhr aus Eiweiß, die im Vergleich zu den Empfehlungen der DGE ca. 10–15 % höher ist. Auch der Konsum an Milchprodukten ist in Skandinavien deutlich höher als in Deutschland und wird als nicht nachhaltig angesehen. Laut der EAT-Kommission sollte dieser auf 250 g Milchprodukte pro Tag begrenzt sein [8].

Vergleich zur Mittelmeer-Diät

Wesentlich berühmter als die New Nordic Diet ist die traditionelle Mittelmeer-Diät, die für ihre gesundheitsfördernden Wirkungen auf das Herz-Kreislauf-System bekannt ist. Gekennzeichnet ist die mediterrane Ernährung durch eine reichliche Auswahl an Obst und Gemüse sowie Getreideprodukten, wie beispielsweise Pasta, und dem hohen Verzehr an nativem Olivenöl [9].

Stellt man die mediterrane Ernährung der New Nordic Diet gegenüber, ist Letztere in Bezug auf die Obst- und Gemüseauswahl sowie den Konsum tierischer Produkte der üblichen Ernährung in Deutschland deutlich ähnlicher. Besonders im Hinblick auf den Verbrauch tierischer Produkte weicht die Mittelmeer-Diät mit maximal 1–2 wöchentlichen Portionen deutlich vom üblichen Verzehr in Deutschland und in der New Nordic Diet ab.

Kernaussagen

  • Bei der New Nordic Diet handelt es sich um ein neues, modernes nordisches Ernährungskonzept, das auf der Auswahl regionaler, biologisch erzeugter Lebensmittel beruht und sich vor allem durch eine hohe Zufuhr an Eiweiß und Ballaststoffen auszeichnet.
  • Sie eignet sich insbesondere für Reduktion und Erhalt des Körpergewichts und wirkt sich positiv auf die Prävention von ernährungsmitbedingten Erkrankungen aus.
  • Darüber hinaus schont die New Nordic Diet nachhaltig den Bestand natürlicher Ressourcen, verringert die Treibhausgasemissionen und schützt die Umwelt vor Schadstoffbelastungen durch Minimierung weiter Transportwege.
Literatur

[1] Mithril C, Dragsted LO, Meyer C. et al. Guidelines for the New Nordic Diet. Public Health Nutrition 2012; 15: 1941-1947
[2] Mithril C, Dragsted LO, Meyer C. et al. Dietary composition and nutrient content of the New Nordic Diet. Publish Health Nutrition 2013; 16: 777-785
[3] Astrup A, Brand-Miller J, Bitz C. et al. Nordisch Abnehmen. München: riva Verlag; 2019
[4] Larsen TM, Dalskov SM, van Baak M. et al. Diets with high or low protein content and glycemic index for weight-loss maintenance. N Engl J Med 2010; 363: 2102-2113
[5] Poulsen SK, Due A, Jordy AB. et al. Health effect of the New Nordic Diet in adults with increased waist circumference: a 6-mo randomized controlled trial. Am J Clin Nutr 2014; 99: 35-34
[6] Adamsson V, Reumark A, Frederiksson IB. et al. Effects of a healthy Nordic diet on cardiovascular risk factors in hypercholesterolaemic subjects: a randomized controlled trial (NORDIET). J Intern Med 2015; 269: 150-159
[7] Poulsen SK, Crone C, Astrup TM. et al. Long-term adherence to the New Nordic Diet and the effects on body weight, anthropometry and blood pressure: a 12-month follow-up study. Eur J Nutr 2015; 54: 67-76
[8] Willett W, Rockström J, Loken B. et al. Food in the Anthropocene: the EAT–Lancet Commission on healthy diets from sustainable food systems. Lancet 2019; 393: 447-492. DOI: 10.1016/S0140–6736(18)31788–4
[9] Tuttolomondo A, Simonetta I, Daidone M. et al. Metabolic and vascular effect of the Mediterranean Diet. Int J Mol Sci 2019; 20: 4716. DOI: 10.3390/ijms20194716

Der Artikel ist erschienen in der E & M 1/2021.

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Vanessa Karstens M.Sc. studierte 2015–2018 Ökotrophologie (B. Sc.) an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. Im Anschluss Studium der Ernährungs- und Lebensmittelwissenschaften mit Abschluss Master of Science im Dezember 2020. In ihrer Masterarbeit befasste sich Vanessa Karstens detailliert mit der Ernährungsphysiologie und der gesundheitlichen Wirkung der New Nordic Diet.

Prof. Dr. Dr. Anja Bosy-Westphal ist Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM). 1992–1996 Studium der Ökotrophologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (Diplom-Ökotrophologin). 2000–2009 Studium der Humanmedizin, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. 2002 Promotion zum Dr. oec. troph. und 2012 Habilitation (Venia Legendi) im Fach Ernährungsmedizin. 2016 Promotion zum Dr. med. 2012–2017 Lehrstuhl für Angewandte Ernährungswissenschaft und Diätetik (W3-Professur) und Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Ernährungsmedizin an der Universität Hohenheim. Seit Oktober 2018 Lehrstuhl für Humanernährung (W3-Professur) am Institut für Humanernährung und Lebensmittelkunde der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel.