SporternährungTrinken beim Sport: individuell und zielorientiert

Eine individuelle Trinkstrategie beim Sport kann die Leistungsfähigkeit unterstützen und die Regeneration optimieren. Lesen Sie, worauf es ankommt.

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Im Sport sollten eine Hypo-, aber auch eine Hyperhydratation vermieden werden. Beides beeinträchtigt die Leistung.

von Uwe Schröder und Günter Wagner

Kernaussagen

  • Sportliche Leistungen sind geknüpft an einen ausgeglichenen Flüssigkeitshaushalt und die Restitution von durch den Schweiß verlorenen Elektrolyten.
  • Eine individuelle Trinkstrategie, die bereits in der Trainingsphase zum Einsatz kommt, unterstützt die Leistungsfähigkeit des Körpers und fördert nach dem Sport oder Wettkampf die Regeneration.
  • Trinkempfehlungen richten sich an die individuellen physiologischen Voraussetzungen und berücksichtigen neben der Art und Dauer der sportlichen Leistung die Mineralstoffverluste durch den Schweiß, ggf. einen Ausgleich verbrauchter Kohlenhydrate sowie die aktuellen Wetterbedingungen.

Inhalt

Zu wenig und zu viel getrunken schränkt Leistungsfähigkeit ein

Gut hydriert starten

Belastungsempfinden steigt bei Hypohydratation

Individuelle Schweißverluste bestimmen

Schweiß ist mehr als Wasser

Energiequelle Mono- und Disaccharide

Die Sport-Mineralstoffe Calcium und Magnesium

Literatur

Ca. 65 % des gesamten Körperwassers sind intrazellulär, 35 % extrazellulär lokalisiert [1]. Insbesondere bei hohen Außen- oder Hallentemperaturen, bei hoher Luftfeuchtigkeit und bei sehr langen, intensiven Aktivitäten kann sich dieses Verhältnis durch sportbedingte Schweißverluste drastisch ändern. Daraus können sowohl bei einer Hypo- als auch bei einer, meist auf Verhaltensfehlern basierenden, Hyperhydratation ernsthafte gesundheitliche Beeinträchtigungen resultieren [2][3]. Grundsätzlich sollte während des Trainings und im Wettkampf nicht mehr getrunken werden als ausgeschwitzt wird. Ist das Körpergewicht nach dem Sport höher als zu Sportbeginn, wurde zu viel getrunken. Dieses als „Overdrinking“ bezeichnete Phänomen ist die Hauptursache für eine kritische Natrium-Blutkonzentration von weniger als 135 mmol Na/Liter Blut während der Aktivität [4][5][6]. Seit 1985 wurden weltweit 14 Todesfälle durch eine sportbedingte Hyponatriäämie (EAH = Exercise-associated Hyponatremia) dokumentiert [7].

Praxistipp

Dem Risiko des Overdrinkings und der resultierenden Wasserintoxikation trägt die Empfehlung der International Marathon Medical Directors Association (IMMDA, 2018) Rechnung: Während eines Marathonlaufs sollten nicht mehr als ca. 900 ml pro Stunde getrunken werden.

Vor dem Start helfen natrium- bzw. kochsalzhaltige Getränke, das Wasser im Körper zu binden und gut hydriert zu starten. Es wird empfohlen, 4 Stunden vor Training/Wettkampf langsam ca. 5–7 ml salzhaltige Getränke pro kg Körpergewicht (KG) zu trinken, entsprechend 350–500 ml bei einem 70 kg schweren Sportler. Wird bis ca. 2 Stunden vor Belastungsbeginn kein Urin produziert oder ist dieser noch sehr dunkel, sollten weitere 3–5 ml/kg KG getrunken werden. So besteht ausreichend Zeit für die Urinausscheidung, um gut hydriert zu starten.

Merke: Das Ziel ist: Hypo- und Hyperhydratation vermeiden!

Während der Aktivität müssen Trinkmenge und Inhaltsstoffe des Getränks mit Intensität, Dauer und Art der sportlichen Aktivität korrespondieren, um die individuellen Sportziele effektiv zu unterstützen. Der Hydratationsstatus zu Beginn der Aktivität, die während des Sports zu erwartenden individuellen Schweißverluste und die Verträglichkeit sind ebenfalls zu berücksichtigen.

Die individuelle Trinkmenge ist so zu wählen, dass während des Sports Verluste der Körpermasse von mehr als 2 % bei Hobbyathleten und bis 3 % bei leistungsorientierten Sportlern vermieden werden. Parallel darf die Trinkmenge nicht zur Hyperhydratation führen [8]. Mit zunehmendem Flüssigkeitsdefizit werden sowohl die mentale als auch die physiologische Leistungsfähigkeit deutlich vermindert.

Bei kurzen intensiven Belastungen ist die Leistungsfähigkeit durch Hypohydratation weit weniger beeinträchtigt als die Ausdauerleistungsfähigkeit. Sie kann vor allem bei weniger gut Trainierten bereits ab einem Wasserverlust von 2 % des Körpergewichts eingeschränkt sein. Ab dieser Grenze steigt die Körperkerntemperatur. Die Herzleistung und damit die aerobe Leistung sinken [9][10][11].

Merke: Ein Wasserverlust von 2 % des Körpergewichts kann die Ausdauerleistung bereits beeinträchtigen.

2 % entsprechen bei einem 75 kg schweren Sportler einem Schweißverlust von ca. 1,5 Liter, der aus intrazellulärem, interstitiellem und aus Wasser aus dem Blut resultiert. Der Wasseranteil des menschlichen Körpers ist bezogen auf die fettfreie Masse recht konstant und beträgt ca. 74 %. Damit erklären sich hohe Wasserdefizite von 4 % ohne Leistungseinschränkung bei Spitzenathleten. Ihre fettfreie Masse ist hoch, entsprechend hoch ist ihr „Wasserdepot“. Freizeitsportler hingegen weisen meist einen höheren Körperfett-, aber einen geringeren Muskelanteil und somit weniger verfügbares Körperwasser auf.

Schweißbedingte Wasserverluste von mehr als 5 % des Körpergewichts schränken die Leistungsfähigkeit bis zu einem Drittel ein und sollten auch im Hochleistungssport grundsätzlich vermieden werden. 

In Spielsportarten mit hoher kognitiver Beanspruchung kann es bereits bei geringeren Schweißverlusten zu Beeinträchtigungen des Leistungsniveaus kommen. Im Rahmen der Rosbacher Trinkstudien wurden bereits bei einem Wasserdefizit von nur 1 % der Körpermasse verminderte mentale Leistungsparameter gemessen [12][13]. Daher sind die seit 2014 bestehenden Regeländerungen der Major Soccer League, der FIFA sowie bei den US Open im Tennis hinsichtlich hitzebedingter Trinkpausen auch zur Stabilisierung der mentalen Leistungsfähigkeit sinnvoll. Für sehr hohe Umgebungstemperaturen wurden im Fußball erst kürzlich längere Kühlpausen eingeführt [14].

Viele Sportler und Sportlerinnen beginnen ihr Training schlecht hydriert oder starten mit einem bereits bestehenden Wasserdefizit in Wettkämpfe. Unter diesen Bedingungen können bereits während Trainingseinheiten von weniger als einer Stunde Dauer ohne Getränkeaufnahme ein erhöhter Anstrengungsgrad und relevante Leistungseinschränkungen resultieren [4]. Bei Sportanfängern, Gesundheitssportlern und Aktiven mit der Zielsetzung Gewichtsreduktion führt dies oft zum vorzeitigen Abbruch der geplanten Aktivität. Ein frühzeitiger Ausgleich der Schweißverluste kann ein Fortsetzen der Aktivität durch geringeres Belastungsempfinden begünstigen und damit zum Erreichen der sportlichen/gesundheitsorientierten Zielsetzung beitragen.

Praxistipp: Geschmack und Temperatur beeinflussen die Akzeptanz von Getränken und können so die Trinkmengen erhöhen und das Erreichen der Zieltrinkmengen erleichtern oder entsprechend bei geschmacklicher Nichtakzeptanz erschweren.

Die in Studien durchschnittlich gemessenen Schweißverluste variieren stark zwischen 0,5–1,9 l/h [15]. Hitzeakklimatisierte Aktive weisen höhere Schweißraten und damit ein höheres Hypohydratationsrisiko auf [16]. Für alle regelmäßig und leistungsorientiert Aktiven sollte es daher selbstverständlich sein, den individuellen Wasserbedarf während und nach dem Sport sowie bei unterschiedlichen Umgebungsbedingungen zu kennen und entsprechend zu handeln. Um die individuellen Schweißverluste zu bestimmen, hat sich das Wiegen vor und nach der Aktivität als gesicherte, evidenzbasierte Maßnahme etabliert [17].

Link Hydratationstest: Ein Vordruck für einen Hydratationstest unter Berücksichtigung von Urinverlusten und Getränkeverzehr steht als Download unter www.dise.online zur Verfügung.

Unter Ruhe- und Alltagsbedingungen ist das Durstgefühl zur Regulation des individuellen Getränkekonsums meist ausreichend. Auch Aktiven wird empfohlen, während der Aktivität erst dann zu trinken, wenn sie Durst empfinden – ein Sportbeginn im gut hydrierten Zustand vorausgesetzt [23].

Im Wettkampf kann das Durstempfinden allerdings wegen der Ausschüttung von Stresshormonen unterdrückt werden. Auch bei Mannschaftssportarten, bei älteren Sportlern sowie bei Kindern und Jugendlichen ist das Durstempfinden während des Sports oft kein ausreichend valider Indikator, der die Stabilisierung des Wasserhaushalts sicherstellt [18]. Daher ist für sie ein „Trinken nach Plan“ die empfehlenswerte Variante.

Mit dem Schweiß werden relevante Mengen an Elektrolyten ausgeschieden, vorwiegend Natrium, Calcium und Magnesium sowie in geringen Mengen Kalium (Tab. 1). Die Natriumkonzentration im Schweiß ist im Vergleich zur Blutnatriumkonzentration hypoton. Sie nimmt ab ca. 45 Minuten Sportdauer mit der Länge der Aktivität zu und beträgt durchschnittlich ca. 50mmol/l, entsprechend ca. 1,8 g Salz/l [4][19].

Tab. 1 Durchschnittliche Schweißverluste bzw. Elektrolytgehalt im Ganzkörperschweiß und Elektrolytempfehlungen für ein Rehydratationsgetränk beim Marathon [19]. Daten aus 13 Studien.

    

          Cl-          Na+       K+    Ca2+        Mg2+     
  Durchschnitt ca.   1015  750  170  40   20
  Absorption  100  100  100  30*  35*
  Praxisempfehlung**  300–1300    200–900    120–200    200  100

*  Da die Resorptionsquote bei Calcium und Magnesium nur 30–35% beträgt, muss die aufzunehmende Menge zum Ausgleich dreimal so hoch sein. 
** Deutsches Institut für Sporternährung e.V

 

Wird bei geringen Schweißverlusten und kurzen Trainingseinheiten getrunken, ist aus den beschriebenen Gründen mineralstoffreiches Mineralwasser ausreichend. Zum Ausgleich hoher Schweißverluste bei hohen Lufttemperaturen und bei Aktivitäten von mehr als 120 Minuten sollten Getränke mindestens 400mg Natrium/l enthalten [4][20]. 

Besonders „gesundheitsorientierte“ Ausdauersportler, die im Alltag ihre Salzaufnahme bewusst einschränken oder zusätzliche Schweißverluste z. B. durch regelmäßige Saunabesuche aufweisen, sollten gezielt auf den Natrium-/Kochsalzgehalt des Sportgetränks achten [18][23].

Ist die Zielsetzung des Trainings, einen Reiz für den Fettstoffwechsel zu setzen, kann auf Kohlenhydrate im Getränk verzichtet werden. Um während intensiver Aktivitäten, z.B. beim Intervalltraining, in Ballsportarten oder während langer Ausdauereinheiten mit Wettkampfgeschwindigkeit, Energie bereitzustellen, sind schnellverfügbare Kohlenhydrate im Getränk jedoch sinnvoll.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat 2011 zwei Health-Claims für Sportgetränke beim Ausdauersport verabschiedet: „Kohlenhydrat-Elektrolyt-Getränke erhöhen  die Absorption von Wasser während körperlicher Anstrengung“ und „Kohlenhydrat-Elektrolyt-Getränke tragen zum Erhalt der Ausdauerleistung während längerem Ausdauertraining bei.“ Die Getränke sollen 80–350kcal pro Liter aus Kohlenhydraten liefern (ca. 20–87g). Davon müssen mindestens 75% eine deutliche Wirkung auf den Blutzuckerspiegel auslösen. Mono- und Disaccharide sowie Maltodextrine sind somit als Energielieferanten gefordert. Weiterhin muss ein derartiges Sportgetränk nach EFSA-Vorgaben mindestens 460mg und maximal 1150 mg Natrium pro Liter (ca. 1,2g Kochsalz) enthalten. Zudem müssen die Getränke leicht hypoton oder mindestens isoton sein [20].

2018 hat die EFSA eine weitere Wirkaussage für Getränke zur Unterstützung spezifischer sportlicher Aktivitäten formuliert: „Kohlenhydratlösungen können zu einer Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit während intensiver und langer körperlicher Aktivität bei gesunden Erwachsenen beitragen“. Um den Effekt zu erzielen, sollten die Getränke zwischen 30 und 60 g KH/h Glucose, Gemische aus Glucose und Fructose, Saccharose und/oder Maltodextrine enthalten. Bei sehr langen Aktivitäten (>2h) sind bis zu 90 g KH/h sinnvoll. Hier sollte der Fructose-Anteil etwa ein Drittel der Gesamtkohlenhydrate ausmachen. 
Die Zielgruppe sind gesunde, trainierte Erwachsene bei mindestens 60-minütiger körperlicher Aktivität mit hoher Intensität (> 65% der VO2max) [22].

Praxistipp

  • Mengen unter 20 g KH/l sind kaum wirksam, bei mehr als 90 g KH/l kommt es leicht zu Unverträglichkeiten.
  • Belastungsintensitäten > 70% VO2max beeinflussen die Magenentleerungsrate negativ. 
  • Wird das Trinken bereits im Training „mittrainiert“, können Magenentleerungsrate und Verträglichkeit auch unter Wettkampfbedingungen verbessert werden [21].

Bei sportlichen Aktivitäten gehen über den Ganzkörperschweiß durchschnittlich ca. 40 mg Calcium und 20 mg Magnesium pro Liter verloren (s. Tab.1) [19]. Sinnvollerweise wird der vollständige Ersatz der Wasserverluste nach der Aktivität daher mit dem Ersatz dieser Elektrolytverluste durch mineralstoffreiches Mineralwasser kombiniert. Mineralwässer mit einem nennenswerten Calcium- und Magnesiumgehalt sowie einem Verhältnis dieser Mineralstoffe von 2:1 können einen Beitrag leisten, beide Elektrolyte zu ersetzen und minimieren das Risiko von Mineralstoffdysbalancen.

Merke: Ein Hydrogencarbonatgehalt (HCO3) > 1000mg/l wertet das Mineralwasser zusätzlich auf.

Auch der Weltfußballverband FIFA empfiehlt den Konsum von Mineralwasser statt Leitungswasser wegen der Mineralisierung und des möglichen Gehaltes an unerwünschten Stoffen im sog. Stagnationswasser [14]. Gefährlich ist Stagnationswasser, wenn veraltete Wasserleitungsrohre verbaut sind oder sich Biofilme in den Leitungen bilden. Verunreinigungen durch Stoffe wie Blei können die Folge sein. Auch die Perlatoren der Trinkwasserhähne von Sporthallen, Trainingsplätzen und Fitness-Studios müssen regelmäßig getauscht oder zumindest gereinigt werden.

Merke: Mineralstoffreiches Mineralwasser sollte beim Sport dem Trinkwasser vorgezogen werden.

Mineralstoffreiches Mineralwasser ist ebenfalls als Regenerationsgetränk empfehlenswert. Trinkmengen, die addiert mit den während der Aktivität verzehrten Getränken die Schweißverluste zu mindestens 130% ersetzen, sind anzustreben. Lebensmittel wie Laugengebäck oder Salzstangen können den Natriumanteil beisteuern und sind darüber hinaus Lieferanten von schnell verfügbaren Kohlenhydraten zur Resynthese der entleerten muskulären Glykogenspeicher.

Für die Wiederauffüllung der Glykogenspeicher nach sehr langen und intensiven Trainingseinheiten wird auch Kalium benötigt. Fruchtsaftschorlen sowie alkoholfreies Bier und alkoholfreier Apfelwein sind kaliumreich und gute Kohlenhydratlieferanten. Sie genießen eine hohe geschmackliche Akzeptanz und sind daher gerade im Freizeit- und Breitensport praktikable Recovery-Getränke.

Literatur

Die Literaturliste finden Sie hier.

Der Artikel ist erschienen in der e & m 1/2020.

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Uwe Schröder ist Dipl.-Oecotrophologe. Er führt praxisorientierte Studien und das Sportler-Ernährungs-Coaching am Deutschen Institut für Sporternährung e.V. durch und berät Patienten des ambulanten Rehabilitationsbereichs der Sportklinik Bad Nauheim. Zudem ist er Lehrbeauftragter für „Sportlerernährung“ an der Hochschule Fulda.

Günter Wagner ist als Dipl.-Oecotrophologe Mitglied des Vorstandes im Deutschen Institut für Sporternährung e.V. Im Rahmen der sportmedizinischen Betreuung der Sportkliniken Bad Nauheim und Frankfurt berät Leistungs- und Freizeitsportler. Er ist Mitglied des wissenschaftlichen Beirats des VFED e.V. sowie Zweiter Vorsitzender der Gesellschaft für Gehirntraining (GfG) e.V., Ebersberg.

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