RückenschmerzAuf gesunden Füßen stehen

Plattfuß, Senkfuß, Hohlfuß – Fußdeformitäten können an einer ganzen Reihe von Beschwerdebildern beteiligt sein: Schmerzen und Bewegungseinschränkungen, die die Lebensqualität mindern, Veränderungen von Gang und Haltung sowie weitere Folgen. Lesen Sie, wie verschiedene Fußdeformitäten entstehen und welche Auswirkungen sie haben können.

Füße auf einer weißen Liege, die Behandelnde hat beide Hände an den Fersen.
K. Oborny/Thieme

Plattfuß, Senkfuß, Hohlfuß: Erfahren Sie, wie verschiedene Fußdeformitäten entstehen und welche Auswirkungen sie haben können.

von Günter Steinfurth

Fußdeformitäten können über Muskelketten und das Fasziensystem auch den gesamten Bewegungsapparat beeinträchtigen, zu arthrotischen Beschwerden führen oder Kopfschmerzen auslösen. Es kann durch sie zu Veränderungen der Durchblutung als Folge einer Einschränkung der Sprunggelenks- und Wadenmuskelpumpe kommen mit Ödembildung, Nagel- und Hautveränderungen etc.

Inhalt

Der Hohlfuß

Der Senkfuß

Der Knickfuß

Der Plattfuß

Der Spreizfuß

Der Klumpfuß

Der Sichelfuß

Behandlung durch Spezialisten und eigenverantwortlich

Sie können sich aber auch auf unsere Diaphragmen auswirken und damit auch auf die inneren Organe. Das lässt sich am besten durch folgenden Selbsttest nachempfinden: Stellen Sie sich aufrecht hin, atmen Sie tief in den Bauch ein. Spüren Sie, wie sich Ihr Brustkorb weitet, sich der Bauch ausdehnt, das Zwerchfell nach unten senkt. Atmen Sie aus und danach noch einmal tief in den Bauch ein – doch zuvor senken Sie Ihr Fußlängsgewölbe nach innen ab und nehmen X-Bein-Stellung ein. Wie fühlt sich das an?

Im Folgenden werden die häufigsten Fußdeformitäten und ihre Folgen aufgeführt:

Ein Hohlfuß (Pes cavus) bildet sich als Folge einer Überhöhung des Fußlängsgewölbes. Os naviculare und Os cuneiforme I – die beiden wichtigsten Knochen des Längsgewölbes – sind deutlich weiter vom Boden entfernt als bei einem regulär gewölbten Fuß. Ein Großteil des Mittelfußes hat dadurch keinen Kontakt mehr mit dem Boden.

Was verursacht einen Hohlfuß?

80 % der Betroffenen leiden an einer neurologischen Erkrankung, beispielsweise an einer Lähmung infolge einer Apoplexie, Spina bifida oder Friedreich-Ataxie. Aber auch eine Schwäche der kurzen Zehenmuskeln, verursacht beispielsweise durch lokale Nervenschädigung, falsche Belastung durch nicht passende Einlagen, lokale Traumata mit Schädigung von Fußmuskeln, Faszien oder Gelenken sowie das Kompartmentsyndrom können einen Hohlfuß verursachen.

Wie zeigt sich ein Hohlfuß?

Typische Zeichen für einen Hohlfuß sind: schmerzhafte Druckstellen bis hin zu Schwielen entstehen im Bereich der Auflagepunkte an den Köpfchen der Mittelfußknochen I und V (Ossa metatarsalia I und V), seltener an der Ferse, regelmäßig am Fußrücken. Die Plantarfaszie ist sehr gespannt, rigide und oft druckschmerzhaft.

Gangbild: Der Gang wirkt unelastisch, angestrengt. Kurze und schnelle Schritte sind typisch.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die Spannung der Plantarfaszie überträgt sich häufig auf die Achillessehne, was zu einer Reizung derselben führt. Unter Umständen kommt es auch zu einer diskret eingeschränkten Streckung des Knies, dadurch zu einer erhöhten Spannung der hinteren Oberschenkelmuskulatur, was ischialgieforme Beschwerden bis hin zu einer verstärkten Spannung des Beckenbodens und Veränderungen der Beckenstellung zur Folge haben kann. Ein Chronisches Beckenbodenschmerzsyndrom (CPPS) kann durch einen Hohlfuß entstehen. Bei starker Ausprägung des Hohlfußes kippt die Sprunggelenksachse nach außen, sodass die Beine zur O-Bein-Stellung tendieren.

Die Überhöhung des Fußlängsgewölbes kann sich auch auf das Fasziensystem auswirken. Thomas Myers, Begründer der sogenannten Anatomy Trains®, unterscheidet verschiedene anatomische Zuglinien. Sie kommen durch die Kontinuität bestimmter Faszienverläufe zustande. Die oberflächliche Rückenlinie (ORL) erstreckt sich von der Plantarfaszie über die Faszien der Wade, des hinteren Oberschenkels und des Rückens bis zum Hinterhaupt und der Kopfschwarte. Über die ORL kann die Spannung der Plantarfaszie daher Beschwerden in deren gesamten Verlauf hervorrufen, beispielsweise Blockaden im Iliosakralgelenk, Rücken- oder Kopfschmerzen.

Krallenzehen oder Hammerzehen sind eine häufige Komplikation des Hohlfußes. Die Spannung der Faszien und Sehnen der Fußsohle überträgt sich auf die Zehen und bringt diese in eine unnatürliche Beugestellung. Es bilden sich an den Belastungszonen Druckstellen und Schwielen.

Ein Senkfuß bildet sich als Folge einer Absenkung des Fußlängsgewölbes. Os naviculare und Os cuneiforme I sind dabei deutlich zum Boden hin abgesunken.

Was verursacht einen Senkfuß?

Eine (angeborene) Schwäche der Bänder und Muskeln kann Ursache sein. Falsche Belastung im Stehen (häufig bei Menschen, die berufsbedingt viel stehen), Übergewicht und Schwangerschaft können zu einem Senkfuß führen. Auch Traumata kommen als Ursache in Betracht.

Wie zeigt sich ein Senkfuß?

Typisches Zeichen für einen Senkfuß ist, dass der Zehenstand für die Betroffenen oft schwierig ist. Wird die Großzehe am betroffenen Fuß angehoben, zeigt sich das Fußgewölbe wieder.

Gangbild: Der Gang ist unauffällig, nur bei ausgeprägter Fehlstellung wirkt er etwas mühsam und leicht watschelnd.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die Beweglichkeit in den Sprunggelenken ist vermindert und damit auch die Pumpwirkung auf die Lymphgefäße und die Venen am betroffenen Fuß. Es können daher vermehrt Stauungen mit den damit verbundenen trophischen Störungen an Nägeln und Haut auftreten. Das kann in der Folge zu Wundheilungsstörungen sowie vermehrt Pilzerkrankungen am betroffenen Fuß führen. Aus einem unbehandelten Senkfuß kann ein Plattfuß oder Knickfuß werden.

Der Knickfuß (Pes valgus) tritt in der Regel zusammen mit oder als Folge eines Senkfußes auf (Knicksenkfuß). Das Absinken des Längsgewölbes lässt den Innenknöchel stärker hervortreten. Eine Tendenz zur X-Bein-Stellung ist die Folge.

Wie zeigt sich ein Knickfuß?

Gangbild: Beim Gehen ist eine Instabilität des Innenknöchels (Tendenz zum Einknicken nach innen) zu beobachten. In schweren Fällen knickt das betroffene Bein einfach weg. Hat sich bereits eine X-Bein-Stellung entwickelt, berühren sich die Knie beim Gehen.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die Neigung zur X-Bein-Stellung hat erhebliche Folgen für Knie-und Hüftgelenk sowie das Becken: Schäden an den Innenbändern des Knies, am Meniskus sowie Adduktorenreizungen. Die Stellung des Gelenkkopfs im Hüftgelenk kann sich verändern, mit einer ungleichmäßigen Belastung im Gelenk als Folge. Das kann zu arthrotischen Beschwerden führen. Durch die veränderte Spannung der Hüftmuskulatur neigt der Beckenboden zu asymmetrischer Spannung. Es können daraus Beschwerdebilder resultieren wie Dysmenorrhö, Chronisches Beckenschmerzsyndrom (CPPS), Blockaden im Iliosakralgelenk etc. Die Fehlfunktion und -belastung können den Patienten in einen Teufelskreis aus sich wiederholenden Traumata (Umknicken nach innen) führen, wodurch sich das Grundleiden verstärkt.

Ein Plattfuß (Pes planus) bildet sich, wenn Längs-und Quergewölbe komplett absinken. Der Pes planus ist jedoch nicht zu verwechseln mit dem Talus verticalis, dem angeborenen Plattfuß. Der Name weist dabei schon auf eine andere Ätiologie hin: eine angeborene veränderte Stellung des Talus. Eine Korrektur sollte schon im Kleinkindalter erfolgen.

Was verursacht einen Plattfuß?

Der Plattfuß des Erwachsenen kann viele Ursachen haben: Wie beim Senkfuß kommen Muskel- (insbesondere M. tibialis posterior) und Bänderschwäche infrage, aber auch Traumata, rheumatoide Arthritis, Lähmungen nach Apoplexie, Nervenschädigungen und Fehlbelastungen.

Wie zeigt sich ein Plattfuß?

Gangbild: Der Patient kommt mit patschenden Schritten daher. Schwung für das Abrollen holt er aus Knie- und Hüftgelenken, was zu einem schaukelnden Gang führen kann. Eine elastische Federung ist kaum noch zu erkennen.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die Folgen für Knie- und Hüftgelenk sind beim Plattfuß ebenso erheblich wie beim Senkfuß. Denn das Absinken des Längsgewölbes begünstigt wiederum die Entstehung eines Knickfußes, wodurch die Sprung-, Knie und Hüftgelenke stark belastet sind. Eine verfrühte Arthrose dieser Gelenke kann die Folge sein.

Ein Spreizfuß (Pes transversoplanus) entsteht, wenn das Quergewölbe abgesunken ist. Es ist die häufigste Fußdeformität.

Was verursacht einen Spreizfuß?

Die Veranlagung zur Bindegewebsschwäche spielt bei der Entstehung eine große Rolle. Übergewicht (starke Belastung), High-heels oder eine veränderte Körperstatik, beispielsweise ein Beckenschiefstand (falsche Belastung) führen zu der manifesten Fußdeformität.

Wie zeigt sich ein Spreizfuß?

Typische Zeichen: Das Körpergewicht wird nicht mehr an den beiden physiologischen Endpunkten der Längsgewölbe der Mittelfußköpfchen I und V abgefangen, sondern durch das Absinken des Quergewölbes auch im Bereich der Mittelfußknochen II–IV. An diesen Stellen kommt es häufig zu Schwielenbildung, es bilden sich auch Hühneraugen (Clavi). Diese Veränderungen zwingen den Patienten beim Gehen zu Ausweichbewegungen unterschiedlicher Art.

Gangbild: Der Patient rollt meist nicht mehr gleichmäßig ab, was sich in einem anfangs nur diskreten Hinken bemerkbar macht.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Der Spreizfuß verursacht zu Beginn keine oder nur wenige Beschwerden. Die Federungsfunktion des Fußgewölbes ist jedoch herabgesetzt. Das kann sich lokal begrenzt, aber auch auf den gesamten Bewegungsapparat auswirken. So leiden besonders die Menisken, der Beckenboden und die Wirbelsäule, weil sie als Dämpfungssysteme nun stärker belastet werden.

Häufige Komplikationen des Spreizfußes ist die Metatarsalgie, eine schmerzhafte Reizung der Bänder und Nerven zwischen den Mittelfußköpfchen.

Der angeborene Klumpfuß kann bis zu 5 verschiedene Fußdeformitäten umfassen: Pes equinus, varus, excavatus, supinatus und adductus. Er muss bereits im Kindesalter behandelt werden.

Was verursacht einen Klumpfuß?

Die Ursachen für einen angeborenen Klumpfuß sind vielfältig und noch längst nicht alle bekannt. Eine intrauterine Lageanomalie, ein über einen längeren Zeitraum bestehender Fruchtwassermangel und genetische Defekte werden diskutiert.

Der erworbene Klumpfuß hat häufig neurogene Ursachen beziehungsweise ist Folge von Schäden am Zentralen Nervensytem, beispielsweise eine Unterversorgung des Gehirns mit Sauerstoff während der Geburt, Spina bifida, (spastische) Lähmungen bedingt durch Apoplexie. Aber auch Traumata wie Verletzungen oder umfassende Frakturen der Fußwurzel kommen als Ursache infrage.

Wie zeigt sich ein Klumpfuß?

Gangbild: Beim Klumpfuß kommt es zu einer Innendrehung der Füße, sodass der Patient deutlich den Außenrand seiner Füße belastet. Die Schuhsohle ist an der Außenseite entsprechend stärker abgelaufen. Abrollen ist mit einem Klumpfuß nicht möglich, der Patient hebt daher bei jedem Schritt das Becken deutlich an. Das kann dazu führen, dass er zu schwanken scheint.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die starke Belastung des äußeren Fußrands begünstigt eine O-Bein-Stellung mit den entsprechenden Konsequenzen (siehe Hohlfuß). Ein Klumpfuß kann zu einer Spannungszunahme in der faszialen Laterallinie führen. Sie beginnt an der Basis der Mittelfußknochen, zieht sich über den M. peroneus, die Außenbänder des Knies, den Tractus iliotibialis, die Bauchmuskeln, Interkostalmuskeln und Halsmuskeln bis zum Schläfenbein. Meniskusreizungen, Hüft- und Beckenschmerzen, Schulterbeschwerden, einseitige Nacken- und Kopfschmerzen können dadurch entstehen. „Bei mir tut immer alles nur auf einer Seite weh“, ist eine typische Aussage der Patienten.

Angeborene Klumpfüße werden in der Regel in der Geburtsklinik oder spätestens bei einer U-Untersuchung durch den Kinderarzt diagnostiziert und sofort behandelt. Es treten aber immer wieder Rezidive auf. Sie zeigen sich in einer leichten Fußdeformität und/oder Fehlstellung und beeinträchtigen die Funktionalität der Fußgewölbe.

Der Sichelfuß (Pes adductus) ist eine Abweichung des Vorfußes nach medial. In Rückenlage sind die Füße der Betroffenen nach innen gedreht, sodass die Großzehen zueinander zeigen. Die Deformität ist häufig angeboren.

Was verursacht einen Sichelfuß?

Etwa 15 % der Neugeborenen haben einen angeborenen Sichelfuß. Als Ursache erwägt man eine Enge in der Gebärmutter oder Lageanomalien sowie genetische Tendenzen.

Der Sichelfuß kann durch einen verstärkten Zug des M. tibialis anterior aber auch erworben sein. Wie und warum es dazu kommt, ist allerdings unklar.

Wie zeigt sich ein Sichelfuß?

Gangbild: In meiner Praxis begegnen mir nicht selten Erwachsene mit einer Tendenz zum Sichelfuß. Besonders wenn nur ein Fuß betroffen ist, ist das Gangbild stark verändert. Der Betroffene rollt dann mit dem großen Zeh nach innen ab, er „rollt über den großen Onkel“, wie der Volksmund sagt.

Welche Folgen können diese Veränderungen haben?

Die Fehlbelastung der Gelenke des Fußes und des Beines führt zu Gelenk- und Muskelschmerzen und verfrühter Arthrose. Auch das Becken passt sich der Fehlstellung an, es können ähnliche Symptome auftreten wie beim Knickfuß. Betrachtet man zudem die Faszienzüge nach Myers, kommen Störungen auf der Vorderseite oder auf der gegenüberliegenden Seite des Körpers infrage. Diese reichen von Fehlhaltungen mit entsprechenden Muskel- und Gelenkbeschwerden über eine Verminderung des Atemvolumens bis hin zu Nacken- und Kopfschmerzen. Je nach Schweregrad kann konservativ und/oder operativ behandelt werden.

Gravierende Fußdeformitäten und besonders die Fußfehlstellungen müssen umfassend podologisch und physiotherapeutisch, häufig auch orthetisch versorgt werden. Bei Störungen der Fußgewölbe – ob als Ursache oder Teil der Beschwerden – können Patienten selbst viele Übungen durchführen.

Günther Steinfurth
Heilpraktiker Osteopathie