Long COVIDWelche Optionen bieten Phyto- und Nährstofftherapie bei Long COVID?

Ginseng, Süßholzwurzel und Rosenwurz können als Therapieoption in Betracht gezogen werden, berichtete Phytotherapie-Expertin Prof. Karin Kraft auf dem Internistenkongress.

Rhodiola rosea
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Rosenwurz gehört zu den Adaptogenen und wird traditionell bei Fatigue und Schwäche eingesetzt.

Die Phytotherapie-Expertin Prof. Karin Kraft von der Universität Rostock gab in einem Vortrag einen Überblick, ob und welche Phytotherapeutika und Nährstoffe vielversprechend in der Behandlung von Long/Post-COVID sein können.

Symptome, die im häufig Behandlungsfokus beim Long-COVID-Syndrom stehen sind u.a. kognitive Dysfunktionen, Fatigue, Belastungsintoleranz.

Um es gleich vorwegzunehmen, auch Phyto- und Nährstofftherapie bieten nicht den einen Wirkstoff zur Therapie von Long COVID. Aber es existieren wissenschaftliche Studien, die einen individuellen und symptomorientierten Behandlungsversuch stützen. Dazu gehören die Immunmodulatoren und Adaptogene unter den Phytotherapeutika sowie die Vitamine C und D.

Pflanzliche Immunmodulatoren können das Immunsystem günstig beeinflussen. Pflanzliche Adaptogene können zur körperlichen und mentalen Stabilisierung eingesetzt werden. 

Süßholzwurzel

Die Süßholzwurzel gehört zu den Immunmodulatoren. In vitro und in vivo sind u.a. antiinflammatorische, immunmodulierende, antitusive und antioxidative Wirkungen bekannt. Es existieren klinische Studien, aber nicht zum Einsatz bei Long bzw. Post-COVID.

Kraft empfiehlt als mögliche Behandlungsoption: Arzneitee aus Süßholzwurzel als Aufguss 2-3 x täglich.  

Bei arterieller Hypertonie ist die Einnahme kontraindiziert.

Ginseng

Ginsengwurzel wird als Adaptogen und Immunmodulator angewendet. Die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) hat den Anwendungsbereich als traditionelles pflanzliches Medizinprodukt bei Fatigue und Schwäche bestätigt.

Es existieren randomisierte, placebokontrollierte Studien bei verschiedenen Erkrankungen, in denen die Fatigue verbessert wurde: z.B. bei MS, chronischer Fatigue sowie zur Fatigue bei onkologischen Patient*innen. 

Die Anwendung sollte ausschließlich in Form von Arzneimitteln erfolgen und nicht als Nahrungsergänzungsmittel, empfiehlt Karin Kraft. Infrage kommen die Anwendung als Arzneitee oder Flüssigextrakt.

Rosenwurz

Das Adaptogen Rosenwurz hemmt u.a. neuroinflammatorische Stoffwechselwege, wie Studien belegen. Auch diese Arzneipflanze wurde von der EMA als traditionelles pflanzliches Medizinprodukt bei Fatigue und Schwäche monografiert.

In randomisierten placebokontrollierten Studien konnte u.a. die Wirksamkeit bei leichter bis mittelschwerer Depression, Erschöpfung, kognitiver Dysfunktion nachgewiesen werden.

Auch Rosenwurz sollte ausschließlich als Arzneimittel und nicht in Form von Nahrungsergänzungsmitteln eingenommen werden.

Vitamin D

Die immunmodulierende Wirkung von Vitamin D ist in Studien belegt. Zudem haben Untersuchungen einen Zusammenhang zwischen Vitamin-D-Mangel und Fatigue sowie Muskelschwäche gezeigt. Ebenso existieren Studien, die eine Assoziation zwischen Vitamin-D-Mangel und schwerem Krankheitsverlauf sowie erhöhter Sterblichkeit bei COVID-19 zeigen. 

Karin Kraft empfiehlt eine Vitamin-D-Substitution bei nachgewiesenem Mangel.

Vitamin C

Zur Wirkung von Vitamin C existieren zahlreiche In-vitro- und In-vivo-Studien, die u.a. antioxidative, antientzündliche, immunmodulierende, endothelregenerierende Wirkungen gezeigt haben. Pharmakologische Effekte seien aber erst bei intravenöser Gabe im Grammbereich zu erwarten, berichtete Kraft. Eine Studie zur intravenösen Gabe von Vitamin C bei Fatigue zeigte sich einer Placebogabe überlegen.

Da auch bei Post/Long-COVID prooxidative und entzündliche Vorgänge zu einem Antioxidanzienmangel führen, erscheine eine hochdosierte Vitamin-C-Gabe plausibel.

Fazit

Prof. Karin Kraft ordnete abschließend ein, dass die genannten Phytotherapeutika bei Long/Post-COVID immunmodulierend und/oder adaptogen wirken können, bei sehr geringen Nebenwirkungen. Vitamin D sollte bei nachgewiesenem Mangel substituiert werden. Die Gabe von Vitamin C erscheint plausibel.

Die Expertin empfiehlt dringend, Arzneimittel und keine Nahrungsergänzungsmittel einzusetzen, da Unterdosierungen oder Verfälschungen bei Nahrungsergänzungsmitteln möglich sind.

Quelle: Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin/Ni