ErnährungSuperfoods: Wie empfehlenswert sind Chia, Goji-Beeren & Co.?

Exotische Superfoods stehen hoch im Kurs: In Zeiten der Corona-Pandemie möchten viele Menschen ihr Immunsystem mithilfe die Ernährung stärken. Experten empfehlen: Wer sich klimabewusst und gesund ernähren möchte, sollte lieber auf regionale und saisonale Produkte zurückgreifen. 

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Heimische Superfoods wie Sanddorn sind exotischen Superfoods wie Goji-Beeren oder Chiasamen absolut ebenbürtig.

Nicht zuletzt durch die Corona-Pandemie möchten viele Menschen ihr Immunsystem durch eine gesunde Ernährung stärken. Viele Menschen erhoffen sich aus dem Verzehr weit gereister Superfoods wie Chia, Açai oder Matcha eine Extra-Portion Gesundheit und Fitness. Dabei sind ihnen heimische Lebensmittel ebenbürtig, was den Gesundheitswert angeht. Aus hygienischer, sozialer und ökologischer Sicht sind sie den Exoten sogar überlegen. Wer sich klimabewusst und zugleich gesund ernähren möchte, der sollte lieber auf regionale und saisonale Ware zurückgreifen, empfiehlt die Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin e. V. (DGEM).

Superfoods aus fernen Ländern liefern Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe. Damit sind sie aber nicht allein: Heimische Lebensmittel sind ebenso nährstoffreich. So enthalten getrocknete Goji-Beeren 48 Milligramm Vitamin C pro 100 Gramm. Frische schwarze Johannisbeeren enthalten in derselben Menge 181 Milligramm. Quinoa liefert pro 100 Gramm 4,57 Gramm Eisen und im Hafer sind es 4,25 Gramm. In Brombeeren stecken mit 153 Milligramm pro 100 Gramm mehr Anthocyane als in Açai (111 Milligramm).

Verpackt werden die Superfoods oft in hoch verarbeiteten Lebensmitteln. So gibt es beispielsweise Superfood-Müsli-Riegel wahlweise mit Açai oder Quinoa zu kaufen oder Toast mit Chiasamen. „Anbieter stellen den Gesundheitswert von Superfoods, die aus fernen Ländern zu uns kommen, gerne heraus. Ein hoch verarbeitetes Lebensmittel, das exotische Superfoods enthält, ist jedoch noch kein ernährungsphysiologisch günstigeres: Weißmehl-Toast bleibt Weißmehl-Toast, ob mit oder ohne Chia“, sagt DGEM-Präsidentin Prof. Anja Bosy-Westphal. Die Superfood-Müsli-Riegel enthalten oft ebenso viel Zucker wie herkömmliche Riegel. „Dass sie Superfoods enthalten, darf aus gesundheitlicher Sicht also kein Alibi für den Verzehr hochverarbeiteter Lebensmittel sein.“

Jedoch auch als einzelne Zutat am heimischen Herd laufen lokale Superfoods den Exoten zunehmend den Rang ab. Verbraucher*innen legen bei ihrer Kaufentscheidung immer mehr Wert darauf, wie, wo und womit das Lebensmittel produziert wurde. Die Erzeugung von Chiasamen & Co. bringt häufig ökologische Nachteile mit sich. Diese entstehen beispielsweise durch lange Transportwege und hohen Wasserverbrauch auf den Anbauflächen. Die wenigsten der weit gereisten Superfoods stammen aus nachhaltigem Anbau – mit oder ohne Bio-Label.

Dass exotische Superfoods mit Pestiziden, Schwermetallen (Blei), aromatischen Kohlenwasserstoffen, Schimmelpilzen oder mit Salmonellen kontaminiert sein können, schmälert ihr gesundes Image ebenfalls. Zwar weisen pflanzliche Superfoods aus fernen Ländern eine bessere CO2-Bilanz auf als tierische Produkte, den heimischen Superfoods sind sie aber aus sozialer und aus ökologischer Sicht unterlegen. „Planetary-Health-Diet-konform – also einer sowohl gesunden als auch ökologisch und sozial vertretbaren Ernährung entsprechend – sind Superfoods erst, wenn wir sie in unseren Breitengraden anbauen, was zum Teil schon passiert, etwa mit Quinoa“, sagt Bosy-Westphal.

Wer die Klimawirkungen und die sozialen Folgen seiner Ernährung berücksichtigen möchte, sollte auf heimische Superfoods zurückgreifen: z.B. Schwarze Johannisbeeren und Sanddorn statt Goji-Beeren.

„Wer die weitgereisten Superfoods mag, kann sie aus ernährungsphysiologischer Sicht auf seinem Speisezettel stehen lassen – immerhin enthalten sie wertvolle Vitalstoffe,“ so die Leiterin der Abteilung Humanernährung an der Agrar- und Ernährungswissenschaftlichen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel. „Es lohnt sich aber auch heimische Superfoods zu integrieren – schließlich ist es eine abwechslungsreiche, bedarfsgerechte und insgesamt ausgewogene Kost, die uns gesund und abwehrstark macht“, betont Bosy-Westphal.

Quellen

Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Ernährungsmedizin

Kuchheuser et al.: Superfoods im Fokus: Ein kritischer Blick auf Chiasamen und Co. Aktuelle Ernährungsmedizin 2021