GesundheitspolitikSchmerztherapie: Unterversorgung in vielen Teilen Deutschlands

In Deutschland mangelt es weitreichend an schmerzmedizinischen Anlaufstellen. Expert*innen fordern eine bessere Versorgung von Schmerzpatient*innen.

Ärztin behandelt Patienten mit Knieschmerzen.
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Die Bedarfsplanung in der Schmerzmedizin und die Verordnung medizinischer Cannabinoide waren zentrale Themen des diesjährigen Deutschen Schmerz- und Palliativtages.

Auf dem Deutschen Schmerz- und Palliativtag 2023 der Deutschen Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) wurden u.a. die Bedarfsplanung in der Schmerzmedizin und die Verordnung von medizinischen Cannabinoiden diskutiert.

In Deutschland leben 3,9 Mio. Menschen mit schwersten chronifizierten Schmerzen. Rein rechnerisch könnten die 1.400 Schmerzmediziner*innen maximal 420.000 von ihnen pro Quartal behandeln.

Unterversorgung in vielen Teilen Deutschlands

Bei der Ausbildungsförderung sei die Schmerzmedizin ebenfalls außen vor, kritisierte Dr. Silvia Maurer, DGS-Vizepräsidentin. Der Grund: Bei der Schmerzmedizin handelt es sich um eine Zusatzbezeichnung und nicht um eine Facharztausbildung.

Kathrin Vogler, Mitglied der Linken, merkte an, dass es in ländlichen Regionen und Städten an schmerzmedizinischer Versorgung mangelt. In Deutschland gibt es 188 Städte mit mehr als 50.000 Einwohnern ohne schmerzmedizinische Versorgung. Für ohnehin schwer kranke Menschen sind lange Wege zur Arztpraxis eine zusätzliche Hürde.

Fehlanreize im Gesundheitswesen

In der Behandlung von Rückenschmerzen gibt es mit zu viel Bildgebung in der Diagnostik und zu vielen Operationen eine erhebliche Über- und Fehlversorgung. Dem muss unter anderem durch strukturierte Behandlungsprogramme entgegengewirkt werden. Ein besonderer Ansatz sind die Gesundheitsregionen mit einer stärkeren sektorenübergreifenden Vernetzung aller Gesundheitsberufe, laut Prof. Armin Grau, Bündnis 90/Die Grünen.

Im Hinblick auf eine Verbesserung der medizinischen Versorgung wird häufig eine Kostendiskussion geführt, aber nicht der Mehrwert für die Patient*innen gesehen, so Dr. Georg Kippels, CDU. Ein großes Problem besteht darin, den ärztlichen Nachwuchs für die Schmerzmedizin zu begeistern. Ohne die Perspektive einer Facharztausbildung mit entsprechender Vergütung fehlt Ärzt*innen der Anreiz, sich für die Schmerzmedizin zu entscheiden, ergänzte Kippels.

Erster Schritt zur erleichterten Verordnung von Cannabinoiden

Alle Teilnehmer*innen des gesundheitspolitischen Symposiums begrüßten den Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) vom 16. März 2023, der die Verordnungsfähigkeit von medizinischen Cannabinoiden im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten erleichtert.

Nach wie vor gilt für Erstverordnungen aber, dass die zuständige Krankenkasse die Verordnung genehmigen muss. Auch dieser Genehmigungsvorbehalt muss aufgehoben werden, appellierte Dr. Johannes Horlemann, DGS-Präsident. Patient*innen mit starken Schmerzen und vielen erfolglosen Therapieversuchen müssen erst ein administratives Verfahren durchlaufen, bevor sie Zugang zu einer wirksamen Therapie bekommen, kritiserte Horlemann.

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. 

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