OnkologieSchlafprobleme bei Krebspatient*innen werden unterschätzt

Bei Krebserkrankungen beeinflussen sich Tumor, Schlaf und weitere Faktoren wie psychische Belastungen gegenseitig. In der Praxis wird die Schlafqualität jedoch häufig außer Acht gelassen.

Wecker im Vordergrund. Im Hintergrund versucht ein Mann einzuschlafen.
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Jede*r zweite Krebspatient*in leidet unter einer schlechten Schlafqualität. Nicht-erholsamer Schlaf beeinträchtigt die Lebensqualität der Patient*innen zusätzlich.

Jede*r zweite Krebspatient*in leidet unter einem nicht-erholsamen Schlaf und dies schadet zusätzlich der ohnehin schon stark beeinträchtigten Lebensqualität der Patient*innen. Studien zeigen, dass sich durch einfache, auch nicht-medikamentöse Maßnahmen zur Förderung des Schlafes die Lebensqualität verbessern lässt. „Dabei lassen sich noch bessere Ergebnisse erzielen, wenn man auch auf die Co-Faktoren von Schlafstörungen achtet“, betont Prof. Dr. Herwig Strik, Chefarzt der Neurologischen Klinik der Sozialstiftung Bamberg.

Leider wird in der klinischen Praxis aktuell viel zu selten nach Schlafproblemen gefragt. Die Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) rückt durch ein gemeinsames Symposium mit der Deutschen Krebsgesellschaft das Thema Schlaf, schlafbezogene Atmungsstörungen und Tumorerkrankungen auf ihrer Jahrestagung, die vom 10.-12. November 2022 in Wiesbaden stattfinden wird, in den Fokus.

Prof. Strik erklärt darin, dass es deutlich mehr Effekt habe, die Schlafstörungen sowie die mit diesen einhergehenden Faktoren, wie Depressionen, Ängste oder Schmerzen, gleichsam zu behandeln:

  • So kann eine effektive Schmerzbehandlung mit Dosisschwerpunkt in den Nachtstunden bereits zu einer Verbesserung des Nachtschlafs führen. Dabei sollten auch koanalgetische Substanzen Beachtung finden, von denen einige – z.B. das Pregabalin – auch Angstsymptome abmildern können.
  • Psychosoziale Interventionen sollten den Vorrang vor medikamentösen Behandlungen haben. Manifest depressive Symptome sollten allerdings konsequent behandelt werden, wobei der sedierende Effekt von vielen Antidepressiva zu einer raschen Entlastung der Patienten führen kann.
  • Auch wenn depressive Symptome nicht im Vordergrund stehen, sind Substanzen wie Mirtazapin oder Doxepin hilfreich, wie auch niederpotente Neuroleptika, denen der Vorzug gegeben werden sollte gegenüber Substanzen, die über den Benzodiazepinrezeptor wirken.

Schlafstörungen mehr Aufmerksamkeit schenken 

Schlafstörungen lösen keine Krebserkrankung aus, aber einige Studien geben Hinweise auf ein moderat erhöhtes Risiko für die Entwicklung von Krebserkrankungen durch Insomnie, obstruktive Schlafstörungen oder Schichtarbeit, möglicherweise durch oxidativen Stress oder Störungen des Immunsystems. Bei bestehender Erkrankung beeinflussen sich Tumor, Schlaf und die genannten Faktoren plus zusätzliche familiäre Belastungen nachgewiesenermaßen gegenseitig. Zudem ist es denkbar, dass Störungen des circadianen Rhythmus sowohl Effektivität als auch Nebenwirkungsrate von Tumortherapien beeinflussen können, wobei hier kaum belastbare klinische Daten existieren. Herwig Strik möchte dafür sensibilisieren, die Patient*innen auch nach ihrem Schlaf zu befragen.

Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin