SuchtRauchen erklärt teils regionale Unterschiede in der Sterblichkeit

Studie: In Deutschland zeigt sich bezüglich der Lebenserwartung ein Süd-Nord-Gefälle. Inwieweit kann das Rauchverhalten regionale Unterschiede in der Sterblichkeit erklären?

Ausschnitt eines Mannes, der eine Zigarette hält.
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In Süddeutschland ist der Anteil an Raucher*innen geringer als in anderen deutschen Regionen. Deutschlandweit ist dort auch die Lebenserwartung am höchsten. Forscher*innen untersuchten, inwieweit das Rauchverhalten regionale Unterschiede erklären kann.

Innerhalb Deutschlands hat der Süden die höchste Lebenserwartung. Forscher*innen am Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) gehen in einer Studie der Frage nach, inwieweit dies durch regionale Unterschiede im Rauchverhalten bedingt ist - schließlich ist in Süddeutschland der Anteil rauchender Personen geringer als in anderen Landesteilen. Für die Studie wandten die Forscher*innen ein international etabliertes Schätzverfahren an, um erstmals für deutsche Regionen den Einfluss des Rauchverhaltens auf die Lebenserwartung zu bestimmen. Die Ergebnisse weisen darauf hin, dass sich das Süd-Nord-Gefälle in der Lebenserwartung zu einem erheblichen Teil durch regional unterschiedliche Rauchgewohnheiten erklärt.

Für die Studie wurde Deutschland in fünf Regionen geteilt. „Als sich das Rauchen pandemieartig im 20. Jahrhundert in vielen Ländern ausbreitete, war der Nordwesten Deutschlands stärker betroffen als der Süden“, erläutert Pavel Grigoriev, Leiter der Forschungsgruppe Mortalität am BiB. Dies ist bis heute sichtbar.

Für Gesamtdeutschland ermittelte die Studie, dass die Lebenserwartung der Männer ohne rauchbedingte Sterblichkeit um etwa 1,4 Jahre höher wäre. In Süddeutschland (Bayern und Baden-Württemberg) ist der Verlust mit 1 Jahr aber fast um die Hälfte geringer als in Nordrhein-Westfalen (Region West 1), wo er mit 1,7 Jahren am höchsten ist. Die Unterschiede in der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westdeutschland erklären sich dagegen nur zu einem kleineren Teil aus Unterschieden im Rauchverhalten. „Hier spielen weitere Faktoren eine wichtige Rolle, die sich unter anderem aus dem schwierigen Transformationsprozess mit hoher Arbeitslosigkeit nach der Wiedervereinigung erklären“, so Grigoriev.

Bei den Frauen ähneln die regionalen Muster denen der Männer, wobei die Lebenserwartung der Frauen aktuell etwas weniger von den negativen Folgen des Rauchens reduziert wird. Ohne die rauchbedingte Sterblichkeit läge die Lebenserwartung in Deutschland insgesamt um 0,9 Jahre höher, mit regionalen Schwankungen zwischen 0,6 und 1,3 Jahren.

Soziale Unterschiede im Rauchverhalten 

Die Ergebnisse mögen auf den ersten Blick überraschen, da häufig sozioökonomische Unterschiede zwischen den Regionen als Erklärung für regionale Unterschiede in der Lebenserwartung herangezogen werden. „Diese Erklärungen schließen sich aber nicht aus“, sagt Sebastian Klüsener, Forschungsdirektor am BiB. „Das Rauchen konzentriert sich in den letzten Jahrzehnten zunehmend in sozial benachteiligten Bevölkerungsteilen. Dabei weisen wirtschaftlich schwächere Regionen tendenziell höhere Anteile an Rauchenden auf.“

Hinsichtlich zukünftiger Tendenzen ist es wichtig zu betonen, dass sich die negativen Auswirkungen bei den Männern bereits rückläufig entwickeln, während sie bei den Frauen noch weiter ansteigen. „Dies hängt damit zusammen, dass sich das Rauchen unter Frauen später ausbreitete als bei den Männern“, erklärt Klüsener. „Für die Zukunft bereitet Sorge, dass es nach 1990 gerade in Ostdeutschland und dort besonders unter Frauen zu einem Anstieg der Rauchenden gekommen ist.“

Quelle: Pressemitteilung/Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB)