Gesundheit und UmweltPlanetary Health Diet: Zukunftsfähige Ernährung für Mensch und Erde

Unser Ernährungssystem macht etwa 30 Prozent der menschengemachten Treibhausgasemissionen aus. Resultat sind globale Herausforderungen wie Ressourcenknappheit, Umweltzerstörung, Hunger, Klimawandel und ernährungsabhängige Zivilisationserkrankungen. Wie die Planetary Health Diet zur Lösung beitragen kann.

Obst, Gemüse, Fisch, Fleisch, Nudeln
N.Buroh/Thieme

Mehr pflanzliche, weniger tierische Nahrungsmittel: Die Planetary Health Diet bildet die Basis für eine gesunde und umweltverträgliche Ernährung.

Das aktuelle Ernährungssystem wird vermehrt mit globalen Herausforderungen konfrontiert: Ressourcenknappheit, steigende Umweltbelastung, Welthunger, zunehmende ernährungsabhängige Zivilisationserkrankungen verdeutlichen die Notwendigkeit einer Ernährungswende. Eine nachhaltige Ernährung soll nicht nur die Lebensqualität der heutigen Generation verbessern, sondern auch die der zukünftigen Generationen [1].

Auswirkungen des Ernährungssystems auf Gesundheit und Umwelt

Ökologische Verträglichkeit der Nahrungsversorgung

Im Hinblick auf die ökologischen Auswirkungen des Ernährungssystems ergeben sich erhebliche Umweltprobleme bedingt durch diverse Faktoren wie der Produktion, Verarbeitungsart, Vermarktung und Zubereitungsweise von Nahrungsmitteln, sowie durch die Beseitigung derer Verpackungsmaterialien [1]. Das aktuelle Ernährungssystem wirkt sich negativ auf die planetarischen Belastungsgrenzen aus, wobei vier der insgesamt neun aufgestellten Grenzen bereits überschritten sind, maßgeblich mitbedingt durch die Tierhaltung, v.a. durch die Fleisch- und Milchproduktion. Der Fleischkonsum ist weltweit innerhalb der letzten 20 Jahre um mehr als das Doppelte angestiegen und lag im Jahr 2018 bei 320 Millionen Tonnen [2].

Die Planetarischen Belastungsgrenzen setzen sich aus unterschiedlichen ökologischen Dimensionen (= globale Prozesse) zusammen, deren Überschreitung möglicherweise verehrende Folgen für die Erdgesundheit und Lebensgrundlage der Menschen bedeutet:

  • Klimawandel
  • Intaktheit der Biosphäre
  • Landnutzungswandel
  • Süßwassernutzung
  • Biogeochemische Flüsse (Stickstoff- und Phosphorbelastung)
  • Versauerung der Meere
  • Aerosolgehalt der Atmosphäre
  • Ozonverlust in der Stratosphäre
  • Neue Substanzen und modifizierte Lebensformen

Bei den vier bereits ausgeschöpften Belastungsgrenzen handelt es sich um die Landnutzungsänderung, den Biodiversitätsverlust, die Stickstoff- und Phosphorbelastung und den Klimawandel [3][4].

Entstehung von ernährungsabhängigen Zivilisationskrankheiten

Die Entstehung ernährungsabhängiger Krankheiten wird auf eine unausgewogenes Essverhalten sowie auf einen Mangel an lebenswichtigen Nährstoffen zurückgeführt. Als Ursache gilt der übermäßige Konsum von Fleisch, tierischen Lebensmittel und stark verarbeiteten Produkten [5]. Eine Vielzahl chronischer Zivilisationskrankheiten, deren Entstehung direkt oder indirekt durch die Ernährung bedingt werden, sind u.a. Adipositas, Krebs, koronare Herzkreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Diabetes mellitus Typ 2 oder Gicht [1].

Studien zufolge wird die Entstehung von Herzkreislauferkrankungen und eine erhöhtes Risiko für Schlaganfälle, Herzinfarkte und Diabetes mellitus Typ 2 u.a. mit einem übermäßigen Fleischkonsum in Verbindung gebracht [6][7].

Planetary Health Diet: Speiseplan für Gesundheit und Umwelt 

Die EAT-Lancet-Commission hat in Zusammenarbeit mit 37 Wissenschaftler*innen einen Speiseplan, die sogenannte Planetary Health Diet, entwickelt, welche als Basis für eine gesundheits- und umweltverträgliche Ernährung dienen soll. Die Planetary Health Diet vereint nicht nur Gesundheits- und Umweltschutz, sondern strebt auch die Bewältigung der weltweiten Hungerkrise an [8]. Im Jahr 2020 waren 768 Millionen Menschen weltweit von Hungersnot betroffen: In Afrika erlitten 282 Millionen Menschen Hunger und in Asien waren rund 44 Prozent der Gesamtbevölkerung von der Hungerkrise betroffen [9]. Wissenschaftler*innen der Kommission prognostizieren, dass es durch einen nachhaltigen Ernährungswandel möglich wäre, bis 2050 rund 10 Milliarden Menschen zu ernähren und gleichzeitig die Erdgesundheit aufrecht zu erhalten [8]. 

Laut der EAT-Lancet-Commission zeichnet sich eine gesunde Ernährung durch einen überwiegend vegetarischen Speiseplan aus - tierische Produkte machen nur einen geringen Anteil aus. Der Verzehr stark verarbeiteter und zuckerhaltiger Lebensmittel sowie gesättigter Fette sollte auf ein Minimum reduziert werden [8].

Die Planetary Health Diet umfasst verschiedene Lebensmittelgruppen samt empfohlener Verzehrmengen:

Lebensmittelgruppen

 Empfohlene Verzehrmenge in Gramm pro Tag (Variationsbreite)

 Kalorienaufnahme in kcal pro Tag 

Vollkorngetreide               

232 

811

Gemüse

50 (200 - 600)

39

Obst

300 (100 - 300)

78

Milch- und Milcherzeugnisse

250  (0 - 500)

126

Süßungsmittel

31 (0 - 31)

120

Tierische Proteeinquellen

Rind -, Lamm-, Schweinefleisch

14 (0 - 28)

30

Hähnchen und Geflügel

29 (0 - 58)

62

Eier

13 (0 - 25)

19

Fisch

28 (0 - 100)

40

Pflanzliche Proteeinquellen

Hülsenfrüchte

75 (0 - 100)

284

Nüsse

50 (0 - 75)

291

Fettsäuren

Ungesättigte Fettsäuren

40 (20 - 80)

354

Gesättigte Fettsäuren

11,8 (0 - 11,8)

96

Quelle: EAT-Lancet Commission (eigene Darstellung); Referenzmengen für eine tägliche Kalorienzufuhr von 2500 kcal. Die Varationsbreite des Konsums einzelner Lebensmittel zeigt den Bereich auf, der noch im umwelt- und gesundheitsverträglichen Rahmen liegt. 

Neben der Ernährungsumstellung muss auch ein Umdenken in der Lebensmittelproduktion stattfinden: Um die Produktion zukünftig nachhaltiger zu gestalten, entwickelte die Kommission neben der Planetary Health Diet zudem Strategien, um die Herstellung von Lebensmitteln im sicheren Handlungsspielraum der planetarischen Belastungsgrenzen zu halten. Ziel der EAT-Lancet-Commission ist es, eine globale Transformierung des Ernährungssystem anzustoßen, um die UN-Nachhaltigkeitsziele und das Pariser Klimaabkommen einzuhalten. Der Fokus liegt hierbei auf 6 globalen Prozesse, die maßgeblich durch die Lebensmittelproduktion beeinflusst werden:

  • Klimawandel
  • Landnutzungswandel
  • Wasserverbrauch
  • Biodiversitätsverlust
  • Stickstoffkreislauf
  • Phosphorkreislauf

5 Strategien für ein nachhaltiges Ernährungssystem

  1. Ernährungswandel weltweit anstoßen: Im Sinne der Planetary Health Diet sollten primär pflanzliche Lebensmittel in die Ernährung integriert und der Konsum tierischer Produkte reduziert werden. Der Wandel hinzu einem gesünderen Ernährungsverhalten kann gefördert werden, indem u.a. gesunde Lebensmittel leichter zugänglich und erschwinglicher werden und verstärkt in Ernährungskampagnen und öffentliche Aufklärungsarbeit durch das Gesundheitswesen investiert wird.
  2. Landwirtschaft muss Vielfalt an nahrhaften Lebensmitteln steigern: Der Fokus der Landwirtschaft muss darin liegen, eine Vielzahl gesunder und nahrhafter Lebensmittel anzubauen, die vorrangig der menschlichen Ernährung und nicht als Tierfutter dienen.
  3. Ökologische Landwirtschaft fördern: Der Einsatz von fossilen Rohstoffen muss begrenzt und der Ausstoß klimaschädlicher Emissionen deutlich reduziert werden. Ebenfalls muss u.a. der Wasserverbrauch deutlich effizienter und Reststoffe verstärkt wiederverwertet werden.
  4. Land- und Meeresnutzung gesetzlich stärker regulieren: Durch genaue Vorschriften muss geregelt werden, dass der Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse nicht auf Flächen intakter Ökosysteme ausgeweitet werden darf, um natürliche Lebensräume und Landflächen zu schützen. Aquakulturen sollten ebenfalls nachhaltig wachsen.
  5. Lebensmittelabfälle reduzieren: Lebensmittelabfälle müssen um 50 Prozent reduziert werden - die Verantwortung liegt hierbei sowohl in der Lebensmittelproduktion als auch bei den Konsument*innen [8].

Literatur 

[1] Leitzmann C, Keller M. Vegetarische und vegane Ernährung. 4. Aufl. UTB; 2020

[2] Heinrich-Böll-Stiftung & Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland.Fleischatlas. Daten und Fakten über Tiere als Nahrungsmittel. 2021; https://www.boell.de/sites/default/files/2021-01/Fleischatlas2021_0.pdf

[3] Tirado R, Miller KF, Johnson KA. Less is more: Reducing meat and dairy for a healthier life and planet. Greenpeace Research Laboratories Technical Report 2018.

[4] Steffen W, Richardson K, Rockström J et al. Planetary boundaries: Guiding human development on a changing planet. Science 2015; 347 (6223). https://doi.org/10.1126/science.1259855

[5]  von Koerber K. Fünf Dimensionen der Nachhaltigen Ernährung und weiterentwickelte Grundsätze - Ein Update. Ernährung im Fokus 2014; 14: 261–268

[6] Schwingshackl L, Hoffmann G, Lampousi AM et al. Food groups and risk of type 2 diabetes mellitus: A systematic review and meta-analysis of prospective studies. Eur J Epidemiol 201732(5): 363–375. https://doi.org/10.1007/s10654-017-0246-y

[7] Bechthold A, Boeing H, Schwedhelm C et al. Food groups and risk of coronary heart disease, stroke and heart failure: A systematic review and dose-response meta-analysis of prospective studies. Critical Reviews in Food Science and Nutrition 2017; 59(7): 1071–1090. https://doi.org/10.1080/10408398.2017.1392288

[8] EAT-Lancet Commission. Healthy Diets From Sustainable Food Systems. 2019; https://eatforum.org/content/uploads/2019/01/EAT-Lancet_Commission_Summary_Report.pdf

[9] Food and Agricultural Organization of the United Nations. The State of Food Security and Nutrition in the World. 2021; https://www.fao.org/3/cb4474en/cb4474en.pdf