WelternährungPilzkrankheiten bedrohen globale Ernährungssicherheit

Die Expertinnen Prof. Eva Stukenbrock und Prof. Sarah Gurr warnen vor zukünftigen globalen Ernährungsproblemen aufgrund von Pilzinfektionen bei Nutzpflanzen.

Teller mit Motiv der Erde und eine Gabel liegen auf einem Holztisch.
belyaaa/stock.adobe.com

Ein einheitliches Konzept zur Bekämpfung von Pilzkrankheiten ist notwendig, um eine globale Krise zu verhindern.

Trotz des weit verbreiteten Einsatzes von pilzabtötenden Pflanzenschutzmitteln (= Fungiziden) gehen in der Landwirtschaft weltweit jedes Jahr zwischen 10 und 23 Prozent der Ernten durch Pilzbefall verloren. Weitere 10 bis 20 Prozent Verlust fallen nach der Ernte an.

Die Situation wird sich zukünftig noch verschärfen. Das prognostizieren die Kieler Expertin für pflanzenschädigende Pilze, Prof. Eva Stukenbrock, und ihre englische Kollegin Prof. Sarah Gurr von der Universität Exeter, England.

Verheerende Folgen durch Pilzkrankheiten

Eine Gefahr sehen Stukenbrock und Gurr auch in neuen Erkrankungen für Mensch und Tier. Die Toleranz von Pilzen gegenüber höheren Temperaturen könnte die Wahrscheinlichkeit erhöhen, dass im Boden lebende Krankheitserreger auch Tiere oder Menschen infizieren. „Angesichts des prognostizierten Anstiegs der Weltbevölkerung steht die Menschheit vor noch nie dagewesenen Herausforderungen für die Nahrungsmittelproduktion“, erklärt Co-Autorin Eva Stukenbrock.

Pilze vernichten jährlich Nahrungspflanzen, mit denen bis zu 4 Milliarden Menschen ernährt werden können.

Bereits jetzt reichten die durch Pilzinfektionen verursachten Verluste bei den fünf wichtigsten Kulturpflanzen Reis, Weizen, Mais, Sojabohnen und Kartoffeln aus, um etwa 600 bis 4.000 Millionen Menschen ein Jahr lang täglich mit 2.000 Kalorien zu versorgen.

„Dieser besorgniserregende Trend könnte sich noch verschärfen, da die globale Erwärmung dazu führt, dass Pilzinfektionen bei europäischen Nutzpflanzen immer häufiger auftreten und die Resistenz gegen Fungizide weiter zunimmt. Dies wird für Entwicklungsländer katastrophale Folgen haben und sich auch in der westlichen Welt stark auswirken", betont Stukenbrock.

Landwirtschaft begünstigt die Ausbreitung von Pilzinfektionen

Der Anbau von genetisch einheitlichen Pflanzen auf riesigen Flächen bietet ideale Nahrungs- und Brutstätten für Pilze, die sich trotz Einsatz von Fungiziden entwickeln. Der zunehmend verbreitete Einsatz von Fungiziden, die auf einen einzigen zellulären Prozess des Pilzes abzielen, hat zur Entstehung von Fungizid-Resistenzen geführt. Um die Pilzinfektion zu bekämpfen, werden immer höhere Mengen von Fungiziden in der modernen Landwirtschaft eingesetzt, und das kann wiederum die Resistenzentwicklung beschleunigen.

Einheitliches Konzept zur Bekämpfung von Pilzinfektionen gefordert

„Ein besserer Schutz der weltweiten Nutzpflanzen vor Pilzkrankheiten erfordert einen wesentlich einheitlicheren Ansatz als bisher - mit einer engeren Zusammenarbeit zwischen Landwirtschaft, Agrarindustrie, Pflanzenzüchtung, Wissenschaft, Regierungen und Politik“, fordern die Autorinnen.

So müssten verschiedene technische Innovationen genutzt werden, um Pflanzenkrankheiten wirksamer zu überwachen, zu verwalten, zu bekämpfen und frühzeitige zu erkennen. Zudem müssten nach Verbindungen gesucht werden, die die Pilzvermehrung nicht nur an einer einzigen Stelle angreifen, sondern auf mehrere Prozesse abzielen.

 „[…] Wir brauchen jetzt dringend ein weltweit einheitliches Konzept zur Bekämpfung von Pilzinfektionen und mehr Investitionen von Regierungen, gemeinnützigen Organisationen und Privatunternehmen, um zu verhindern, dass sich das Problem zu einer globalen Katastrophe ausweitet, in der Menschen verhungern", so Gurr.

Quelle: Christian-Albrechts-Universität zu Kiel