KlimapolitikKlimawende trotz Energiekrise wichtiger denn je

Eine aktuelle Befragung zeigt: Menschen in Deutschland sprechen sich für Maßnahmen zum Klimaschutz aus, insbesondere im Hinblick auf die Energieversorgung.

Nachhaltigkeitskonzept visualisiert. Mensch hält eine Glühbirne, in der eine Pflanze wächst.
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„Die Politik sollte trotz gerade überlappender Krisen jetzt nicht nachlassen, die geplanten Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen,“ so Ortwin Renn vom Institut für transformative Nachhaltigkeitsforschung.

Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers 2022: Überlagert die aktuelle Energiekrise die Notwendigkeit ambitionierter Klimapolitik? Die Menschen in Deutschland wollen weiter an der Energiewende festhalten – trotz gestiegener finanzieller Belastungen. Mehr noch: Die Transformation zur Klimaneutralität ist ihnen gerade vor dem Hintergrund hoher Energiepreise wichtiger denn je und muss aus ihrer Sicht weiter an Tempo aufnehmen. Das zeigt die jährliche repräsentative Befragung von deutschlandweit mehr als 6.500 Personen zu Themen der Energie- und Verkehrswende, durchgeführt im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts Ariadne.

Soziales Nachhaltigkeitsbarometer

Ariadne-Forschende des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) haben das Soziale Nachhaltigkeitsbarometer der Energie- und Verkehrswende als Längsschnittstudie so konzipiert, dass die Anliegen, Erwartungen und Erfahrungen der deutschen Bevölkerung rund um die Ausgestaltung und Umsetzung der Transformationsprozesse im jährlichen Abstand wiederholt erhoben werden. 

Dieses Jahr wurden auch die Meinungen der Bürger*innen zur Energiepreiskrise im Kontext der Klimawende eingefangen.

Die durch den Angriff von Russland auf die Ukraine ausgelöste Energiekrise stellt nicht nur die Menschen in Deutschland vor besondere finanzielle Herausforderungen – auch der Klimaschutz scheint in den Diskussionen um mögliche Laufzeitverlängerungen von Kohle- und Atomkraftwerken mitunter in den Hintergrund zu treten. Dabei zeigen jetzt veröffentlichte Zahlen des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers, das von einem Team des Instituts für transformative Nachhaltigkeitsforschung (IASS) in Zusammenarbeit mit forsa durchgeführt wurde, dass die Zustimmung zu Energie- und Verkehrswende trotz steigender Preise und Unsicherheiten in der deutschen Bevölkerung weiter zunimmt.

70 Prozent der befragten Menschen sprechen sich für den Ausbau Erneuerbarer Energien, beschleunigt durch einfachere Verfahren, und damit einer Sicherung der Energieversorgung in Deutschland aus.

„Gleichzeitig kommen immer mehr Menschen aufgrund der steigenden Energiepreise an ihre finanziellen Grenzen. Die Ergebnisse des Sozialen Nachhaltigkeitsbarometers zeigen auf, welchen Herausforderungen die Menschen in Deutschland vor dem Hintergrund der aktuellen Energiekrise gegenüberstehen und welche konkreten Maßnahmen sie von der Politik erwarten“, so Ingo Wolf vom IASS

Maßnahmen für die Verkehrswende sind nicht zufriedenstellend

Der Vergleich mit den Ergebnissen aus der Befragung im vergangenen Jahr zeigt auch, dass das Interesse an der Verkehrswende von 73 Prozent auf 79 Prozent leicht gestiegen ist und mehr Menschen diese durch eigenes Handeln mitgestalten wollen. Gleichzeitig wächst bei den Menschen das Gefühl der Belastung durch höhere Mobilitätskosten und die Ungeduld an der Politik.

Mehr als 60 Prozent der Befragten sind mit den Fortschritten in der Verkehrswende unzufrieden (2021: 55 Prozent). Die Zahl der Menschen, welche die geplanten Maßnahmen für die Verkehrswende für nicht zielführend halten, hat sich von 23 Prozent in 2021 auf 40 Prozent in diesem Jahr fast verdoppelt.

Energiekosten: Meinungsklima zu erneuerbaren Energien und finanzieller Entlastung

Noch deutlicher wird den Befragten die aktuelle Krise durch die gestiegenen Energiekosten:

  • Fühlten sich 2021 noch 28 Prozent der Menschen von den Heizkosten belastet, sind es in diesem Jahr bereits 43 Prozent.
  • Der Anteil der Menschen, die auf eine günstigere Energieversorgung durch Erneuerbare hoffen, steigt auf 35 Prozent (2021: 26 Prozent).
  • Zur finanziellen Entlastung von privaten Haushalten bei steigenden CO₂-Preisen befürwortet die Hälfte der Befragten eine Rückerstattung gezielt an einkommensschwächere Haushalte. Eine pauschale Rückzahlung an alle Bürger*innen in gleicher Höhe unterstützen ca. ein Drittel aller Befragten.
  • Gleichzeitig hat eine deutliche Mehrheit (62 Prozent) wenig bis kein Vertrauen in die Politik, dass die Einnahmen aus dem CO₂-Preis an die Bevölkerung weitergegeben werden.

„Die Politik sollte trotz gerade überlappender Krisen jetzt nicht nachlassen, die geplanten Maßnahmen für den Klimaschutz umzusetzen,“ mahnt Ortwin Renn vom IASS. „Die Ergebnisse des Barometers können als Unterstützung und Aufforderung von der Bevölkerung an die politischen Vertreterinnen und Vertretern verstanden werden, die Krisen nicht gegenseitig auszuspielen, sondern im Sinne des Gemeinwohls Energiesouveränität und Klimaschutz gemeinsam zu sehen und entsprechende Maßnahmen umzusetzen.“

Quelle: Pressemitteilung/Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung