DemenzGPS-Ortung von Menschen mit Demenz ethisch vertretbar?

Teilnehmer*innen eines Online-Bürgerforums haben für den potenziellen Einsatz eine Handlungsempfehlung ausgearbeitet.

Seniorin puzzelt Kopf, Symbolbild Demenz
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In einem Online-Forum haben engagierte Bürger*innen Handlungsempfehlungen zur GPS-Ortung von Menschen mit Demenz erarbeitet.

Ein GPS-Ortungssystem könnte Angehörigen und Pfleger*innen dabei helfen, eine verschwundene Person mit Demenz wiederzufinden, nachdem diese die Orientierung verloren hat. Zugleich wirft dieses Szenario unzählige ethische Fragen im Spannungsfeld zwischen Freiheit und Sicherheit, Selbstbestimmung und Überwachung auf. Die ethischen Herausforderungen rund um den Einsatz von GPS-Ortungssystemen für Menschen mit Demenz haben Teilnehmer*innen eines innovativen Online-Bürgerforums diskutiert. Ihre Ergebnisse haben sie in einer 15-seitigen Handlungsempfehlung zusammengetragen.

In ihrer Handlungsempfehlung befürworten 17 engagierte Bürger*innen, die an dem Bürgerforum teilnahmen, den Einsatz von Ortungssystemen für Menschen mit Demenz tendenziell. Allerdings fordern sie eine absolute Freiwilligkeit der Maßnahmen. So müsse vermieden werden, dass Menschen indirekt zu einer Ortung gezwungen werden, indem Heimplätze beispielsweise nur durch eine entsprechende Zustimmung vergeben würden. Zudem betonen die Teilnehmer*innen des Bürgerforums den zentralen Stellenwert von breiter gesellschaftlicher Aufklärung, sowohl über Demenz als auch über technische Assistenzsysteme. Nur so könne gewährleistet werden, dass eine Person mit Demenz im Idealfall in einer Vorausverfügung selbst bestimmen kann, ob sie einer Ortung zustimmt. Der Datenschutz müsse im Rahmen der deutschen oder europäischen Datenschutzverordnungen gewährleistet sein und einem Missbrauch der sensiblen Ortungsdaten unbedingt vorgebeugt werden.

Eine Besonderheit des Bürgerforums, das als Teil des Online-Beteiligungsprojektes „Unser Gesundheitswesen von morgen: Digitalisierung – Künstliche Intelligenz – Diversität“ unter Leitung des Instituts für Ethik und Geschichte der Medizin der Universitätsmedizin Göttingen (UMG) stattfand: Die zwischen 18 und 67 Jahre alten Teilnehmer*innen aus ganz Deutschland trafen ausschließlich online über die Videokonferenz-Software Zoom zusammen. Bürgerforen als Verfahren der aktiven Bürgerbeteiligung finden in Deutschland bisher vorwiegend in Präsenz statt. „Wir hoffen, dass der erfolgreiche Abschluss unserer Veranstaltung richtungsweisend dafür sein kann, partizipative Verfahren wie dieses künftig auch in digitalen Formaten zu etablieren“, sagt Projektleiterin Prof. Silke Schicktanz vom Institut für Ethik und Geschichte der Medizin der UMG.

Die Handlungsempfehlung des Bürgerforums zum Einsatz von Ortungssystemen für Menschen mit Demenz wurde am 12. Juli 2022 an Organisationen aus Gesundheitswesen und Technikentwicklung übergeben. Stellvertretend nahmen Saskia Weiß, Geschäftsführerin der Deutschen Alzheimer Gesellschaft, Prof. Hermann Requardt von der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften, Heidrun Mollenkopf von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Senioren-Organisationen und Martina Röder, der Vorsitzenden des Deutschen Pflegeverband das Papier entgegen. Die vier geladenen Gäste bedankten sich für die Stellungnahme der Bürger*innen zu diesem wichtigen Thema und spiegelten, dass viele der Überlegungen und Forderungen an ihr Tagesgeschäft anknüpften.

Quelle: Pressemitteilung/Universitätsmedizin Göttingen - Georg-August-Universität

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