PalliativmedizinFlächendeckende Palliativversorgung ist akut gefährdet

Bundesweit geht die Anzahl der Palliativstationen zurück. Die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) beobachtet mit Sorge die Auswirkungen seit Pandemiebeginn.

Arzt hält Patient im Rollstuhl die Hand.
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Palliativteams segeln oft hart am Wind.

Zweieinhalb Jahre nach Pandemiebeginn beobachtet die Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin (DGP) mit Sorge einen bundesweiten Rückgang der Anzahl an Palliativstationen nach über 25 Jahren stetigen Aufbaus.

„Seit 2020 ist es zu Schließungen, strukturellen Verschiebungen und anderen Rückentwicklungen überwiegend infolge der Coronapandemie und des Personalnotstands gekommen“, so die Präsidentin der DGP, Prof. Claudia Bausewein.

Hinzu kommt: „Gleichzeitig sind die ergänzenden multiprofessionellen spezialisierten Palliativdienste an Krankenhäusern längst nicht in dem im Hospiz- und Palliativgesetz vorgesehenen Maße auf- und ausgebaut worden. Grund dafür ist eine nach wie vor uneinheitliche und unsichere Finanzierungssituation.“

Auch Gerd Nettekoven, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Krebshilfe, warnt: „Wir sehen die aktuellen Entwicklungen mit großer Sorge. Als Wegbereiterin der Palliativmedizin in Deutschland haben wir seit fast vier Jahrzehnten in hohem Maße zum Aufbau palliativmedizinischer Versorgungsstrukturen beigetragen und in die Aus- und Weiterbildung sowie Forschung investiert. Die Corona-Pandemie hat jedoch nachweislich zu signifikanten und anhaltenden Defiziten geführt. Diese Rückentwicklung stellt eine Gefährdung der bisherigen Erfolge dar. Es erscheint uns zwingend, dass die durch die Pandemie verursachten Probleme und auch der aktuelle Pflegenotstand gesundheitspolitisch ernst genommen werden und hier zeitnah gehandelt wird.“

Die Akademisierung der Pflege

Die Stagnation und Rückschritte sind auch im ambulanten Bereich alarmierend. Prof. Anne Letsch vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein ergänzt: „Für lebensbegrenzend erkrankte Menschen ist eine abgestimmte Koordination von Klinikaufenthalten und der Versorgung im Hospiz, Pflegeheim oder zuhause essentiell! Diese ist aktuell sehr erschwert.“ Prof. Henrikje Stanze von der Hochschule Bremen erläutert dies an einem zentralen Punkt: „Der qualitative und quantitative Anspruch steigt, wir benötigen dringend eine Akademisierung in der Pflege und entsprechende Stellen in der Praxis, damit die Pflege für sich selbst sprechen und argumentieren kann. Dies auch, um den Pflegenotstand von Seiten der Pflege aktiv zu bekämpfen.“

Die Pflegefachkräfte nehmen im Palliativteam eine wesentliche Rolle ein – sie sind häufig den schwerkranken Menschen und ihren Angehörigen sehr nah und wissen um Bedarfe und Bedürfnisse, wodurch ihrer Einschätzung im interprofessionellen Teamaustausch besonders wichtig ist.

Telemedizinische Palliativversorgung

Die Digitalisierung ist mittlerweile – wo es möglich ist – in der Palliativversorgung angekommen. Zwei grundlegende Fragen müssen aus unterschiedlichen Perspektiven in den Blick genommen werden: 

  • „Wie kann die Verknappung von Personal durch digitale Angebote kompensiert werden?“
  • „Wie können schwerkranke Patient:innen auch mit Hilfe der Telemedizin gut versorgt werden?“

Diese Fragen gilt es in Zukunft zu klären.

Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin