FibromyalgiesyndromDiagnoseleitfaden Fibromyalgie erschienen

Der Praxisleitfaden hat das Ziel, evidenzbasierte Empfehlungen für die Diagnose bei Erwachsenen zu vermitteln und die Dauer bis zur Diagnosestellung für Betroffene zu verkürzen.

Zettel mit Aufschrift Fibromyalgie unter der Lupe
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Fibromyalgie wird oft erst sehr spät diagnostiziert, durchschnittlich dauert es 16 Jahre.

Vorurteile abbauen und die Diagnose erleichtern: Die Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin e.V. (DGS) hat einen PraxisLeitfaden entwickelt, der die wichtigsten Diagnosekriterien zusammenfasst. Ziel ist es, die Zeit bis zur Diagnosestellung für Betroffene zu verkürzen. Der Praxisleitfaden steht online zur Verfügung.

Mit einer Prävalenz von 1,4 bis 6,6 Prozent der Gesamtbevölkerung gehört die Fibromyalgie zu den häufigsten Schmerzerkrankungen. Menschen mit dem Fibromyalgiesyndrom leiden unter langanhaltenden Schmerzen in verschiedenen Körperregionen. Auf der Suche nach den Ursachen durchlaufen sie oft zahlreiche Arztbesuche und Untersuchungen, ohne dass eine Diagnose gestellt wird. Laut einer aktuellen Analyse aus dem PraxisRegister Schmerz dauert es durchschnittlich 16 Jahre bis zur Diagnose Fibromyalgie.

Praxisleitfaden fasst Diagnosekriterien zusammen

Bereits 2016 hat das American College of Rheumatology (ACR) diagnostische Kriterien definiert, anhand derer die Fibromyalgie phänomenologisch eindeutig klassifiziert werden kann. Dazu gehören Schmerzen in mindestens 4 von 5 Körperregionen. Viele Fibromyalgiepatienten leiden außerdem unter Abgeschlagenheit, verminderter Leistungsfähigkeit und seelischen Belastungen. Hinzu kommen ausgeprägte Schlafstörungen mit häufigem Aufwachen und daraus folgender Tagesmüdigkeit. Die entsprechenden Kriterien lassen sich mit dem DGS-PraxisLeitfaden in kurzer Zeit erfassen, sodass dieser die Diagnose erleichtert.

Leitfaden für Ärzt*innen und Patient*innen

Der PraxisLeitfaden richtet sich an Patient*innen mit Ganzkörperschmerzen und dem Verdacht auf Fibromyalgie sowie deren behandelnde Ärzt*innen. „Patient*innenn können den Leitfaden nutzen, um sich auf das Gespräch mit dem Arzt vorzubereiten, indem sie vorab den Kriterienkatalog für eine Bestandsaufnahme der eigenen Symptome nutzen“, sagt PD Dr. Michael A. Überall, Autor des PraxisLeitfadens und Vizepräsident der DGS. „So können sie ihren Ärzten helfen, auf die richtige Spur zu kommen, die Diagnose zu stellen und danach adäquate therapeutische Maßnahmen einzuleiten.“

Diagnsotische Kriterien

  1. Generalisierte Schmerzen, definiert als Schmerzen in mindestens 4 von 5 Körperregionen (rechts oben, links oben, rechts unten, links unten, axial)
  2. Konstanz der Beschwerden für mindestens 3 Monate
  3. a) Widespread Pain Index (WPI) ≥ 7 und Symptomschwere-Skala (SSS) ≥ 5 oder b) WPI 4–6 und SSS ≥ 9
  4. Die Diagnose Fibromyalgie schließt das Vorliegen anderer klinisch wichtiger (Schmerz-) Erkrankungen nicht aus. Sie ist unabhängig von anderen Diagnosen gültig.

(Vereinfachte Darstellung der 2016 revidierten ACR-Kriterien zur Diagnostik einer Fibromyalgie (mod. nach Wolfe F et al. 2016 Revisions to the 2010/2011 fibromyalgia diagnostic criteria. Sem Arthritis Rheum 2016; 46: 319–29 )

Vorurteile abbauen

Der PraxisLeitfaden soll auch dazu beitragen, Vorurteile abzubauen, wie es gebe keine Fibromyalgie oder es handle sich um eine Neuropathie oder eine Depression. „Eine Depression kann zwar begleitend auftreten, die Fibromyalgie ist aber eine eigenständige, phänomenologisch definierte Erkrankung mit hoher Krankheitslast“, so Überall. Als Ursache wird eine Störung der körpereigenen Schmerz-Kontrollsysteme angenommen, die dazu führt, dass alltägliche Dinge, wie ein leichter Druck, als Schmerz fehlinterpretiert und verarbeitet werden. Die Schmerzen können in allen Körperregionen auftreten. Da Schmerzen zudem im Grenzbereich zwischen Körper und Seele verarbeitet werden, leiden viele Fibromyalgiepatient*innen zusätzlich unter depressiver Stimmungslage, Angst- oder Stresssymptomen. Dies alles führt zu einer stark eingeschränkten Lebensqualität und schwerwiegenden Beeinträchtigungen im Alltag.

PraxisLeitfaden Fibromyalgie Teil 2: Therapie in Arbeit

Um Ärzt*innen und Patient*innen auch in der Auswahl einer geeigneten Therapie des Fibromyalgiesyndroms zu unterstützen, arbeitet die DGS aktuell am zweiten Teil des PraxisLeitfadens. Dieser soll im ersten Quartal des kommenden Jahres fertig gestellt werden. 

Quelle: Deutsche Gesellschaft für Schmerzmedizin