AntibiotikaresistenzenDeutlich geringere Abgabemengen von Antibiotika in der Tiermedizin

Insgesamt wurden 601 Tonnen Antibiotika an Tierärzt*innen abgegeben – 100 Tonnen (14,3%) weniger als im Vorjahr. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung, bedeutet dies ein Rückgang um 65%.

Süßes Schwein im Stall
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Der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien ist wechselseitig zwischen Mensch und Tier möglich.

Die Menge der in der Tiermedizin abgegebenen Antibiotika ist in Deutschland im Jahr 2021 merklich zurückgegangen. Wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) mitteilt, wurden insgesamt 601 Tonnen Antibiotika an Tierärzt*innen abgegeben – 100 Tonnen weniger als im Vorjahr (minus 14,3 %). Das ist die deutlichste erfasste Abnahme der Abgabemengen seit 2016. Im Vergleich zu 2011, dem ersten Jahr der Erfassung, bedeutet dies ein Rückgang der insgesamt abgegebenen Antibiotikamenge um 65 %.

Insgesamt wurden im vergangenen Jahr 601 Tonnen Antibiotika von pharmazeutischen Unternehmen und Großhändlern an Tierärzt*innen in Deutschland abgegeben. Die größten Anteile nehmen wie in den Vorjahren die Penicilline (235 t) und Tetrazykline (125 t) ein, gefolgt von Sulfonamiden (64 t), Polypeptidantibiotika (51 t) und Makroliden mit 46 t.

Für die Mengen abgegebener Cephalosporine der 3. und 4. Generation (1,2 t; -7,7 %), Fluorchinolone (5,6 t; -13 %), Polypeptidantibiotika (Colistin; 51 t; -15 %) und Makrolide (46 t; -24 %), welche von der WHO als Wirkstoffe mit besonderer Bedeutung für die Therapie beim Menschen (Highest Priority Critically Important Antimicrobials for Human Medicine) eingestuft werden, sind im Vergleich zum Vorjahr deutliche Rückgänge zu verzeichnen. Cephalosporine der 3. und 4. Generation, Fluorchinolone und Colistin sind auch nach der Kategorisierung der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA; AMEG-Kategorisierung) nur beschränkt in der Tiermedizin einzusetzen. Alle erfassten Abgabemengen der genannten Wirkstoffklassen sind auf dem niedrigsten Wert seit 2011.

Die gemeldeten Wirkstoffmengen lassen sich einzelnen Tierarten nicht zuordnen, da die Mehrzahl der Tierarzneimittel, die diese Wirkstoffe enthalten, für die Anwendung bei verschiedenen Tierarten zugelassen ist. Das neue, seit Januar 2022 anzuwendende Tierarzneimittelrecht sieht jedoch vor, dass künftig auch die Anwendungen antimikrobieller Arzneimittel bei Tieren erfasst werden. Gemäß Artikel 57 der EU-Tierarzneimittelverordnung (EU) 2019/6 müssen die Daten für die ersten Tierarten (Rind, Schwein, Huhn, Pute) ab 2023 erfasst werden, weitere Tierarten werden ab 2027 folgen.

Hintergrund

Der Einsatz von Tierarzneimittel wie Antibiotika ist erforderlich, um Tiergesundheit und Tierschutz sicherzustellen und den Menschen vor Zoonosen zu schützen. Die Entwicklung und Verbreitung von Antibiotikaresistenzen stellt eine globale Bedrohung dar, in der Human- und in der Veterinärmedizin. Der Transfer von antibiotikaresistenten Bakterien und/oder der Transfer von Resistenzgenen sind wechselseitig zwischen Mensch und Tier möglich.

Seit dem Jahr 2011 sind pharmazeutische Unternehmen und Großhändler gesetzlich dazu verpflichtet, die Mengen an Antibiotika, die jährlich an Tierärzt*innen in Deutschland abgeben werden, zu melden. Diese Daten werden im Tierarzneimittel-Abgabemengen-Register (TAR) erfasst.

Quelle: Pressemitteilung/Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit