PräventionArthrose: "Bewegung ernährt die Gelenke"

Bewegung ist bei Arthrose die erste wichtige Maßnahme, so der Orthopäde PD Dr. Stephan Kirschner. So könne eine Prothese hinausgezögert oder sogar vermieden werden.

Sportler in der Kniebeuge an einer Uferpromenade
LIGHTFIELD STUDIOS/stock.adobe; posed by a model

Bewegung ist die wichtigste Maßnahme, einer Arthrose vorzubeugen. Auch bei der Behandlung ist sie der erste Schritt.

Jeder fünfte Deutsche über 60 Jahren hat eine Arthrose von Hüft- oder Kniegelenk, bei Frauen fast jede vierte. Der kürzlich erschienene Versorgungsreport der DAK berichtet, dass die konservativen Therapiemöglichkeiten bei Gonarthrose oft nicht ausgeschöpft werden und sich der Gelenkersatz in vielen Fällen hinauszögern lassen würde.

Welche Möglichkeiten existieren, eine Gelenkprothese hinauszuzögern oder zu vermeiden, war Thema einer Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik.

"Bewegung ernährt die Gelenke", sagte PD Dr. Stephan Kirschner. Körperliche Aktivität ist die Grundlage gesunder Gelenke und bei Arthrose die erste wichtige Maßnahme [2].

Die Diagnosestellung erfolgt in der Regel mit einem schmerzhaften Gelenk in Phasen einer Überbelastung. Gelenkbelastende Sportarten weisen häufige Stoßbelastungen, hohe Gewichtsbelastungen oder einen Gegnerkontakt mit der Gefahr eines direkten Gelenktraumas auf. Auch berufliche oder individuelle Lebensgewohnheiten können eine vermehrte Gelenkbelastung bedeuten. Für das Kniegelenk ist zudem das Übergewicht ein Risikofaktor mit starkem Einfluss auf die weitere Arthroseentwicklung.

Behandlung der Arthrose

Die Behandlung einer Arthrose umfasst die Information zur Erkrankung, Beratung zu möglichen gelenkschädigenden Aktivitäten und dem Lebensstil. Die eigentliche Therapie beinhaltet Physiotherapie, Hilfsmittelberatung und medikamentöse Therapie [1].

Bewegung sei immer der erste Schritt, so Kirschner. Deshalb ist das Erlernen von Techniken in der Krankengymnastik, die Patient*innen dann selbst zu Hause durchführen, so wichtig. Etwa um Kontrakturen oder Verspannungen zu lösen. Verspannungen lassen sich im warmen Wasser gut lösen, sagt der Orthopäde. Zwischenzeitlich wird der gesteigerten körperlichen Aktivität sogar Vorrang gegenüber der medikamentösen Therapie gegeben [2]. Mehr an körperlicher Bewegung ist wichtig, die akuten Beschwerden können mit kurzfristiger Schmerztherapie und in schweren Fällen mit einer Entlastung gut kontrolliert werden.

  • Bei Schmerzen empfiehlt Kirschner, die körperliche Belastung für begrenzte Zeit zurückzunehmen, z.B. durch den Einsatz von Gehstützen oder Walking-Stöcken.
  • NSAR seien zudem eine gute Möglichkeit bei Schmerzen. Zu beachten sei aber, dass sie ca. 10 Tage eingenommen werden müssen und der Magen-Darm-Trakt geschützt werden muss.
  • Normalgewicht: Insbesondere am Kniegelenk wirkt sich ein hohes Körpergewicht negativ aus und beschleunigt den Gelenkverschleiß.

Welche Sportarten sind empfehlenswert? Bei Schmerzen sind ein stationäres Fahrrad oder schonende Sportarten wie Wassergymnastik und Aquajogging geeignet. 

Für eine dauerhaft schmerzfreie Gelenkfunktion werden eine gut trainierte Muskulatur und eine freie Beweglichkeit benötigt. Im Gegensatz hierzu nimmt die körperliche Aktivität in der  Bevölkerung stetig ab und weist nun bereits bei jungen Erwachsenen deutliche Defizite auf. Langes Sitzen mit geringem Energieverbrauch wird durch die zunehmende Digitalisierung begünstigt [3] und führt häufig zu erhöhtem Körpergewicht. Darunter leiden die Gelenke der Betroffenen mit Defiziten der gelenkumspannenden Muskulatur, Beweglichkeit und Koordination.

Im Fall einer aktivierten Arthrose wird die Physiotherapie gebraucht, um Muskelverkürzungen wieder aufzudehnen und die Muskulatur an sich zu kräftigen. Hiermit kann die Stoßbelastung im Gelenk wesentlich verringert und der Arthroseprozess verlangsamt werden. Die nationalen Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung sehen dezidiert Kraft- und Geschicklichkeitstraining als Teil einer normalen körperlichen Aktivität vor. Diese Empfehlungen gelten für jüngere Erwachsene, aber gleichermaßen auch für ältere Patientinnen und Patienten [4].

Auch bei einem Ersatzgelenk ist Bewegung eine wichtige Maßnahme, da es gilt Wechsel-OPs zu vermeiden, berichtete Prof. Robert Hube. Eine Wechsel-OP sei erfahrungsgemäß nicht mehr so gut, wie eine sehr gute Primär-OP und gelte es dehalb zu vermeiden. Ersatzgelenke halten statistisch 20, oft aber auch 30 oder 40 Jahre, so der Orthopäde. Eine Garantie dafür gebe es allerdings nicht.

Quelle: Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik

Literatur

[1] Postler A et al. Prevalence and treatment of hip and knee osteoarthritis in people aged 60 years or older in Germany: An analysis based on health insurance claims data. Clinical Interventions in Aging 2018; 13: 2339-2349

[2] Editorial: Exercise over analgesics for osteoarthritis in the UK. The Lancet Rheumatology 2022; 4 (6): E375

[3] van Sluijs E et al. Physical activity behaviours in adolescence: Current evidence and opportunities for intervention. Lancet 2021; 398 (10298): 429-442

[4] Rütten A, Pfeifer K. Nationale Empfehlungen für Bewegung und Bewegungsförderung. Gefördert durch: BMG auf Beschluss des Bundestages im Rahmen der IN FORM Initiative, FAU Erlangen 2016