NeurologieAlzheimer: Neues Medikament macht Hoffnung

Neue Studiendaten mit dem Wirkstoff Lecanemab machen Hoffnung, dass es gelingen kann, den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung zu beeinflussen.

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Alzheimer ist eine komplexe Erkrankung der Gehirns. Die Beeinflussung der Eiweißablagerungen allein wird vermutlich nicht ausreichen, um die Krankheit aufzuhalten.

Neue Studiendaten mit dem Wirkstoff Lecanemab machen Hoffnung, dass es gelingen kann, den Verlauf einer Alzheimer-Erkrankung zu beeinflussen. Von einer Heilung oder auch nur einem Stopp der Alzheimer-Krankheit sind die Effekte der Behandlung aber noch weit entfernt.

Die beiden Pharma-Unternehmen Eisai und Biogen stellten die Studiendaten zu ihrem gemeinsamen Wirkstoff Lecanemab in der vergangenen Woche auf einer internationalen Konferenz in San Francisco vor.

Eines der charakteristischen Merkmale der Alzheimer-Krankheit sind Eiweißablagerungen, beta-Amyloid-Plaques, die sich im Gehirn der Erkrankten finden. Ein Großteil der Wirkstoffe, die in den letzten Jahrzehnten im Einsatz gegen die Alzheimer-Krankheit erforscht wurden, zielt auf eine Beseitigung dieser Ablagerungen ab. 

Für Lecanemab konnte nun nachgewiesen werden, dass sich nicht nur die beta-Amyloid-Plaques im Gehirn verringern lassen, sondern dies auch eine Auswirkung auf den Krankheitsverlauf hat.

Prof. Alexander Kurz von der Deutschen Alzheimer Gesellschaft sagt dazu: „Auch dieser Wirkstoff kann den Abbau der geistigen Leistungsfähigkeit durch die Alzheimer-Krankheit nicht aufhalten, ihn aber ein wenig verzögern. Die vorgestellte Studie lief allerdings nur über 18 Monate und es wäre wichtig zu wissen, ob der verlangsamende Effekt über eine längere Zeit anhält und damit für die Betroffenen eine spürbare Veränderung bedeutet."

Alzheimer ist eine komplexe Erkrankung der Gehirns. Es sei davon auszugehen, dass die Beeinflussung der Eiweißablagerungen allein nicht ausreichen werde, um die Krankheit aufzuhalten. Die mit Lecanemab erzielten Erfolge machen aber Hoffnung, dass zukünftig mit weiterer Forschung noch mehr erreicht werden könne.

Einschränkungen

Der potenzielle Nutzen, der mit Lecanemab verknüpft ist, weist deutliche Einschränkungen auf:

  • Lecanemab eignet sich nur für den Einsatz bei Menschen, bei denen zwar nachweislich beta-Amyloid-Plaques im Gehirn vorhanden sind, die aber erst sehr leichte Einschränkungen ihrer Hirnleistungsfähigkeit aufweisen. Derzeit wird bei den meisten Betroffenen in Deutschland die Diagnose erst zu einem deutlich späteren Zeitpunkt gestellt.
  • Ob und wie sehr die Wirkung des Mittels über die Studiendauer von 18 Monaten hinaus anhält, ist bisher unbekannt. Eine Fortsetzungsstudie läuft bereits.
  • Lecanemab zeigt die bei der Wirkstoffgruppe bekannte Nebenwirkungen wie Hirnschwellungen oder Mikroblutungen. Sie treten seltener auf als in früheren Studien. Jedoch kam es im Anschluss an die Studienteilnahme zu zwei Todesfällen, deren Zusammenhang mit der Medikamentengabe zunächst geklärt werden muss.
  • Das Medikament wird als intravenöse Infusion im 2-wöchigen Abstand verabreicht, die potenziellen Nebenwirkungen müssen kontrolliert werden. Die Behandlung ist deshalb aufwendig. Bislang ist unklar, wie eine solche Therapie in der Versorgungspraxis verwirklicht werden könnte.

„Es ist zu früh, um von einem Durchbruch in der Behandlung der Alzheimer-Krankheit zu sprechen“, betont Prof. Kurz. „Die Forschung muss unbedingt weitergehen und auch Behandlungsmöglichkeiten für spätere Krankheitsstadien und andere Formen von Demenz berücksichtigen. Solange der Krankheitsprozess bestenfalls nur verzögert wird, bleibt die Unterstützung der Erkrankten und ihrer Angehörigen weiterhin eine große gesellschaftliche Aufgabe.“

Wie geht es weiter?

Die Hersteller Eisai und Biogen haben bei der Arzneimittelbehörde der USA, FDA, bereits eine Zulassung von Lecanemab beantragt. Wenn dies erfolgreich ist, wird sicher auch ein Zulassungsverfahren bei der Europäischen Arzneimittelbehörde EMA angestrebt. Wann genau das Medikament schließlich bei Erfolg auch in Deutschland verfügbar sein könnte, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Hintergrund

In Deutschland leben heute etwa 1,8 Mio. Menschen mit Demenzerkrankungen. Rund zwei Drittel davon werden in der häuslichen Umgebung von Angehörigen betreut und gepflegt. Jährlich erkranken etwa 400.000 Menschen neu. Ungefähr 60 Prozent davon haben eine Demenz vom Typ Alzheimer. Die Zahl der Demenzerkrankten wird bis 2050 auf 2,4 bis 2,8 Mio. steigen, sofern kein Durchbruch in Prävention und Therapie gelingt.

Quelle: Deutsche Alzheimer Gesellschaft