EntzündungWie hängen Entzündung, Altern und Diät zusammen?

Ein Forschungsteam konnte erstmals beschreiben, wie Entzündung, Altern und Ernährung auf molekularer Ebene reguliert werden und zusammenhängen.

Menschlicher Rumpf mit Zeichnung von den einzelnen Organen.
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Die Forschungsarbeit liefert Ansatzpunkte für zukünftige medikamentöse Therapien für die alternsbedingte chronische Entzündung.

Eine leichte, andauernde Entzündung im Gewebe gilt als eine der biologischen Merkmale des Alterungsprozesses beim Menschen – und zugleich als Risikofaktor für Krankheiten wie Alzheimer oder Krebs. Dr. Francesco Neri und Dr. Mahdi Rasa vom Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut (FLI) in Jena ist es erstmals gelungen, das Regulationsnetzwerk, das die allgemeine, organübergreifende Entzündungsreaktion befeuert, auf molekularer Ebene zu beschreiben. Darüber hinaus konnten sie zeigen, dass eine reduzierte Ernährung diesen Regulationskreislauf beeinflussen und die Entzündung dadurch dämpfen kann.

Alternsbedingte chronische Entzündung schadet der Gesundheit

Eine Entzündung ist eine Immunreaktion des Körpers, die an sich nützlich ist: Unser Immunsystem bekämpft dadurch Krankheitserreger oder entfernt geschädigte Zellen aus dem Gewebe. Haben die Immunzellen ihre Arbeit getan, legt sich die Entzündung: Die Infektion ist ausgestanden, die Wunde geheilt. Anders als solche akuten Entzündungen ist die alternsbedingte chronische Entzündung nicht lokal oder auf ein Organ begrenzt. Das angeborene Immunsystem fährt insgesamt seine Aktivität hoch, die Folge ist eine niedrigschwellige Dauerentzündung. Diese wird auch als Entzündungsaltern (oder inflamm-aging) bezeichnet.

Die unterschwellige Entzündung hat Folgen für die Gesundheit: „Wenn Immunzellen ununterbrochen aktiviert werden, kann das zu deren Erschöpfung führen, was bei einer Infektion für Probleme sorgt, weil die Immunantwort möglicherweise nicht ausreichend ist. Die alternsbedingte Entzündung spielt auch bei der Krebsentstehung eine Rolle. In entzündetem Gewebe lässt sich nämlich eine verstärkte Zellvermehrung beobachten”, so Neri.

Wie hängen Alterung, Entzündung und Ernährung miteinander zusammen?

Für ihre aktuelle Studie, haben die FLI-Forscher*innen zunächst vier Monate alte Mäuse mit älteren Mäusen (22 Monate) verglichen. Anders als bei vorangegangenen Studien wurde dabei die Aktivität der Gene nicht nur für ein Organ, sondern für viele verschiedene Gewebe parallel gemessen: Blut, Gehirn, Herz, Niere, Leber, Lunge, Muskel, Haut. „Es war unsere Priorität genau jene Signalwege zu untersuchen, die in allen Geweben an der Entzündungsreaktion beteiligt sind. Wir wollten das Entzündungsaltern auf einer systemischen Ebene verstehen”, erläutert Neri.

„Herausgefunden haben wir, dass der Entzündungszustand bei gealterten Mäusen dadurch charakterisiert ist, dass Gene hochreguliert sind, die für Rezeptoren des angeborenen Immunsystems kodieren. Diese Hochregulierung führt wiederum zur Aktivierung einer Reihe von Genen, die die Interferon-Produktion regulieren. Und diese Gene aktivieren wiederum weitere, die entzündungsfördernde Zytokine produzieren. Außerdem aktivieren sie Stat1, eine Art Hauptschalter für die Regulation von Genen, die mit Entzündungsprozessen assoziiert sind – man kann also von einer positiven Rückkopplung sprechen, die den Entzündungszustand aufrechterhält.”

Kann eine reduzierte Kalorienzufuhr diesen Kreislauf unterbinden? Um diese Frage zu beantworten, haben Neri und Rasa die Genexpression in den Organen von zwei weiteren Gruppen von Nagern untersucht: Mäuse, die fast ihr ganzes Leben lang 30 Prozent weniger Nahrung erhielten (4 bis 22 Monate alt) und solche, die nur am Ende ihres Lebens für zwei Monate unter diesen Bedingungen gehalten wurden.

Ob kurz- oder langfristige Diät, insgesamt hatte sie einen positiven Effekt auf alle untersuchten Organe – mit Ausnahme des Herzens.

Mögliche Therapieansätze

Mit ihrer Arbeit liefern die beiden Alternsforscher auch Ansatzpunkte für zukünftige medikamentöse Therapien für die alternsbedingte chronische Entzündung. „Das Gen TLR4 ist beispielsweise eine wichtige und gut erforschte Komponente des von uns beschriebenen Regulationsnetzwerks. Das Gen kodiert für einen bestimmten Rezeptor des angeborenen Immunsystems“, erklärt Mohammad Mahdi Rasa, der die Genaktivität im Rahmen seiner Doktorarbeit analysiert hat. „Dieser Rezeptor funktioniert wie ein SOS-Signal. Darauf können wir verzichten, denn eigentlich sind ja gar keine Krankheitserreger zu bekämpfen. Das heißt, wenn es die Möglichkeit gäbe, das Gen herunterzuregulieren, könnten wir die alternsbedingte chronische Entzündungsreaktion abmildern.

Eine weitere, viel diskutierte Möglichkeit der Intervention ist die Gabe von Nahrungsergänzungsmitteln wie Vitaminen oder Probiotika mit dem Ziel, die Zusammensetzung der Mikroorganismen im Verdauungstrakt zu beeinflussen.

„Die kalorienreduzierte Diät scheint das Mikrobiom zu verändern, was die Entzündungsreaktion dämpft. Wenn auch Nahrungsergänzungsmittel die Mikroorganismen beeinflussen, dann könnten wir dieselben positiven Effekte möglicherweise auch ohne kalorienreduzierte Diät erzielen.“ Dies sei im Moment aber noch Spekulation, weiß Francesco Neri.

Quelle: Pressemitteilung/Leibniz-Institut für Alternsforschung - Fritz-Lipmann-Institut e.V. (FLI)