PsycheWie emotionale Misshandlung Heranwachsenden schadet

Missbrauch, Vernachlässigung, emotionale Misshandlung: Als Folge entwickeln Kinder oft Verhaltensstörungen, Jugendliche Ängste und Depressionen, so eine Studie.

Kind sitzt im Schneidersitz und blickt auf das Meer.
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Die psychischen Belastungen in Folge von emotionalem Missbrauch äußern sich bei Kindern und Jugendlichen auf verschiedene Weisen.

Kinder im Alter zwischen 3 und 16 Jahren besitzen ein erhöhtes Risiko, als Folge emotionaler Misshandlung psychische Störungen zu entwickeln. Dabei zeigen sich die Folgen bei jüngeren Kindern vor allem im Verhalten, bei Jugendlichen eher in Form von Ängsten und Depressionen. Zu diesen Studienergebnissen sind Wissenschaftler*innen der Universitätsmedizin Leipzig in Zusammenarbeit mit weiteren deutschen Universitäten gekommen.

Wissenschaftler*innen der Medizinischen Fakultät haben sich damit beschäftigt, welche psychischen Auswirkungen Missbrauch, Vernachlässigung und emotionale Misshandlung auf Kinder und Jugendliche haben. Wenn Eltern ihre Kinder erniedrigen, damit drohen, sie ins Heim zu stecken oder ihnen die Schuld für die eigene psychische Belastung oder Suizidgedanken geben, sind das Beispiele für emotionale Misshandlung. Auch von Kindern beobachtete körperliche Gewalt zwischen den Eltern spielt eine entscheidende Rolle.

„Bei unseren Studienergebnissen zeigt sich deutlich, dass emotionale Misshandlung nicht nur eine sehr häufige Form von Misshandlung ist, sondern auch eine mit psychischen Folgen, die ähnlich oder sogar noch schwerer wiegen als bei anderen Misshandlungsformen“, erklärt Studienleiter und Letztautor Dr. Lars White.

Ergebnisse

  • 80 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen, die von Misshandlung berichteten, haben auch emotionale Misshandlung erfahren. Damit stellte emotionale Misshandlung die häufigste Form von Kindesmisshandlung dar. Emotionale Misshandlung besaß von allen Misshandlungsformen die stärksten Auswirkungen auf die Psyche der Kinder und Jugendlichen, auch im Vergleich zu körperlicher Misshandlung.
  • Bei jüngeren Kindern zwischen drei und acht Jahren führte emotionale Misshandlung dabei vor allem zu Verhaltensauffälligkeiten, bei den älteren eher zu Depressionen und Angststörungen.

Gegen Misshandlung: Frühe Intervention und Sensibilisierung notwendig

Die Ergebnisse verdeutlichen, dass das Risiko für die Ausbildung psychischer Störungen nach Misshandlung bereits in der frühen und mittleren Kindheit erhöht ist, was die Notwendigkeit einer frühen Intervention unterstreicht. „Wir zeigen, dass die Form der emotionalen Misshandlung, zu der auch die emotionale Vernachlässigung von Kindern zählt, als eigene Dimension verstanden werden muss. Sowohl in der Forschung als auch in der Behandlung, etwa bei Kinderärzt*innen, sollte ein größerer Fokus darauf gelegt werden“, sagt Dr. Franziska Schlensog-Schuster, Erstautorin der Studie.

Psychologe Dr. White erklärt mit Blick auf den Alltag von Familien: „Wir müssen Eltern dafür sensibilisieren, öfter die Perspektive des Kindes einzunehmen. Noch vor 30 Jahren gab es die landläufige Meinung, Kinder sollen schreien gelassen werden und das, was sie in der Kindheit erleben, vergessen sie sowieso. Zunehmend gibt es aber einen enormen Sinneswandel und ein Verständnis dafür, dass wir uns den Jüngsten auch zuwenden müssen, wenn sie schwierige Gefühle zeigen, zum Beispiel wütend oder traurig sind.“

Quelle: Universität Leipzig

Die Medizinische Kinderschutzhotline bietet rund um die Uhr eine Beratung für Fachpersonal an unter 0800 1921000.

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