CoronavirusPandemie: Sicheres Singen im Chor

Wie kann Chorsingen im Raum auch in der Pandemiezeit sicher ablaufen? Das hat ein Forschungsteam anhand von Aerosolmessungen in der Raumluft untersucht und gibt Tipps, wie die Aerosole während des Singens unter dem kritischen Bereich bleiben. 

Chor, Chorsängerinnen
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Um zu untersuchen, wie sich Aerosole als mögliche Träger von Viren während einer Chorprobe im Raum verteilen, führten Forschungsteams der Universität Leipzig und der TU Bergakademie Freiberg in den vergangenen Monaten Messungen bei Chorproben durch. Demnach können Chorproben dank regelmäßigem Luftaustausch und speziellen Sensoren so ablaufen, dass die Kohlendioxid-Konzentration und damit auch die Aerosole in der Raumluft unter dem für eine Infektion kritischen Bereich bleiben. 

Aerosole sind sehr kleine Tröpfchen, die längere Zeit in der Luft schweben und Viren übertragen können. „Ausgeatmete Luft enthält neben den Aerosolen auch CO2. Aerosole reichern sich besonders in Bereichen mit hoher CO2-Konzentration an. Enthalten die Aerosole Viren, steigt in diesen Bereichen auch das Risiko für ihre Übertragung durch die Luft“, erklärt Prof. Rüdiger Schwarze von der TU Bergakademie Freiberg.

Messung der Aerosol-Ausbreitung

Um den CO2-Gehalt und damit die Aerosol-Ausbreitung während der Chorprobe zu erfassen, installierte das Team im Probenraum ein Sensorfeld mit 10 Messständern und je 3 Messsonden. Mit deren Hilfe überprüften sie kontinuierlich die Luftqualität auf drei verschiedenen Ebenen – auf Hüfthöhe, Mundhöhe und über dem Kopf. Dafür wurde die Luft zwischen den einzelnen Messdurchläufen gespült; dabei wird der Wert der CO2-Konzentration wieder auf den gleichen Ausgangspunkt gebracht. Die Messwerte legte das Team anschließend nebeneinander und verglich sie. Um die Messungen nicht zu beeinflussen, hielten sich die Wissenschaftler*innen über den gesamten Zeitraum außerhalb des Raums auf und erhielten die Daten per Bluetooth in Echtzeit auf ihre Monitore. Alle beteiligten Sänger*innen hatten ihr Einverständnis für die Durchführung der Messungen erteilt.

Die Forscher*innen TU Bergakademie Freiberg und der Universität Leipzig entwickelten eine Art Formel für sichere Chorproben. Damit kann anhand der Personenzahl und der Raumgröße die sichere Chorprobenzeit ermittelt werden, bis zu der ohne Lüftungsintervall gesungen werden kann. Prof. Dr. Michael Fuchs, Leiter des Zentrums für Musikermedizin, ergänzt: „Die Kohlendioxid-Messung ist natürlich nur ein Baustein im Kontext aller Hygienemaßnahmen, um das Infektionsrisiko zu senken. Aber eben ein für Chöre sehr praktikabler – und das gilt für das Corona-Virus wie auch für andere Viren in möglichen zukünftigen Pandemie-Situationen.“

Empfehlung für sichere Chorproben

In einem 200 Kubikmeter großen Raum ist jede singende Person für den Anstieg der CO2-Konzentration um rund 1,8 ppm (1 ppm entspricht einem zehntausendstel Prozent) pro Minute verantwortlich. Somit lässt sich die Zeit ermitteln, die eine Chorgruppe ohne erhöhtes Ansteckungsrisiko proben kann.

„Proben 15 Personen in einem Klassenzimmer, wird eine kritische CO2-Konzentration von 800 ppm nach 15 Minuten erreicht, 10 Personen können dagegen 22 Minuten ohne Lüften singen. Wird der Raum in diesen Zeitabständen regelmäßig für 5 Minuten stoßgelüftet oder eine raumlufttechnische Anlage verwendet, sinkt die CO2-Konzentration rasch ab und es kann sicher geprobt werden“, erläutert Dr. Lennart Heinrich Pieper vom Zentrum für Musikermedizin der Universität Leipzig.

Weitere Empfehlungen:

  • Aufwärmübungen sollten besser allein zu Hause oder auf dem Weg zur Chorprobe durchgeführt werden. Während der bewegungsintensiven Stimmübungen werden besonders viele Aerosole ausgeatmet und verwirbelt und die Kohlendioxid-Konzentration steige schnell an, so Pieper.
  • Für das gemeinsame Singen sollten ausreichend große Räume gewählt werden. „Räume mit einer hohen Decke und ausreichend Lüftungsmöglichkeiten durch Fenster, einschließlich Oberlichter, eignen sich besonders für das gemeinsame Singen, da sich Aerosole zunächst unter der Decke sammeln und während des Lüftungsintervalls schnell herausgespült werden können. In der Regel reichen fünf Minuten Stoßlüften aus.“
  • In den Lüftungsphasen sollte die Ventilationsfläche so groß wie möglich sein, das heißt: Alle Fenster sollten weit geöffnet sein. „Selbst angekippte Fenster können die Singzeit deutlich verlängern“, erklärt Pieper.
  • Bei technischen Lüftungsanlagen sollte der Frischluftzustrom unten und die Absaugung der Luft nahe der Decke erfolgen.
  • Empfehlenswert ist die Installation eines Kohlendioxid-Sensors, der beim Erreichen der kritischen Kohlendioxid-Konzentration warnen kann. Ist die Anbringung des Sensors an der Decke nicht möglich, sollte sie in deren Nähe erfolgen, jedoch nicht an Fenstern oder Türen. Das könne das Messergebnis verfälschen.

Quelle: Pressemitteilung/Universität Leipzig/TU Bergakademie Freiberg