PsychologiePandemie-Folgen: Kein Anstieg der Suizidrate

Während der Pandemie hat die psychosoziale Belastung zugenommen. Die Datenlage zeigt: Heranwachsende hätten die Belastungen weniger gut verkraftet und häufiger Suizidabsichten geäußert.

Junge Frau hat Kopf verborgen, Sorgen, Angst
K. Oborny/Thieme; posed by a model

Zu Beginn der Pandemie haben Depressivität, Angsterleben und Stress in der erwachsenen Allgemeinbevölkerung zunächst stark zugenommen. Ab Mai 2020 normalisierten sich jedoch Ängste sowie mentale Belastung in dieser Gruppe wieder, wie Untersuchungen zeigen.

„Ein Großteil der Erwachsenen hat somit offensichtlich resilient auf die frühen coronabedingten Belastungen reagiert“, erklärt Dr. Tobias Teismann von der  Ruhr-Universität Bochum. Bei Kindern und Jugendlichen hingegen traten im späteren Jahresverlauf mehr Angst- und Depressionssymptome als zu Beginn der Pandemie auf. Besonders betroffen seien weibliche Jugendliche gewesen.

Anstieg der Suizidgedanken unter Studierenden

Im Rahmen einer Studie der Ruhr-Universität Bochum gaben 60% der Studierenden an, unter Suizidgedanken gelitten zu haben – im Jahr zuvor waren es lediglich 26,6 Prozent. „Die Intensität des Suizidgedanken war jedoch, wie auch schon in den Vorjahren, gering ausgeprägt“, fügt Teismann an.

Fallanstieg in der Notaufnahme

Berichten zufolge zeigte sich in pädiatrischen Notaufnahmen in Deutschland in der Zeit des ersten Lockdowns von März bis Mai 2020 eine Zunahme an zu behandelnden Suizidversuchen. Eine noch nicht publizierte Studie des Essener Universitätsklinikums geht davon aus, dass es im Frühjahr 2021 etwa 3-mal so viele Suizidversuche unter Heranwachsenden gab wie 2019. Hierbei werden Daten von 27 deutschen Kinderintensivstationen ausgewertet. Die Veröffentlichung der entsprechenden Fachpublikation steht noch aus.

Ausbau von Hilfsangeboten für Heranwachsende

Der befürchtete Anstieg der Suizidrate in Deutschland ist ausgeblieben: Im Jahr 2020 töteten sich insgesamt 9206 Menschen selbst. Es ist die zweitniedrigste Zahl seit Beginn der Erhebung durch das statistische Bundesamt, die 1980 begann. „Nichtsdestotrotz zeigen Studien, dass insbesondere Kinder und Jugendliche gezielter psychosozialer Unterstützung bedürfen“, betont Teismann. Der Ausbau niedrigschwelliger Krisendienste wie auch spezieller Präventionsangebote in Schulen ist dringend nötig. Überdies sollten digitale Angebote mitgedacht werden.

Quelle: Pressemitteilung/fzmednews