SuchtNeuer Wirkstoffkandidat zur Therapie der Alkoholsucht

Ein neues Präparat mit einer Oxytocin-ähnlichen Substanz hat beachtliche Erfolge gezeigt. Forscher*innen sprechen von einem Durchbruch in der Therapie der Alkoholsucht.

Frau hält Weinglas zu
K. Oborny/Thieme

Hauptziel bei der Therapie der Alkoholabhängigkeit ist die Vermeidung von Rückfällen.

Bislang schlagen Medikamente zur Behandlung der Alkoholsucht bei verschiedenen Patient*innen unterschiedlich an. Viele Alkoholkranke werden rückfällig. Ein Forscher*innenteam hat nun einen neuen Wirkstoffkandidaten im Fokus, der die Rückfallquote senken könnte.

Auf dem deutschen Markt stehen bisher 3 Medikamente zur Verfügung, um Rückfälle zu vermeiden. Deren Wirkung ist jedoch begrenzt: Lediglich bei ein bis zwei von zehn Betroffenen schlagen sie an, erklärt Prof. Rainer Spanagel vom Zentralinstitut für Seelische Gesundheit in Mannheim. Der Suchtforscher und sein Team sind deshalb auf der Suche nach einem Wirkstoff, mit dem auch außerhalb einer Spezialklinik eine Alkoholabhängigkeit erfolgreich und nachhaltig behandelt werden kann.

Oxytocinähnliche Substanz wirkt auf Rezeptor zur Regulation des Wasserhaushalts

Zunächst hatten Spanagel und sein Team das körpereigene Hormon Oxytocin im Fokus. Das Bindungshormon wirkt auf das Belohnungssystem im Gehirn und hilft, Stress und Angst abzubauen. Diese Eigenschaften schreiben viele Menschen auch dem Alkohol zu. In präklinischen Studien konnten die Forscher*innen bei der Anwendung von Oxytocin-Sprays jedoch nur geringe Effekte beobachten.

Ein neues Präparat mit einer Oxytocin-ähnlichen Substanz habe nun den Durchbruch gebracht. Der Erfolg sei allerdings nicht primär auf die Bindung an den Oxytocin-Rezeptor zurückzuführen. Die Substanz wirkt demnach auf einen Rezeptor, der im Körper an der Regulation des Wasserhaushalts beteiligt ist. Dieser Rezeptor steuere physiologische Prozesse im Körper und die individuelle Vielfalt zwischen unterschiedlichen Patient*innen sei geringer als bei neurobiologischen Prozessen.

Der medikamentöse Effekt wäre ähnlich, wie wenn ein Suchtkranker 2 Liter Wasser trinkt, um das Verlangen nach Alkohol kurzzeitig zu unterdrücken, erklärt Spanagel.

Die neue Substanz ist derzeit auf dem Prüfstand in einem computergestützten Rückfall-Modell. Wenn sich der Erfolg wiederholen lässt, könnte eine klinische Studie angeschlossen werden. Der Suchtforscher stellt in Aussicht, dass das Medikament bereits in 5 Jahren für die Behandlung alkoholabhängiger Patient*innen eingesetzt werden könnte, wenn sich die Erfolge in klinischen Studien wiederholen. 

Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung