DiabetesNeue Funktion von Fettgewebe identifiziert

Forscher*innen konnten nachweisen: Sog. extrazelluläre Vesikel aus Fettzellen beeinflussen die Insulinausschüttung der Bauchspeicheldrüse in frühen Diabetes-Stadien sehr wahrscheinlich positiv.

3D-Illustration des Fettgewebes.
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Vom Fettgewebe aus gelangen extrazelluläre Vesikel zu den Betazellen der Bauchspeicheldrüse und beeinflussen die Ausschüttung von Insulin.

Fettgewebezellen sind hocheffiziente Energiespeicher, die überschüssige Kalorien aus der Nahrung in Fettpolster von oft beachtlicher Größe umwandeln. Dennoch ist Körperfett nicht generell schlecht, sondern hat auch wichtige Funktionen. Als hormonproduzierendes Organ ist Fettgewebe beispielsweise an der Regulation vieler Körperprozesse beteiligt. Forscher*innen der Universität Augsburg und des Forschungszentrums Helmholtz Munich ist es nun gelungen, eine weitere Funktion des Fettgewebes aufzuklären: Fettzellen geben nicht nur Hormone ins Blut ab, sondern auch sogenannte extrazelluläre Vesikel.

„Extrazelluläre Vesikel sind kleine membranumhüllte Partikel, die aus allen Körperzellen freigesetzt werden und eine Art Momentaufnahme des zellulären Geschehens durch den Körper tragen. Man kann sie mit Trojanischen Pferden vergleichen, die Proteine, Lipide und Nukleinsäuren zu einem Zielgewebe transportieren und dort freisetzen. In der neuen Zelle angekommen, können sie deren Funktion verändern“, erklärt Konxhe Kulaj, Erstautorin der Studie. „So gelangen extrazelluläre Vesikel aus den Fettzellen gezielt zu den Betazellen der Bauchspeicheldrüse, werden dort aufgenommen und steigern dort die Ausschüttung des Hormons Insulin“ führt Kulaj weiter aus.

Prozesse in der Entstehung von Diabetes Typ 2 weiter aufgedeckt

Durch Versuche konnten die Wissenschaftler*innen nachweisen, dass extrazelluläre Vesikel aus gesundem und adipösem Fettgewebe eine sehr unterschiedliche Zusammensetzung an Botenstoffen als „Fracht“ mit sich führen und dadurch die Funktion von Betazellen der Bauchspeicheldrüse verschiedenartig beeinflussten.

Stammten die extrazellulären Vesikel aus gesundem Fettgewebe, wie es bei Normalgewicht vorliegt, wurde die Insulinausschüttung nur geringfügig verändert. Extrazelluläre Vesikel aus adipösem Fettgewebe übertrugen dagegen spezifisch Proteine und Nukleinsäuren auf die Bauchspeicheldrüse, die dort die Freisetzung von Insulin stark erhöhten. In Folge sanken die Blutzuckerspiegel.

Die Bedeutung dieser Ergebnisse fasst Stemmer wie folgt zusammen: „In unserem Verständnis zur Entstehung des Typ-2-Diabetes klafft eine Lücke. Bei Übergewicht und Fettleibigkeit reagieren unsere Körperzellen zum Beispiel im Muskel oder Fettgewebe weniger empfindlich auf Insulin, wir sprechen von Insulinresistenz. In diesem sehr frühen Stadium des Typ-2-Diabetes muss unsere Bauchspeicheldrüse, zum Beispiel nach einer Mahlzeit, mehr Insulin ausschütten, um die Blutzuckerspiegel im Normalbereich zu halten. Wie können die Betazellen der Bauchspeicheldrüse aber erkennen, dass eine Insulinresistenz vorliegt, sie also mehr Insulin bereitstellen müssen?“

Die Forscherin führt weiter aus: „Eine Erhöhung der Insulinsekretion ist in diesem Frühstadium des Typ-2-Diabetes sehr förderlich und führt dazu, dass der Körper seinen Blutzuckerspiegel auf normalem Niveau halten kann. Vielen übergewichtigen und adipösen Menschen gelingt dies über Jahrzehnte, die Krankheit bricht nie aus. Die extrazellulären Vesikel aus den Fettzellen scheinen in diesem Prozess eine wichtige Rolle zu spielen“.

Weiteres Forschungsvorhaben zu extrazellulären Vesikeln

„Insgesamt haben extrazelluläre Vesikel sehr großes Anwendungspotential für die Diagnostik und Therapie verschiedenster Erkrankungen“, so Stemmer. „Unsere laufenden Studien zielen darauf ab, die Vesikel gezielt zu beladen, um sie für therapeutische Zwecke nutzen zu können.“

In weiteren Studien entwickeln die Augsburger und Münchner Forscher*innen derzeit neue Verfahren, um im Blut zirkulierende extrazelluläre Vesikel für eine minimalinvasive Untersuchung von Organfunktionen nutzen zu können.

Quelle: Universität Augsburg

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