PsycheMindset beeinflusst Geburtsverlauf

Empfinden Schwangere die Entbindung als einen natürlichen Vorgang, kommt es seltener zu Komplikationen während der Geburt, so eine neue Studie.

Schwangere hält ihren Bauch und bildet eine Herzform mit den Händen.
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Das Mindset einer Schwangeren kann sich auf den Geburtsverlauf und das Erleben danach auswirken.

Die Einstellungen und Glaubenssätze (=Mindset) schwangerer Frauen können den Geburtsverlauf beeinflussen. Das haben Psycholog*innen der Uni Bonn herausgefunden.

Die Geburt kann eher als natürlicher Vorgang oder stärker als medizinisches Ereignis wahrgenommen werden. “Das hängt vom Mindset ab”, sagt die Psychologin Dr. Lisa Hoffmann. “Mindsets sind als eine Art mentale Brille zu verstehen, die die Wahrnehmung unserer Umwelt lenken und unser Verhalten beeinflussen können.” Konkret bedeutet das, dass die Entbindung entweder als Prozess gesehen wird, den die Gebärende bis auf wenige Ausnahmen ohne medizinische Hilfsmittel bewältigen kann. Oder die Geburt erscheint eher als risikobehafteter Vorgang, der der medizinischen Überwachung und Unterstützung etwa mit Kaiserschnitt, Schmerzlinderung und Dammschnitt bedarf.

Studie

In der Längsschnittstudie wurden rund 300 Teilnehmerinnen während der Schwangerschaft befragt. Über ein Online-Tool beantworteten sie Fragen zu Persönlichkeitseigenschaften wie Ängstlichkeit, Selbstwert und Selbstwirksamkeit sowie ihrem Mindset. Einige Wochen vor der Geburt fragten die Forscher*innen nach, ob Risiken in der Schwangerschaft aufgetreten waren und wo die Entbindung stattfinden sollte. In der ersten Woche nach der Entbindung drehten sich die Fragen um das subjektive Erleben der Geburt und ob medizinische Eingriffe durchgeführt wurden.

In einer Tagebucherhebung füllten die Teilnehmerinnen zudem für einige Wochen täglich und anschließend wöchentlich einen kurzen Fragebogen per Handy aus, in dem es um ihr Wohlbefinden und das Stillen ging. Rund 8 Wochen nach der Geburt lag der Fokus darauf, ob Symptome von Depression oder posttraumatischem Stress vorlagen.

Die Studie zeige die Bedeutung psychologischer Faktoren für die Geburt, fasst Hoffmann die Ergebnisse zusammen. Einstellungen und Glaubenssätze der Schwangeren können demnach beeinflussen, ob die Geburt eher interventionsarm oder interventionsreich verlaufe:

  • Frauen, die die Entbindung als natürlichen Prozess ansahen, brauchten weniger medizinische Unterstützung bei der Geburt und hatten ein positiveres Erleben nach der Entbindung.
  • Wochen danach waren bei ihnen seltener Depressionen oder postraumatischer Stress zu beobachten.

Fazit: Mehrere Schritte zu positivem Geburtserleben

Die Ergebnisse bedeuten nicht, dass es ein gutes natürliches und schlechtes medizinisches Mindset gebe, sagt die Lisa Hoffmann. Ziel sollte sein, Gebärende in ihren unterschiedlichen Mindsets zu unterstützen und ihnen ein positives und selbstbestimmtes Geburtserlebnis zu ermöglichen.

Wie weit sich Mindsets als möglicher Ansatzpunkt beeinflussen lassen, sei noch nicht ausreichend empirisch überprüft. In weiteren Studien möchte sie den Zusammenhang zwischen Mindset und Erleben als eine Art selbsterfüllende Prophezeiung genauer untersuchen.

Quelle: Universität Bonn