ErnährungsverhaltenFrühkindliche Geschmackserlebnisse: Einfluss auf Ernährungsverhalten im Erwachsenenalter?

Der Scharfstoff Piperin aus dem Pfeffer gelangt etwa eine Stunde nach dem Essen in die Muttermilch. Diese Erkenntnis trägt dazu bei Mechanismen zu entschlüsseln, wie Nahrungsvorlieben bereits im Säuglingsalter geprägt werden.

Gewürze, Pfeffer, Salz, Chili, Salbei
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Frühkindliche Geschmacksprägung: Das im Pfeffer enthaltene Piperin gelangt in die Muttermilch.

Muttermilch ist in der Regel die erste Nahrung, die Babys zu sich nehmen. Verschiedene Studien lassen dabei annehmen, dass das frühkindliche „Geschmackserlebnis“ auch das Ernährungsverhalten im Erwachsenenalter beeinflusst. Im Gegensatz zu standardisierter Säuglingsnahrung schmeckt und riecht natürliche Milch jedoch nicht jeden Tag gleich. Die Unterschiede sind dabei zu einem erheblichen Anteil auf die mütterliche Ernährung zurückzuführen. 

Eine aktuelle Analyse von Muttermilchproben in einer Humanstudie zeigt, dass der für die Schärfe des Pfeffers verantwortliche Bestandteil Piperin nach dem Essen eines pfefferhaltigen Currygerichts auch in die Milch stillender Frauen gelangt. An der Interventionsstudie hatten 18 stillende Mütter teilgenommen. Nach dem Verzehr des Currygerichts wurde deren Muttermilch auf bestimmte im Curry enthaltene Geschmackskomponenten hin analysiert.

Keine Eins-zu-eins-Übertragung

Geschmack und Aroma einer von der Mutter verzehrten Speise übertragen sich interessanterweise nicht eins zu eins auf deren Milch. Zwar haben Forschende für geruchs- oder geschmacksaktive Stoffe aus Knoblauch oder Kaffee schon nachgewiesen, dass diese in die mütterliche Milch gelangen - zum Teil als geruchsaktives Stoffwechselprodukt. Aromastoffe aus Fischöl oder Stilltee fielen diesbezüglich jedoch kaum oder gar nicht ins Gewicht.

Inwieweit sich scharf schmeckende Substanzen aus Chili, Ingwer oder Pfeffer in der Muttermilch wiederfinden, ist im Vergleich zu Aroma- und Geschmacksstoffen sogar noch weniger erforscht. Daher hat ein Wissenschaftsteam nun untersucht, ob und wenn ja, welche dieser Stoffe aus dem Essen auf die Muttermilch übergehen.

Piperin bereits nach einer Stunde nachweisbar

Wie umfangreiche massenspektrometrische Analysen des Teams zeigen, ist Piperin bereits eine Stunde nach dem Verzehr eines standardisierten Currygerichts für mehrere Stunden in der Milch nachweisbar. „Die beobachteten maximalen Konzentrationen von 14 bis 57 Mikrogramm pro Liter lagen dabei etwa 70- bis 350-fach unter der geschmacklichen Wahrnehmungsgrenze eines Erwachsenen“, erklärt Prof. Corinna Dawid vom Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Molekulare Sensorik der TU München. 

„Dass die Säuglinge, die Schärfe bewusst wahrnehmen erscheint uns daher eher unwahrscheinlich zu sein. Dennoch wäre es denkbar, dass eine regelmäßige, niederschwellige Aktivierung des ‚Scharfstoff-Rezeptors‘ TRPV1 dazu beitragen könnte, die spätere Toleranzgrenze für solche Stoffe zu erhöhen.“, ergänzt Roman Lang vom Leibnitz-Institut für Lebensmittel-Systembiologie.

Scharfstoffe aus Ingwer oder Chili sowie der ebenfalls reichlich im Curry enthaltene sekundäre Pflanzenstoff Curcumin gelangten demnach nicht in die Milch. „Letzteres hat uns besonders überrascht, da Piperin nach den Ergebnissen anderer Untersuchungen die Bioverfügbarkeit von Curcumin deutlich erhöhen soll“, berichtet Roman Langweiter, der am LSB die Arbeitsgruppe Biosystems Chemistry & Human Metabolism leitet. 

Die weitere Suche nach den Ursachen für die gemachten Beobachtungen werde dabei helfen, das Entstehen von Nahrungspräferenzen als auch die Stoffwechselprozesse besser zu verstehen, so Prof. Corinna Dawid von der TU München. Die Erkenntnisse der Studie tragen dazu bei, die Mechanismen zu entschlüsseln, die unsere Nahrungsvorlieben bereits im Säuglingsalter prägen.

Quelle: Pressemitteilung/Technische Universität München