Multiple SkleroseEpstein-Barr-Virus: Auslöser für Multiple Sklerose?

Eine aktuelle Studie bestärkt die Hypothese, dass MS durch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus ausgelöst werden könnte. Daten von 10 Mio. Angehörigen des US-Militärs zeigen: Die Infektion erhöhte das MS-Risiko um das 32-Fache.

Nervenzellen, Illustration
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Zwischen Multipler Sklerose und einer Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus besteht möglicherweise ein kausaler Zusammenhang.

Eine aktuelle Studie bestärkt die Hypothese, dass die Multiple Sklerose (MS) durch eine Infektion mit dem Epstein-Barr-Virus (EBV) kausal ausgelöst werden könnte. Die Studie wertete longitudinal die Daten von 10 Mio. Angehörigen des US-Militärs aus. Eine EBV-Infektion erhöhte demnach das MS-Risiko bei den US-Soldaten um das 32-Fache.

"Die Daten untermauern die Erkenntnis, dass EBV höchstwahrscheinlich ein Auslöser der MS ist, wenn auch nicht der einzige", sagt der Bochumer MS-Experte Prof. Ralf Gold.

Die Studie untersuchte zwischen 1993 und 2013 über 10 Mio. Militärangehörige. Alle wurden vor Aufnahme auf HIV gescreent. Diese Proben wurden, sofern vorhanden, verwendet, um eine vorausgegangene EBV-Infektion nachzuweisen. Wie in der Allgemeinbevölkerung war die EBV-Durchseuchung hoch, nur 5,3% der Proben waren EBV-negativ.

Die Forscher*innen werteten dann aus, wie viele Personen der Kohorte im Verlauf an MS erkrankten und wie ihr EBV-Status war. 955 Menschen erkrankten im Verlauf ihres Militärdiensts an MS, von 801 lagen Serumproben vor, von den meisten sogar bis zu drei Serumproben im Verlauf, bevor die MS-Diagnose gestellt wurde. Nur einer der 801 Fälle war EBV-negativ. Alle anderen Fälle traten in der mit EBV infizierten Gruppe auf. Die meisten MS-Erkrankungen traten im Median fünf Jahre nach der ersten EBV-positiven Probe aus (alle zwischen einem und 10 Jahren).

Es handelt sich um eine Fall-Kontroll-Studie und für jeden MS-Betroffenen wurden zwei gematchte Kontrollpersonen eingeschlossen, die im Hinblick auf Alter, Geschlecht, Ethnizität etc. vergleichbar waren, aber keine MS-Erkrankung aufwiesen. Interessant war: Die an MS Erkrankten hatten mit 97% eine extrem hohe Serokonversionsrate, d.h. sie hatten viele Antikörper gegen EBV. Die gesunden Kontrollpersonen hingegen wiesen eine Serokonversionsrate von nur 57% auf (p< 0,001).

Daten legen Kausalzusammenhang zwischen EBV und MS nahe

Die Daten der Studie legen einen kausalen Zusammenhang nahe: EBV sei höchstwahrscheinlich nicht nur ein Risikofaktor, sondern ein Auslöser für MS, so Prof. Ralf Gold. "Das bisher gewichtigste Risiko für MS, das humane Leukozyten-Antigen (HLA)-DRB1*15:01, ist mit einem dreifach erhöhten Erkrankungsrisiko assoziiert – und wir sehen bei EBV nun ein 32-faches Risiko, was enorm ist und auf einen kausalen Zusammenhang hindeutet “, erklärt Gold. „Ob aber EBV der einzige Auslöser ist, können wir nicht sagen, letztlich kam es auch in der Gruppe der EBV-negativen zu einem Fall“.

Zwar haben die Autor*innen diskutiert, dass in dem Fall ggf. eine Infektion schon vorlag, aber die Immunreaktion noch nicht messbar gewesen sein könnte. Sie räumen aber ein, dass es ebenso ein „spontaner“, nicht-EBV-assoziierter Falle gewesen sein könnte.

Um auszuschließen, dass es einen Bias gibt, weil Menschen mit einer Prädisposition für Herpesviren evtl. auch eine Prädisposition für MS aufweisen, wurden die Konzentrationen von Antikörpern gegen das Cytomegalovirus (CMV), ebenso ein Virus aus der Herpes-Familie, erhoben. Hier zeigte sich keine Korrelation. Im Gegenteil wiesen CMV-positive Personen in dieser Studie ein geringeres MS-Risiko auf.

Die Studiengruppe regt an, dass eine zukünftige EBV-Impfung eine Option sein könnte, die MS-Inzidenz zu senken.

Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Neurologie