PsycheEmotionale Tränen: 5 Gründe für das Weinen

Der Mensch ist wahrscheinlich das einzige Lebewesen, das in der Lage ist, aufgrund von Gefühlen zu weinen. Forscher*innen der Universitäten Ulm und Sussex haben untersucht, warum dies so ist.

Frau mit braunen Haaren hält sich die Hände vor ihr Gesicht.
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Weshalb weinen Menschen aus Freude oder Angst?

Psycholog*innen der Universitäten Ulm und Sussex haben in mehreren Studien untersucht, warum Menschen in bestimmten Situationen weinen. Anhand von über eintausend Berichten erwachsener Personen konnten die Forschenden eine Reihe thematischer Auslöser identifizieren, die häufig mit emotionalen Tränen assoziiert sind. Dazu zählen die Kategorien

  • Einsamkeit,
  • Machtlosigkeit,
  • Überforderung,
  • Harmonie
  • und Medienkonsum.

Laut der neuen Untersuchung lassen sich die meisten Episoden, in denen Erwachsene aus emotionalen Gründen weinen, zuverlässig einer der 5 Kategorien zuordnen. 

Arten von Tränen

Emotionale Tränen

Der Mensch ist wahrscheinlich das einzige Lebewesen, das in der Lage ist, emotionale Tränen zu vergießen, das heißt aufgrund von Gefühlen zu weinen. Dazu zählen Freudentränen oder Tränen aus Trauer, Angst oder Wut.

Basale Tränen

Neben den untersuchten emotionalen Tränen existieren auch basale Tränen, die das Auge stets feucht halten und schützen.

Reflextränen

Die dritte Art sind Reflextränen, die z.B. bei Kälte, Wind oder beim Zwiebelschneiden auftreten.

Auslöser für emotionale Tränen

Als zentrale psychologische Grundbedürfnisse haben sich in der Forschung die Bedürfnisse nach „Nähe“ (sich verbunden fühlen), „Autonomie“ (Dinge beeinflussen können) und „Kompetenz“ (etwas erfolgreich ausführen können) etabliert. Wie erwartet, zeichnete sich in der Studie „Einsamkeit“ insbesondere durch eine erlebte Frustration des Bedürfnisses nach Nähe aus. Dieser Kategorie wurden Tränen aus Liebeskummer oder aufgrund von Heimweh zugeordnet. Tränen der Kategorie „Harmonie“ waren hingegen durch eine intensive Befriedigung des Bedürfnisses nach Nähe gekennzeichnet und traten beispielsweise als Freudentränen bei einer Hochzeitsfeier auf. Ein Beispiel für „Machtlosigkeit“ waren Tränen in Reaktion auf eine Todesnachricht (Frustration von Autonomie); Tränen der „Überforderung“ wurden häufig im Arbeitskontext berichtet (Frustration von Kompetenz).

Jede 4. beobachtete Episode fiel in die Kategorie „Medienkonsum“, die mehrere Besonderheiten aufweist. Im Vergleich zu den anderen Kategorien ist die weinende Person dabei nur indirekt betroffen und die Tränen treten „stellvertretend“ auf. Der Auslöser ist ein Erlebnis, das der Hauptfigur eines Buches oder Filmes widerfährt, in die sich die Person hineinversetzt. Zudem kann man Tränen bei einem Drama, aber eben auch bei einer Komödie vergießen, in dieser Kategorie können also Freudentränen und Tränen der Traurigkeit fließen.

Unterschiede beim Alter

Insgesamt führten die Forschenden 3 Studien durch, in denen neben Personen aus der Allgemeinbevölkerung auch Studierende befragt wurden. Der Altersdurchschnitt lag bei 30,3 Jahren; Der Anteil weiblicher Versuchspersonen betrug 64 %. In 2 Studien wurden die Versuchsteilnehmenden in Online-Umfragen gebeten, im Rückblick Auskunft über die letzte Episode zu geben, in der sie emotionale Tränen vergossen hatten. In einer 3. Studie wurden die Teilnehmenden im Rahmen einer 30-tägigen elektronischen Tagebuchstudie einmal täglich via Smartphone zu ihrem Befinden sowie zum Weinen befragt.

Es zeichnete sich der Trend ab, dass jüngere Personen im Vergleich zu älteren häufiger aufgrund von Überforderung weinten. Zudem wurden in der Tagebuchstudie weniger Episoden der Machtlosigkeit berichtet, als in den beiden retrospektiven Studien. Es könnte also sein, dass eine Todesnachricht eher mit Weinen verknüpft wird als andere Kategorien. Somit erinnern sich die Studienteilnehmer besser daran und berichten davon häufiger.

Welche Rolle spielen emotionale Tränen?

„Bislang weiß man relativ wenig darüber, welche Rolle emotionale Tränen bei psychischen Erkrankungen spielen. Außerdem fehlen systematische Erkenntnisse darüber, wie Tränen soziale Interaktionen regulieren. Das heißt, welchen Einfluss Tränen zum Beispiel darauf haben, ob ein Mensch einen anderen unterstützt“, so Prof. Johannes Keller von der Universität Ulm. Die Identifikation der 5 häufigsten Gründe des Weinens kann dabei helfen, diese Fragen in Zukunft zu beantworten.

Quelle: Pressemitteilung/Universität Ulm