PräventionE-Zigaretten zur Rauchentwöhnung – geeignet oder nicht?

Gängige Entwöhnungsstrategien helfen stark Abhängigen oft nicht weiter - sie neigen dazu, in alte Muster zurückzufallen. Die Therapie mit E-Zigaretten soll Abhilfe schaffen.

Herkömmliche Zigarette im Vordergrund, E-Zigarette im Hintergrund.
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Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin (DGG) fordert, dass E-Zigaretten als Therapie zur Rauchentwöhnung etabliert werden.

In Deutschland ist erst seit diesem Jahr Außenwerbung für Tabakwaren verboten –damit ist es das letzte EU-Land, das diese Regelung eingeführt hat. Davor wurden über zehn Jahre lang keine neuen Maßnahmen zur Eindämmung des Tabakkonsums eingesetzt. Dabei belegte die Bundesrepublik auf der Tobacco Control Scale, einem Ranking der Rauchstoppstrategien aller 37 EU-Länder, im Jahr 2019 den letzten Platz. Die Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e.V. (DGG) macht deshalb auf ihrer Online-Pressekonferenz am Mittwoch, den 19. Oktober 2022 auf mögliche schwere Gefäßerkrankungen infolge des Rauchens aufmerksam. Zudem sprechen die Experten über Rauchentwöhnungsstrategien – und empfehlen starken Raucher*innen beispielsweise vermehrt auf den Konsum von deutlich weniger toxischen E-Zigaretten als Übergangslösung zum Rauchverzicht zu setzen.

Laut einer regelmäßigen repräsentativen Umfrage der Universität Düsseldorf lag der Anteil der Raucher*innen im Jahr 2019 bei 27 bis 28 Prozent und ist in der Pandemie deutlich angestiegen –Mitte 2022 lag der Anteil der Raucher*innen in Deutschland demnach bei 37,6 [1]. „Diese Entwicklung ist erschreckend und unterstreicht den dringenden Bedarf an wirksamen Rauchentwöhnungsstrategien, denn Rauchen ist neben unzureichender Bewegung und ungesunder Ernährung ein wesentlicher Risikofaktor für schwere chronische Erkrankungen wie Krebs, Atemwegserkrankungen und Herzkreislauferkrankungen und hat zudem ein hohes Suchtpotential“, betont Dr. med. Martin Storck, Direktor der Klinik für Gefäß- und Thoraxchirurgie des Städtischen Klinikums Karlsruhe.

E-Zigaretten als Rauchentwöhnungsstrategie für stark Abhängige

Allgemein anerkannte Verfahren zur Rauchentwöhnung sind Programme wie Kurzberatung, verhaltenstherapeutische Einzel- oder Gruppenbehandlungen, Nikotinpräparate und medikamentöse Therapien mit Varenicilin oder Bupropion. „Diese Strategien eignen sich vor allem für entwöhnungswillige Raucher*innen, sind aber für stark Abhängige, die es auch nach vielen Versuchen nicht schaffen, mit dem Rauchen aufzuhören, völlig ungeeignet“, so Storck.

„Die Erfahrung mit diesen Patient*innen zeigt, dass sie immer wieder durch alle bisher gängigen Entwöhnungsstrategien durchfallen und wir sie letztendlich ihrem Schicksal überlassen, wenn wir keine alternativen Therapien anbieten können.“ Dabei gibt der Umstieg von der Verbrennungszigarette auf die E-Zigarette Grund zur Hoffnung: „Wenn starke Raucher*innen auf E-Zigaretten umsteigen würden, könnten sie ihre Schadstoffbelastung um mehr als 90 Prozent senken“, so der DGG-Experte.

Anderer Ansicht ist die Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP). Diese argumentiert, dass Konsument*innen von E-Zigaretten gesundheitsschädigende Liquide einatmen. Damit sind atemwegsreizende und krebserregende Substanzen sowie schädliche Metalle gemeint, die je nach Zusammensetzung des verwendeten Liquids freigesetzt werden können und über die Lunge in die Blutbahn aufgenommen werden.

Therapie mit E-Zigaretten zeigt sich als wirksam

„Es ist ganz klar, dass Nichtraucher*innen diese Produkte nicht nutzen sollten.“, sagt Storck. „Anders sieht es aber für starke Raucher*innen aus, die nicht aufhören können. Diesen sollten schadstoffreduzierte Alternativen zur Verbrennungszigarette angeboten werden dürfen, wenn das Risiko für kardiovaskuläre und maligne Erkrankungen durch fortgesetztes Rauchen um ein Vielfaches größer ist.“

Ein aktuelles Cochrane-Review und eine kürzlich erschienene Metaanalyse der britischen Regierung bestätigen, dass die E-Zigarette eine geeignete Therapiemethode für Betroffene ist, um die gefährliche Tabakverbrennung zu vermeiden [2].

Die S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung" erkennt an, dass die wenigsten Raucher*innen bereit sind, mit dem Rauchen aufzuhören, obwohl sie um die gesundheitlichen Gefahren wissen [3]. Trotzdem gibt es bisher keinen Ansatz für stark abgängige Patient*innen. Die DGG fordert deshalb eine Etablierung von E-Zigaretten als anerkannte Therapie zur Rauchentwöhnung.

Literatur

[1] DEBRA. Deutsche Befragung zum Rauchverhalten. Prävalenz aktueller Tabak-Raucher*innen in Deutschland (08/2022). www.debra-study.info

[2] Electronic cigarettes for smoking cessation. Hartmann-Boyce J et al. Cochrane Database Syst Rev 2020;10: CD010216.

[3] S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“ Registrierungsnummer: 076-006. www.awmf.org

Quelle: Pressemitteilung/Deutsche Gesellschaft für Gefäßchirurgie und Gefäßmedizin e. V.