CoronavirusCovid-19: Spaltet der Impfstatus die Gesellschaft?

Je stärker sich Personen mit ihrem Impfstatus identifizieren, desto eher diskriminieren sie die jeweils andere Gruppe, zeigt eine neue Studie. „Wir brauchen mehr Austausch statt einseitiger Appelle“, so Studienleiter Luca Henkel.

Impfpass auf dem eine Spritze und eine Ampulle liegen. Im Hintergrund sind zwei weitere Ampullen abgebildet.
Tino Neitz/stock.adobe.com

Die Entscheidung für oder gegen eine Covid-19-Impfung basiert nicht nur auf gesundheitlichen Aspekten, sondern hängt auch von der Werteinstellung einer Person ab.

Menschen, die sich stark mit ihrem Covid-Impfstatus identifizieren, diskriminieren die jeweils andere Gruppe stärker. Das zeigt eine Studie des Teams um Luca Henkel, Mitglied des Exzellenzclusters ECONtribute an der Universität Bonn, unter Beteiligung der Universitäten Erfurt und Wien sowie des Bernhard-Nocht-Instituts für Tropenmedizin Hamburg.

Die Forscher*innen haben analysiert, wie stark sich die Teilnehmer*innen über ihren Status als Geimpfte oder Ungeimpfte definieren und wie sie der jeweils anderen Gruppe begegnen. Das Ergebnis: Je mehr sich die Teilnehmer*innen als geimpft oder ungeimpft identifizierten, desto eher distanzierten sie sich von der anderen Gruppe.

Das Team befragte von Dezember 2021 bis Juli 2022 mehr als 3.000 Geimpfte und 2.000 Ungeimpfte aus Deutschland und Österreich. Diese mussten auf einer Skala von eins bis sieben Punkten bewerten, wie stark sie fünf verschiedenen Aussagen zu ihrem Impfstatus zustimmten. Aus beiden Gruppen gab rund die Hälfte der Befragten an, dass sie stolz sei, (un-)geimpft zu sein. Im zweiten Schritt bekamen die Teilnehmer*innen 100 Euro, die sie zwischen sich und einer anderen Person aufteilen sollten. Vorab erfuhren sie, ob ihr Gegenüber geimpft oder ungeimpft ist. So gaben Geimpfte im Schnitt 48 Euro an andere Geimpfte weiter, aber nur 30 Euro an Ungeimpfte.

Ungeimpfte fühlen sich eher sozial ausgegrenzt

Generell nahmen Ungeimpfte die öffentliche Debatte um eine Impfpflicht als unfairer wahr und gaben an, mehr soziale Ausgrenzung erlebt zu haben. Die Studie liefert Evidenz für die in der Literatur beschriebene Theorie, dass sich Konflikte befördern, je stärker sich Personen mit einer sozialen Gruppe identifizieren, da sie ihre eigene Überzeugung als die richtige ansehen und sich moralisch überlegen fühlen. So zeigt die Studie beispielsweise, dass die Bereitschaft, gegen Corona-Maßnahmen zu demonstrieren höher ist, je stärker sich Ungeimpfte mit dem Impfstatus identifizieren.

Impfbereitschaft nicht nur rein gesundheitliche Entscheidung

„Wir zeigen, dass sich gegen Covid-19 zu impfen nicht mehr ausschließlich eine gesundheitliche Entscheidung, sondern auch eine ideologische Werteentscheidung geworden ist“, sagt Henkel. Die Befragten identifizieren sich nicht nur individuell als geimpft oder ungeimpft, sondern sehen sich als Teil einer sozialen Gruppe. Klassische Informationskampagnen seien deshalb wenig wirkungsvoll. „Wir brauchen mehr Austausch statt einseitiger Appelle“, so Henkel. Die Forscher*innen sehen dabei zum Beispiel Personen des öffentlichen Lebens in der Pflicht, sich für einen stärkeren Dialog einzusetzen.

Quelle: Pressemitteilung/Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn

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