CoronavirusCOVID-19: Perioden-Lebenserwartung sank auch in Deutschland weiter

Studie: Weltweit hat sich die Perioden-Lebenserwartung im Jahr 2021 nicht wieder erholt nach der hohen Sterblichkeitsrate durch die Pandemie 2020.

Illustration mehrerer Coronaviren.
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Die Entstehung von Post-COVID ist multifaktoriell. Es gibt demnach nicht eine universelle Therapie, die jedem Betroffenen gleichermaßen hilft.

Weltweit hat sich im vergangenen Jahr die Perioden-Lebenserwartung nach dem Sterblichkeitsschock durch die Pandemie 2020 nicht wieder erholt. Gleichzeitig werden die Unterschiede zwischen den Ländern größer. Ein historischer Datenvergleich gibt allerdings Anlass zur Hoffnung auf schnelle Besserung.

Die Perioden-Lebenserwartung zeigt das Sterberisiko, dem eine Bevölkerung innerhalb eines Jahres ausgesetzt war. Steigt das Risiko, in einem Jahr zu sterben, etwa durch eine Hitzewelle oder eben durch eine COVID-19-Infektion, sinkt die Lebenserwartung. Sinkt das Sterberisiko dagegen, etwa durch eine verbesserte Gesundheitsversorgung oder Impfungen, steigt die Lebenserwartung.

In den meisten Ländern der Studie, zu denen 27 europäische Länder, die USA sowie Chile zählen, sank im zweiten Jahr in Folge die Perioden-Lebenserwartung. „Ein besonders tragisches Beispiel sind die USA: dem Land ist es zwar 2021 gelungen, die Sterblichkeit der über 80-Jährigen auf das Niveau vor der Pandemie zu normalisieren, allerdings stieg die Sterblichkeit bei den Jüngeren“, sagt Jonas Schöley, Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für demografische Forschung (MPIDR) in Rostock. Dadurch sank die Perioden-Lebenserwartung in den USA ein zweites Jahr in Folge um weitere 2,7 Monate.

Nur in einigen Ländern in Westeuropa stieg die Perioden-Lebenserwartung wieder auf das Vor-Pandemie-Niveau. Das gilt für Frankreich, Belgien, die Schweiz und Schweden. In diesen Ländern ist die Perioden-Lebenserwartung zwar 2020 deutlich eingebrochen. 2021 aber normalisierte sich dort die Sterblichkeit der über 60-jährigen Bevölkerung, ohne dass gleichzeitig die Sterblichkeit der unter 60-Jährigen angestiegen wäre.

Große Unterschiede zwischen West- und Osteuropa  

Während es westeuropäischen Ländern 2021 gelungen ist, sich zumindest der Perioden-Lebenserwartung vor Corona wieder anzunähern, hat sich die Sterblichkeitskrise von 2020 auf 2021 in weiten Teilen Osteuropas verschlimmert. „Besonders deutlich wird das am Beispiel Bulgariens: 2021 lag die Perioden-Lebenserwartung 3,6 Jahre unter dem Niveau vor der Pandemie“, sagt Jonas Schöley. Diesen Lebenserwartungsverlust erklären nicht allein die Sterbefälle der Hochbetagten – mehr als 25 Prozent der gesunkenen Perioden-Lebenserwartung ist auf eine erhöhte Sterblichkeit bei den 40- bis 60-Jährigen zurückzuführen. „Interessant ist, dass sich die Übersterblichkeit zwischen 2020 und 2021 in Richtung jüngerer Altersgruppen verschoben hat. Durch das Impfen wurden die Älteren langsam geschützt“, sagt Ridhi Kashyap, eine Mitautorin der Studie aus Oxford.

Gleichzeitig hatte Bulgarien bis Herbst 2021 die geringste Impfquote aller untersuchten Länder. Die Impfquote allein erklärt die neuerlichen Ungleichheiten bei der Lebenserwartung zwischen Ost- und Westeuropa allerdings nicht. Sicherlich spielen auch Unterschiede im Gesundheitssystem und allgemeine Lebensumstände eine Rolle.

Perioden-Lebenserwartung in Deutschland

In Deutschland waren die Verluste der Perioden-Lebenserwartung in beiden Pandemiejahren im internationalen Vergleich mit insgesamt 5,7 Monaten moderat. Allerdings stieg der Verlust 2021 mit 3,1 Monaten stärker an als 2020. Nur in Norwegen, erhöhte sich die Perioden-Lebenserwartung, trotz Pandemie, um insgesamt 1,7 Monate.

„Mit unserer Studie wollten wir vor allem herausfinden, ob und wie sich Bevölkerungen von einem Sterblichkeitsschock erholen“, sagt Jonas Schöley. Darauf fand das Team aus Forscher*innen der Universitäten Oxford, Tallinn und Süddänemark sowie des MPIDR zwei Antworten. Erstens: Die Sterblichkeit in der alten Bevölkerungsgruppe muss sich normalisieren, gleichzeitig dürfen sich aber die Todesfälle nicht in jüngere Altersgruppen verlagern. Zweitens: Wie erwartet, hilft impfen.

Quelle: Pressemitteilung/Max-Planck-Institut für demografische Forschung