CoronavirusCOVID-19: Immunzellen erhalten nicht ausreichend Energieträger

Eine Studie der Uni Bonn zeigt: Bei COVID-19-Erkrankten bildet der Stoffwechsel eine zu geringe Menge an Ketonkörpern, die für die Abwehr notwendig sind. Im Tierversuch zeigte eine ketogene Kost hoffnungsvolle Ergebnisse.  

Illustration: Coronavirus
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Bei an COVID-19 Erkrankten bildet der Stoffwechsel in zu geringer Menge Ketonkörper. Zwei wichtige Zelltypen im Immunsystem benötigen diese Energieträger jedoch, um ausreichend schlagkräftig gegen das Virus vorzugehen. Möglicherweise erklärt dieser Befund, warum manche Menschen schwerer an COVID-19 erkranken als andere. In diese Richtung deutet zumindest eine Studie unter Federführung der Universität Bonn. Die Ergebnisse der Studie machen Hoffnung auf neue Therapien.

Wenn wir erkranken, verlieren wir oft den Appetit. Das hat auch Auswirkungen auf unseren Stoffwechsel: Da die Kohlehydratzufuhr sinkt, schaltet er auf Fettverbrennung um. Dabei entstehen energiereiche Moleküle, die Ketonkörper. Diese helfen dem Körper möglicherweise, besser mit Viren fertigzuwerden. 

Das lassen zumindest die Ergebnisse der aktuellen Studie vermuten: „Wir haben festgestellt, dass Patientinnen und Patienten mit einer Virusgrippe in großen Mengen Ketonkörper bilden“, erklärt Prof. Christoph Wilhelm vom Universitätsklinikum Bonn. „Bei Covid-19-Kranken sahen wir dagegen kaum eine Erhöhung, zumindest bei solchen mit einem moderaten oder schweren Verlauf.“

Zudem war auffällig, dass Betroffene, die mit dem Coronavirus infiziert waren, eine geringere Menge von Entzündungsbotenstoffen im Blut hatten. Das galt vor allem für Interferon-Gamma. Dieses immunstimulierende Zytokin wird von den T-Helferzellen ausgeschüttet, die damit Makrophagen und andere Komponenten des Immunsystems aktivieren, um Viren zu bekämpfen. Dazu benötigen die T-Helferzellen offenbar eine ausreichende Versorgung mit Ketonkörpern. Fehlt die Versorung, wird weniger Interferon-Gamma ausgeschüttet. Zudem sterben die T-Helferzellen früher ab. 

Ketonkörper stärken Immunsystem

Ähnliche Effekte sahen die Forscher auch bei den T-Killerzellen. „Auch sie benötigen Ketonkörper, um gut zu funktionieren und das Virus effektiv eliminieren zu können“, betont Dr. Christian Bode vom Universitätsklinikum Bonn. Augenscheinlich fördern die Ketonkörper die Funktion der Mitochondrien, die auch die Immunzellen versorgen. Dies sorgt nicht nur für eine verbesserte Energieproduktion, sondern stellt auch Moleküle bereit, die für die Interferon-Herstellung benötigt werden.

„Ohne eine ausreichende Versorgung mit Ketonkörpern zeigen die T-Killer- und T-Helferzellen Anzeichen von Erschöpfung“, erklärt Dr. Christian Bode. „In diesem ausgepowerten Zustand können sie ihre Funktion nicht mehr ausreichend wahrnehmen.“

Die Forschenden konnten die Immunzellen jedoch stärken, indem sie erkrankte Mäuse auf eine ketogene, also kohlenhydratarme, Kost setzten oder Ketonkörper direkt verabreichten. Den Tieren gelang es daraufhin besser, das Virus zu eliminieren. Sie entwickelten zudem deutlich geringere Lungenschäden.

Hoffnung auf neue Therapieoptionen

Die Ergebnisse machen Hoffnung auf neue Therapieoptionen. „Möglicherweise lässt sich durch eine gezielte Nahrungsumstellung die Schlagkraft der körpereigenen Abwehr erhöhen“, sagt Wilhelm. „Ob das wirklich funktioniert, müssen nun weitere Studien zeigen.“ Von Selbstversuchen mit Nahrungsergänzungsmitteln oder Diäten raten die Forschenden ausdrücklich ab – diese könnten unter Umständen mehr Schaden anrichten, als dass sie helfen.

Die neuen Erkenntnisse könnten auch bei anderen Infektionen relevant sein. Vielleicht tragen sie mittelfristig sogar zu neuen Strategien bei, mit denen sich der Körper im Kampf gegen Tumore unterstützen lässt.

An der Studie waren das Universitätsklinikum und die Universität Bonn, die TU Braunschweig sowie die Universitätskliniken Hannover, Zürich, Nijmegen und Essen beteiligt.

Quelle: Pressemitteilung/Universität Bonn