CoronavirusCharité startet Studien zu Post-COVID und Fatigue-Syndrom

Über die Krankheitsmechanismen von Post-COVID und Chronischem Fatigue-Syndrom ist wenig bekannt. Gezielte Behandlungen existieren nicht. Eine klinische Studiengruppe will Therapien entwickeln und zur Zulassung bringen.

Formular zur Erfassung von Covid-19-Patienten. Auf dem Formular liegt ein Stethoskop. Arzt hält einen Stift.
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Leichte bis mittelschwere COVID-19-Erkrankung sind oft mit langanhaltenden Beschwerden verbunden. Häufig leiden Betroffene unter schwerer Erschöpfung und Belastungsintoleranz.

Das Post-COVID-Syndrom (PCS) kann sehr unterschiedlich ausgeprägt sein, geht aber meist mit schwerer Erschöpfung einher. Ein Teil der Betroffenen leidet an der myalgischen Enzephalomyelitis/dem Chronischen Fatigue-Syndrom (ME/CFS). Das Wissen über gezielte Therapien zu beiden Krankheitsbildern steckt noch in den Kinderschuhen. Forscher*innen der Charité – Universitätsmedizin Berlin haben jetzt eine Nationale Klinische Studiengruppe gegründet, um erste klinische Studien mit Arzneimitteln zur Behandlung von PCS und ME/CFS durchzuführen. Das Projekt wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) mit rund 10 Millionen Euro gefördert.

Etwa jeder Zehnte leidet nach einer leichten bis mittelschweren COVID-19-Erkrankung unter anhaltenden Beschwerden, darunter häufig schwere Erschöpfung und Belastungsintoleranz. Halten diese Symptome mehr als vier Wochen an, spricht man von Long COVID. Als Post-COVID-Syndrom hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) Symptome definiert, die das tägliche Leben erheblich beeinträchtigen und mehr als drei Monate andauern. Am häufigsten sind junge, bis dahin gesunde Frauen betroffen. Wie eine aktuelle Studie der Charité zeigt, entwickelt ein Teil der PCS-Patient*innen ME/CFS – eine komplexe Erkrankung mit unterschiedlich ausgeprägten körperlichen und geistigen Symptomen, darunter:

  • Schwäche und Erschöpfung (= Fatigue),
  • Belastungsintoleranz,
  • Konzentrationsstörungen,
  • Schlafstörungen,
  • Muskel- und Kopfschmerzen.

ME/CFS wird in vielen Fällen durch eine Infektionskrankheit ausgelöst. Bereits vor der Coronapandemie litten in Deutschland schätzungsweise 250.000 Menschen darunter.

Entwicklung von Therapieansätzen steht noch am Anfang

„Bislang wissen wir leider noch zu wenig über die genauen Krankheitsmechanismen von ME/CFS und dem Post-COVID-Syndrom. Deshalb existieren auch keine gezielten medizinischen Behandlungen. Entsprechend sind viele Betroffene fortwährend krank und nicht mehr in der Lage, ihren Beruf auszuüben oder ihre Familie zu versorgen. Die Schwerstkranken sind bettlägerig“, sagt Prof. Carmen Scheibenbogen, kommissarische Direktorin des Instituts für Medizinische Immunologie der Charité. Unter ihrer Leitung haben sich Ärzt*innen und Wissenschaftler*innen unterschiedlicher Fachrichtungen und mehrerer Universitäten in einer Nationalen Klinischen Studiengruppe (NKSG) zusammengeschlossen.

Diese möchte erste klinische Studien mit Arzneimitteln und medizinischen Verfahren für PCS und ME/CFS anstoßen und durchführen. Ziel ist es, wirksame Therapieansätze zur Zulassung zu bringen, damit sie allen Patient*innen zur Verfügung stehen. Der Schwerpunkt liegt auf der Verwendung von Arzneimitteln, die bereits für andere Krankheiten verfügbar sind, um einen schnellen Fortschritt in der Behandlung zu erreichen. Die Studiengruppe wird zunächst drei Gruppen von Medikamenten untersuchen. Sie richten sich gegen Entzündungen, Durchblutungsstörungen und Autoantikörper – das sind Antikörper, die bestimmte körpereigene Proteine angreifen.

Außerdem werden alle klinischen Studien von einem umfassenden Biomarker- und Diagnostik-Programm begleitet, denn bislang gibt es noch keine spezifischen diagnostischen Tests für ME/CFS oder PCS. So möchten die Forscher*innen die Prozesse der Krankheiten noch besser verstehen und herausfinden, welche Faktoren für die Wirksamkeit der Medikamente relevant sind.

„Zunächst werden wir nur Patientinnen und Patienten in unsere Studie aufnehmen können, die an unseren Beobachtungsstudien teilnehmen oder die wir bereits aus unserer Hochschulambulanz kennen“, beschreibt Prof. Scheibenbogen den konkreten Ablauf. „In einem nächsten Schritt möchten wir dann größere Studien an verschiedenen Kliniken in Deutschland durchführen und dafür mit der pharmazeutischen Industrie zusammenarbeiten, natürlich auch für die Prüfung weiterer aussichtsreicher Medikamente.“

Quelle: Pressemitteilung/Charité - Universitätsmedizin Berlin

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