KonzentrationBreiter Fokus hilft Kindern beim Lösen von Konzentrationsaufgaben

Kinder tun sich mit Konzentrationsaufgaben schwer, sind aber oft gut darin, versteckte „Tricks“ zu entdecken, um sich die Aufgabe zu erleichtern. Kinder sind gut darin, weniger relevante Informationen zu verarbeiten und mithilfe dieser spontan neue und kreative Strategien beim Lösen von Aufgaben zu finden. Das zeigt eine Studie der Max Planck Forschungsgruppe.

Zwei Hände, die zwei Puzzelstücke aneinander halten.
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Im Vergleich zu Erwachsenen können sich Kinder noch nicht so gut konzentrieren, sich weniger merken und ihre Aufmerksamkeitsspanne ist verhältnismäßig kurz. Dies ist auf den Stand der kognitiven Entwicklung zurückzuführen. Dadurch – so bisher angenommen – haben sie einen Nachteil beim Lösen von Aufgaben. Dass sich der breitere Fokus jedoch auch als Vorteil erweisen kann, zeigt jetzt eine Studie der Max Planck Forschungsgruppe „NeuroCode – Neuronale Grundlagen des Lernens und Entscheidens“.

Strategiewechsel

Auch Erwachsene zeigen beim Lösen von Aufgaben spontane Strategiewechsel, ähnlich sog. „Aha-Momenten“, die das Lösen einer Aufgabe erleichtern. Kinder schneiden zwar beim Lösen von Aufgaben mithilfe von herkömmlichen Strategien deutlich schlechter ab, da Ihnen z.B. fokussierte Aufmerksamkeit schwerer fällt, aber sie bewältigen genauso oft wie die Erwachsenen mithilfe von spontanen Strategiewechseln die Aufgaben.

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass Kinder zwar oft weniger fokussiert und leichter abzulenken sind als Erwachsene, aber erstaunlich flexibel beim Entdecken ganz neuer Lösungen“, sagt Gruppenleiter Nicolas Schuck. „Gerade in Anbetracht ihrer nicht vollständig entwickelten Konzentrationsfähigkeit sind dies wichtige Ergebnisse für das Erforschen von Lernverhalten bei Kindern“, so Schuck weiter.

Die Studie

In der seit dem Jahr 2013 laufenden Studie haben 47 Kinder zwischen acht und zehn Jahren und 39 junge Erwachsene zwischen 20 und 35 Jahren dieselbe Entscheidungsaufgabe durchgeführt. Bei dieser Aufgabe sollten sie die Position eines Musters mithilfe von zwei möglichen Antworten bestimmen. Die Farbe des Musters war dabei anfangs nicht relevant für die richtige Antwort, begann im Verlauf jedoch mit der korrekten Antwort einherzugehen. Wenn Versuchspersonen dies bemerkten, konnten sie die Aufgabe sehr viel effizienter und einfacher lösen. Die Proband*innen wurden nicht darüber informiert, dass es weitere Faktoren, die Einfluss auf die möglichen Lösungsstrategien haben, geben würde und konnten diese nur eigenständig identifizieren.

Ergebnis

Im Vergleich mit den jungen Erwachsenen schnitten die Kinder beim Lösen der Aufgabe in der Regel deutlich schlechter ab. Sie hatten mehr fehlerhafte und verfrühte Antworten. Jedoch war der Anteil von Kindern (27,5%), welche die hilfreiche Farbstrategie entdeckten und nutzten, sehr ähnlich dem der jungen Erwachsenen (28,2%).

Solange die Kinder nur die anfänglich zur Verfügung stehenden Strategien und Regeln nutzten, die Konzentration und Ausdauer erforderten, schnitten sie schlechter ab. Jedoch entdeckten und nutzen genauso viele Kinder wie junge Erwachsene die Farbregel. Obwohl Kinder also in sämtlichen Bereichen kognitiver Kontrolle schlechter abschnitten, konnte sich ein im Vergleich zu den jungen Erwachsenen nahezu gleicher Anteil von ihnen durch einen "Aha-Moment" verbessern und erlangte dadurch einen ähnlichen Performanzvorteil wie die Erwachsenengruppe.

Das neu gewonnene Wissen rund um den „Aha-Moment“ ist eine wichtige Erkenntnis der Studie. „Unsere Ergebnisse geben Hinweise darauf, dass Erzieher*innen, Eltern und Lehrer*innen weniger auf starre Regeln pochen sollten, und nur den einen konkreten Lösungsweg vermitteln sollten, sondern auch den breiten Fokus der Kinder wertschätzen und fördern sollten. Unsere Befunde zeigen: Wir können stärker in die kreativen Lösungsstrategien von Kindern vertrauen“, sagt Anika Löwe vom NeuroCode Team des MPIB.

Quelle: Pressemitteilung/Max-Planck-Institut für Bildungsforschung