Aus der ForschungAlzheimer-Forschung: Darmflora liefert Hinweise

Das Darm-Mikrobiom rückt bei vielen Krankheiten immer mehr in den Fokus. Neuste Studienergebnisse zeigen, dass das Darm-Mikrobiom auch bei der Alzheimer-Krankheit eine wichtige Rolle spielen kann.

Zeichnung von einem Gehirn in dem ein Puzzelstück fehlt.
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Die Alzheimer-Erkrankung stellt die häufigste Form von Demenz bei älteren Menschen dar.

Der Darm ist einer der wichtigsten Komponenten des Immunsystems und nimmt bis zu 80 % des körpereigenen Immunsystems ein. Das Darmmikrobiom, das aus unzähligen Bakterien und vielen weiteren Mikroorganismen besteht, enthält dabei etwa 100-mal mehr genetische Informationen als das menschliche Genom. Durch die Regulierung der Stoffwechsel-, Hormon-, Immun- und neurotrophen (heißt die Nerven betreffenden) Funktionen kommt dem Darm-Mikrobiom eine zentrale Funktion bei der Unterstützung der menschlichen Gesundheit bei. Sein Einfluss ist dabei nicht auf den Magen-Darm-Trakt beschränkt, sondern er spielt auch eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen Magen-Darm-Trakt und Gehirn.

Verbindung von Alzheimer-Krankheit und Darm-Mikrobiom

Die Zusammensetzung des Darm-Mikrobioms kann durch menschliche und Umweltfaktoren beeinflusst werden. Während es im Erwachsenenalter weitgehend stabil bleibt, beginnt es im Alter von 65 Jahren – dem Alter, in dem Alzheimer am wahrscheinlichsten auftritt – in einen weniger vielfältigen und widerstandsfähigen Zustand überzugehen. Das macht das Mikrobiom anfälliger für Umweltfaktoren, schränkt dessen vor einer Krankheit schützende Funktion ein und begünstigt damit die Entstehung von Krankheiten (z. B. Alzheimer).

Die Alzheimer-Erkrankung stellt die häufigste Form von Demenz bei älteren Menschen dar. Betroffene leiden aufgrund absterbender Nervenzellen im Gehirn zunehmend unter Vergesslichkeit, sind orientierungslos und verwirrt. Über die Ursachen, die zur Entstehung der Erkrankung führen, ist noch nicht viel bekannt, Chancen auf Heilung gibt es bislang nicht. Ein Forschungsteam bestehend aus Mitarbeiter*innen der Uniklinik Tübingen, des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene Tübingen sowie Eurofins Germany konnte nun anhand einer Studie einen neuen Weg aufzeigen, bei Betroffenen die Alzheimer-Krankheit zu identifizieren.

Die Studie

Im Rahmen der AlzBiom-Studie untersuchten sie das Darm-Mikrobiom von jeweils 100 gesunden älteren Menschen ohne Gedächtnisbeeinträchtigung, 100 Personen mit leichten Gedächtnisbeeinträchtigungen und 100 Personen mit gesicherter leichtgradiger Alzheimer-Demenz. Mithilfe des Shotgun Metagenomics Sequencing, einer Methode zur Sequenzierung und Messung von langen DNA-Strängen, konnten Prof. Laske und sein Team (Uniklinik Tübingen) erstmals nachweisen, dass sich das Darm-Mikrobiom von Patientinnen und Patienten mit Alzheimer sowohl auf der Speziesebene (Zusammensetzung der Bakterien) als auch auf funktioneller Ebene (Stoffwechselprozesse) vom Darm-Mikrobiom gesunder Studienteilnehmender deutlich unterscheidet. Die Analyse des Mikrobioms erlaubt eine treffsichere Identifizierung von Alzheimer-Erkrankten, was die diagnostische Bedeutung des Darm-Mikrobioms unterstreicht.

Neuer Ansatz zur Behandlung von Alzheimer

„Wir haben eine Alzheimer-Signatur im Darm-Mikrobiom identifiziert, die zur Unterscheidung von Amyloid-positiven Alzheimer-Patienten von gesunden Kontrollpersonen verwendet werden kann“, beschreibt Studienleiter Prof. Laske. „Die Untersuchungsergebnisse sprechen dafür, dass eine Beeinflussung des Darm-Mikrobioms ein neuer, innovativer Ansatz zur Behandlung der Alzheimer-Erkrankung darstellen könnte. Die Wirksamkeit eines solchen Behandlungsansatzes muss in zukünftigen Studien noch untersucht werden.“ Aktuell wertet die Forschungsgruppe die Studiendaten der longitudinalen Untersuchung über vier Jahre aus.

Quelle: Pressemitteilung/Universitätsklinikum Tübingen

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